Auf der Suche nach singenden Delfinen
Bei einer Forschungsreise zu den Azoren will die 14jährige Schülerin Leonie Stolze die Geräusche aufnehmen, mit denen sich die Meeressäuger untereinander verständigen.
(U.S.) Wenn Wünsche wahr werden, kann das ganz schön anstrengend sein. Diese Erfahrung macht derzeit auch Leonie Stolze. Vor gut drei Jahren lauschte sie mit ihren Eltern im Zoo Duisburg einem Vortrag über eine Forschungsreise der Institut für Jugendmanagement Stiftung Heidelberg zu den Azoren, wo Jugendliche das Leben von Walen und Delfinen in freier Wildbahn beobachtet hatten. „Seitdem war es mein Wunsch, das auch einmal zu machen“, erzählt die Schülerin des Hildegardis-Gymnasiums.
Damals war sie aber noch zu jung, denn die Teilnehmer an dieser Expedition aus dem „Master-Mint“Programm müssen mindestens 14 Jahre alt sein. Sobald Leonie diese Grenze übersprungen hatte, bewarb sie sich – und nun wird für sie ein Traum Wirklichkeit: Am heutigen Dienstag, 19. Juni, bricht sie mit anderen Jugendlichen aus Deutsch- land, Österreich und der Schweiz nach Pico auf, der zweitgrößten der neun portugiesischen Atlantikinseln, die als Azoren bekannt sind.
Doch vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt, und so musste Leonie nicht nur das Rettungsschwimmerabzeichen in Silber erwerben, sondern sich auch mit verschiedenen Computerprogrammen vertraut machen, um ihre Beobachtungen und Ergebnisse bei der Expedition wissenschaftlich auswerten zu können. Zudem hat die Schule sie zwar für die Reise, die bis zum 2. Juli dauert, beurlaubt. Aber die lehrplanmäßig anstehenden Klausuren in Englisch, Geschichte, Chemie wurden der Neuntklässlerin keinesfalls erlassen. Die musste sie schon und muss sie noch vorschreiben. Selbst am Tag vor ihrem Abflug steht noch eine Französisch-Klausur an.
Das sympathische Mädchen ficht das nicht an. „Ich geb’ alles“, sagt Leonie lachend. Selbst vor dem Schlafengehen schmökert sie gerne nochmal in den alten Dokumentationen der Teilnehmer an früheren Forschungsreisen. Für sie ist das Ansporn und Verheißung zugleich. Delfine kennt sie hinlänglich aus dem Zoo, aber nun möchte sie auch mal Walen in der Realität begegnen. „Das ist doch viel spannender, als wenn man Filme oder Videos guckt. Wale finde ich besonders interessant. Die sind so groß und schwer und trotzdem so elegant“, schwärmt Leonie von den Meeressäugern, die sie so faszinieren. Diese Leidenschaft verstärkt haben ganz sicher auch die Erfahrungen ihrer Schulkameradin Celine Tegge, die vor zwei Jahren am „Master Mint“Projekt Wal- und Delfinforschung auf den Azoren teilgenommen hat.
Wie seinerzeit Celine will Leonie die zwei Wochen nutzen, um OTöne von Delfinen einzufangen und auszuwerten. Dass dies nicht einfach wird, weiß Roland Edler vom Zoo Duisburg nur zu genau. Seit 2012 begleitet Edler die Exkursionen im „Master Mint“-Programm und bringt nicht nur diese Erfahrungen mit ein, sondern sein geballtes Fachwissen, das er sich in seinen 35 Jahren als Delfin-Pfleger der Kaiserberg-Arche angeeignet hat. „Wir haben zwar mehrere Hydrophone, also Unterwassermikrophone dabei. Aber wir brauchen auch Glück“, weiß Edler. Die Azoren seien ein El Dorado für Wale und Delfine und bei den Expeditionen der letzten
Aber die Klausuren in Englisch, Geschichte, Chemie wurden der
Neuntklässlerin keinesfalls erlassen. „Es gibt Leute, die behaupten, Delfine piepsen sich
stets einen Wolf“
Leonie
Schülerin
Jahre hätten die Teilnehmer immer viele Tiere und bis zu zehn verschiedene Arten gesichtet.
„Aber mit Tonaufnahmen ist es schwierig. Es gibt Leute, die behaupten, Delfine piepsen sich stets einen Wolf. Die können aber auch gut die Klappe halten“, sagt Edler. Auch bei rauer See lasse sich ein Unterwasserplausch der Meeressäuger schlecht einfangen. Edler: „Das ist nun mal das Los eines Forschers. Mal kriegt man, was man will, aber oft auch nicht.“Der Fachmann hofft bei dieser Reise, für die er wieder die Hälfte seines Urlaubs hergibt, auf spektakuläre Bilder: „Zum ersten Mal haben wir eine Drohne dabei. Das ist toll. Die großen Wale hat man bei der Geburt noch nie beobachten können. Mit einer Drohne wäre das möglich.“Aber auch das ist unwegsam.
Leonie jedenfalls freut sich sichtbar auf dieses Abenteuer und hat sich dafür richtig ins Zeug gelegt. Denn einen Teil der Kosten von etwa 2700 Euro müssen die Teilnehmer selbst bei Sponsoren einwerben. Gut 650 Euro hat Leonie von ihren Unterstützern erhalten. Den Rest übernehmen ihre Eltern. „Die Eltern sind der größte Sponsor“, sagt ihr Vater, Dr. Markus Stolze, lachend. „Aber wird sind ja auch stolz auf sie, dass sie das macht.“