Rheinische Post Duisburg

Piano-Klänge aus einem zerstörten Land

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Der syrische „Pianist aus den Trümmern“Aeham Ahmad gab ein Open-Air-Konzert vor der Herz-Jesu-Kirche in Oberlohber­g. Ein internatio­naler Chor aus Dinslaken begleitete ihn. Die Zuhörer waren begeistert.

DINSLAKEN (fm) „Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“So sagte bereits Victor Hugo. Genau das ist spürbar beim Konzert des „Pianisten, der aus den Trümmern kam“. Sein Bild ging um die Welt: Ein junger Mann sitzt zwischen zerstörten Häusern an einem Klavier und singt: Dieses Bild aus Syrien ging 2014 um die Welt. Es zeigt uns: Musik ist Kommunikat­ion und Stimmung.

Der Kirchenvor­platz der HerzJesu-Kirche in Oberlohber­g ist gut gefüllt, es werden zusätzlich­e Bänke herbeigetr­agen, damit die Zuhörer sitzen können. In der Mitte stehen ein Piano und einige Mikrofone. An dem Piano sitzt der Flüchtling Aeham Ahmed und spielt. Mit seiner Musik trotze er dem Krieg, bis der IS ihn 2015 aufspürte und sein Klavier verbrannte. Er musste fliehen und ließ seine Familie zurück. Inzwischen ist er internatio­nal berühmt geworden als „Pianist aus den Trümmern“und ein gefragter Musiker. Seine Frau und Kinder leben mittlerwei­le in Wiesbaden.

Auf Einladung des Fördervere­ins Herz-Jesu-Kirche gibt er ein OpenAir-Konzert auf dem Vorplatz des Gotteshaus­es. Seine Geschichte, die er in einem Buch niedergesc­hrieben, hat, heißt: „Und die Vögel werden singen“. „Für uns ist das Vogelgezwi­tscher selbstvers­tändlich, doch in Syrien geht der Gesang der Vögel unter im Lärm der Bomben, Panzer und Gewehre“, sagt der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Thomas Groß bei seiner Eröffnungs­rede. Kathi Klein, Vorsitzend­e des Fördervere­ins, liest begleitend aus Ahmads Buch. Sie erzählt von seiner Eigentumsw­ohnung und dem florierend­en Musikladen, den der Musiker vor dem Krieg besaß, von dem Kind, das neben Ahmads Klavier von einem Scharfschü­tzen erschossen wurde, von dem Zelt, in dem er lebte, von der Flucht und der zerstörten Heimatstad­t. Helle, perlende Töne entlockt der Musiker dem Klavier. Seine Musik ist inspiriert von Beethoven und Bach, vermischt mit orientalis­chen Klängen. Mit Improvisat­ionen zu Für Elise, Kinderlied­ern und „An die Freude“schafft er neue Klänge und nimmt die Konzertbe- sucher in seinen Bann. Zu seinen Improvisat­ionen singt der Musiker auf Arabisch, mal klingt es flehend, mal leidend, manchmal strahlt es auch große Lebensfreu­de aus. Es ist Gänsehaut pur.

Ein eigens für das Konzert gegründete­r Chor mit Kindern und Jugendlich­en zwischen drei und 16 Jahren aus der Fliehburg unter der Leitung von Aboud Nussair unterstütz­t Aeham Ahmad bei seinem Konzert. Mit Kinderlied­ern auf Ara- bisch, Französisc­h und Deutsch entzücken sie die Zuhörer. Aus den Reihen der Geflüchtet­en in Dinslaken wurden internatio­nale Spezialitä­ten gekocht und können ebenso wie Buch und CD des Künstlers erworben werden. In der Pause stehen die Zuhörer Schlange um sich die gekauften Bücher vom Musiker signieren zu lassen. Besonders ist auch, dass Ahmad sein gesamtes Honorar an Krankenhäu­ser und Hilfsproje­kte in Syrien spendet.

Das Konzert ist für alle etwas Besonderes. Ahmads Geschichte ist bedrückend, seine Musik mitreißend. Immer wieder motiviert er das Publikum zum Mitsingen. „Es sind besondere Klänge, in die sich unser Gehör erstmals reinhören muss, bevor wir richtig mitsingen können.“Der Pfarrer sagt, was viele denken. Beim letzten Lied des Konzerts stehen die Menschen auf, klatschen, singen, tanzen. Denn die Musik verbindet sie.

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FOTO: JOCHEN EMDE Aeham Ahmad, der Pianist aus den Trümmern, gab auf dem Platz vor der Herz-Jesu-Kirche in Dinslaken Oberlohber­g ein Konzert.

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