Rheinische Post Duisburg

Bis heute eine Unbekannte: die erste Frau Einsteins

- RONALD SCHNEIDER

Bis heute eine Unbekannte: Als sich die junge serbische Studentin Mileva Maric 1896 am Züricher Polytechni­kum für die Fächer Mathematik und Physik einschrieb, war sie eine der ersten Frauen in diesem Studium überhaupt. Die hochbegabt­e und willenssta­rke Studentin fand rasch die Aufmerksam­keit ihres Mit-Studenten Albert Einstein, wurde erst seine enge wissenscha­ftliche Dialog-Partnerin, dann seine Geliebte und 1903 seine erste Ehefrau. Das Ausmaß ihrer Beteiligun­g an den bahnbreche­nden frühen Forschunge­n Einsteins, insbesonde­re zur Relativitä­tstheorie, ist unter Fachleu- ten umstritten. Für die breite Öffentlich­keit blieb die (1948 in Zürich verstorben­e) erste Frau des „Jahrhunder­tgenies“Einstein eine Unbekannte.

Der biografisc­he Roman der USamerikan­ischen Historiker­in Marie Benedict über Mileva Maric, „Frau Einstein“, hält sich weitgehend an die Fakten, füllt die biographis­chen Lücken aber mit ihrer eigenen Phantasie. Sie beschreibt eindrucksv­oll die Vorurteile und Feindselig­keiten, denen die ehrgeizige junge Frau im Wissenscha­ftsbetrieb und in der Gesellscha­ft begegnete, und sehr einfühlsam die enge akademisch­e Partnersch­aft Milevas und Alberts, aus der eine ebenso enge Liebesbezi­ehung erwuchs.

Aus der genialen und starken jungen Frau wird durch die Liebesbezi­ehung und durch eine erste, ungewollte Schwangers­chaft, dann durch die Ehe und zwei weitere Kinder, in wenigen Jahren eine Hausfrau, die ihre eigenen Karrieream­bitionen zugunsten der Wissenscha­ftskarrier­e ihres Mannes aufgibt. Als Einstein dann zunehmend eigene Wege geht, verliert sie endgültig ihr Selbstvert­rauen und versinkt in Selbstmitl­eid. Die Beweggründ­e von Einsteins Verhaltens­weisen bleiben im Roman allerdings ausgespart.

Das Schicksal der ersten Frau Albert Einsteins steht für die Autorin dieses farbig und fesselnd erzählten biographis­chen Porträts exemplaris­ch für den Verzicht so vieler intelligen­ter und gebildeter Frauen auf eine eigene Karriere – zugunsten der Karriere des von ihnen geliebten Mannes. Ein bewegender und bedrückend­er Roman über eine zu Unrecht vergessene Frau an der Seite Einsteins, der nicht nur weiblichen Lesern empfohlen werden kann.

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