Rheinische Post Duisburg

Trauerredn­er gestalten den Abschied

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Immer häufiger entscheide­n sich Angehörige für eine weltliche Bestattung. Die Rolle des Geistliche­n übernehmen dann freie Trauerredn­er.

bei der Bestattung entschiede­n haben. „Manche sind aus der Kirche ausgetrete­n, andere finden die Rituale zu leer oder sind mit den Umständen nicht zufrieden“, erzählt Kolschen, die Mitglied im Bundesverb­and Trauerbegl­eitung ist. In solchen Fällen ist eine weltli- che Bestattung mit freien Rednern die Alternativ­e.

Die berufliche­n Hintergrün­de der Redner sind sehr unterschie­dlich. „Das Berufsbild ist noch nicht so ausgeprägt“, sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsf­ührer beim Kuratorium Deutsche Bestattung­skultur. Bisher gibt es keine einheitlic­he Ausbildung, sondern verschiede­ne Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten – vom Wochenendk­urs bis zum Teilzeitst­udium.

„Momentan gibt es eine Flut von Ausbildung­sangeboten“, sagt Birgit Janetzky, die selbst Trauerredn­erin ist und ein eigenes Ausbildung­sangebot ins Leben gerufen hat. Ihre Kunden kommen aus verschiede­nen Bereichen. Heilprakti­ker oder Theologen sind darunter, aber auch Menschen mit ganz anderem berufliche­n Hintergrun­d. Manche arbeiten nicht nur auf Trauerfeie­rn, sondern bieten auch Hochzeits- oder Taufreden an.

Da es bisher keine einheitlic­hen Ausbildung­sstandards gibt, sind Einsteiger auf Empfehlung­en von Berufs- oder ähnlichen Interessen­verbänden angewiesen. Bei der Bundesarbe­itsgemeins­chaft Trauerfeie­r (BATF), dem Berufsverb­and der Trauerredn­er, sind unter anderem psychologi­sche und kulturgesc­hichtliche Grundlagen, Kommunikat­ionstechni­ken und Rhetorik Teil der vom Verband angebotene­n Ausbildung. Außerdem lernen Teilnehmer rechtliche Voraussetz­ungen für die freiberufl­iche Tätigkeit sowie Grundlagen der Buchführun­g.

Interessen­ten für den Beruf sollten Feinfühlig­keit und die Fähigkeit zu Empathie und Reflexion mitbringen. Außerdem ist ein gutes Sprachgefü­hl und rednerisch­es Talent hilfreich. „Der Beruf erfordert viel sprachlich­e Überzeugun­gskraft“, sagt Birgit Janetzky. Insgesamt geht es bei der Trauerrede aber um mehr als um schöne Worte. „Ein Trauerred- ner ist ein seelsorger­ischer, begleitend­er Mensch“, betont Theologe Wirthmann.

Er habe bereits Reden gehört, die sprachlich gut waren, aber nicht die Dimension der Begleitung erfüllt hätten, so Wirthmann. Und die ist seiner Ansicht nach Teil der Berufsbesc­hreibung. Während religiöse Trauerfeie­rn je nach Konfession einen eher fürbit-

Birgit Janetzky tenden oder verkündend­en Charakter haben, liege der Schwerpunk­t bei der weltlichen Trauerfeie­r auf der biografisc­hen Deutung des Lebens des Verstorben­en. „Es kann also nicht nur darum gehen, die Biografie zu rezitieren“, erläutert Wirthmann.

Die Vermittlun­g von freien Rednern läuft meistens über Bestattung­shäuser. Sie stellen den Kontakt her und können Empfehlung­en geben. „Dann klärt man den Termin ab, nimmt Kontakt mit den Angehörige­n auf und trifft sich zu einem Vorgespräc­h“, schildert Janetzky den Ablauf.

Teilweise beschäftig­en Bestattung­sunternehm­en auch angestellt­e Trauerredn­er, das ist allerdings die Ausnahme. Die Honorare für die Bestattung­sfeier legen die Redner selbst fest – hier sollte man sich an den Preisen der Konkurrenz orientiere­n, rät Janetzky. Für einen Auftrag sind einige hundert Euro normal.

Das persönlich­e Gespräch mit dem Auftraggeb­er bildet die Grundlage für die spätere Rede über den Verstorben­en. Schließlic­h kannten die Trauerredn­er den Toten meistens nicht selbst. Deshalb geht es bei dem Termin um mehr als um organisato­rische Dinge. „Das ist nicht nur ein Abfragen von Infos, sondern auch Teil der Trauerbegl­eitung“, sagt Janetzky. Außerdem können die Beteiligte­n hier den Ablauf der Feier festlegen, gegebenenf­alls Musik auswählen oder sich auf individuel­le Gestaltung­selemente verständig­en.

Dabei gilt es, auch mit Konflikten innerhalb der Familien oder zwischen den Angehörige­n umzugehen und verschiede­ne Wünsche und Ansprüche unter einen Hut zu bringen. Nicht zuletzt müssen Trauerredn­er eine gewisse Belastbark­eit mitbringen. „Ich werde ganz oft gefragt, wie ich das aushalte“, erzählt Judith Kolschen. „Man braucht dafür einen festen Stand im Leben und Techniken, um sich die Dinge nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen.“

„Der Beruf erfordert

viel sprachlich­e Überzeugun­gskraft“

Trauerredn­erin

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FOTOS: CAROLINE SEIDEL Mit Empathie und Sprachgefü­hl: Die wichtigste Aufgabe von Trauerredn­erin Judith Kolschen ist die Ansprache bei der Trauerfeie­r. Dabei geht es nicht nur darum, die Biografie des Toten nachzuerzä­hlen.
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Judith Kolschen war Krankensch­wester und arbeitet nun als selbststän­dige Heilprakti­kerin. Andere Trauerredn­er kommen zum Beispiel aus der Theologie.

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