Das wahre Gesicht des Kaffeeriesen
Starbucks gibt sich als verantwortungsvoller und fairer Konzern. Eine Doku auf Arte blickt hinter die Kulissen.
BERLIN (dpa) Wer in einer x-beliebigen Großstadt durch die Straßen schlendert, wird wahrscheinlich irgendwann ein Starbucks-Café sehen. Das Unternehmen gibt es mittlerweile in 75 Ländern. Als FastFood-Kette will es sich nicht verstehen, vielmehr als „dritter Ort“zwischen Zuhause und Arbeit, wo Besucher keinen gewöhnlichen Kaffee schlürfen, sondern ein besonderes Lifestyle-Produkt, das soziale Anerkennung verspricht. Denn mit der Marke mit dem Meerjungfrau-Logo ist das Gefühl von Wohlstand, Coolness und Überlegenheit verbunden.
Obwohl Starbucks heute als Inbegriff von Luxus und Massenkonsum gilt, bemüht der Konzern auch das Image moralischer Integrität. Er wirbt mit verantwortungsvollem Anbau und Einkauf, will Vielfalt und Gleichberechtigung fördern, seine Mitarbeiter wie Partner behandeln, den Kunden qualitativ hochwertigen Kaffee anbieten und die Welt zu einem besseren Ort machen. Die Liste der Versprechen ist lang. Ob das Unternehmen sie einlöst, zeigen die Filmemacher Gilles Bovon und Luc Hermann in einer so sehenswerten wie kritischen Dokumentation.
Der Film beleuchtet mehrere Aspekte der gewaltigen Marketingmaschinerie und erinnert daran, dass Starbucks anfangs als bescheidener Einzelhändler auftrat. Weil es in den USA der 1960er Jahre keinen guten Kaffee gab, wollten sie endlich ein hochwertiges Produkt auf den Markt bringen. Erst als Howard Schultz das Unternehmen übernommen hatte, mauserte es sich zu einem kommerziellen Imperium. Heute verkauft Starbucks nicht nur Kaffee, sondern auch Gebäck und Kaltgetränke.
Enttäuschte Kaffeeproduzenten und Konkurrenten, die sich ausmanövriert fühlen, sprechen über ihre Erfahrungen mit der Gastronomie-Kette. Fachleute erklären deren ausgeklügelte Strategien und verraten, was hinter dem Starbucks-Tresen tatsächlich passiert. Zwischendurch sind archivierte Interviews mit dem Firmenchef zu sehen, der stets beteuert, sein Unternehmen setze auf Qualität, Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen.
Doch die Bilder demonstrierender Umweltaktivisten, die die Flut nicht-recycelbarer Pappbecher ver- urteilen, sprechen eine andere Sprache. Sie kommen genauso zu Wort wie ein frustrierter Mitarbeiter, der Starbucks öffentlich kritisiert.
Dabei wenden die Filmemacher teilweise Methoden an, die an Günter Wallraff erinnern. Wie der Investigativjournalist schleusen auch sie eigene Leute als Servicekräfte in eine französische Starbucks-Filiale ein, wo diese mit versteckter Kamera an brisante Informationen gelangen.
„Starbucks ungefiltert“gleicht einem Kaleidoskop. Thematisch decken Bovon und Hermann ein breites Spektrum ab, das von Überzuckerung der Produkte über Steueroptimierung bis hin zum Umgang mit Produzenten reicht. Zu besserer Veranschaulichung der Aussagen wird immer wieder ein Künstler eingeblendet, der passend zum Thema Bilder aus Kaffeepulver malt. Mit diesem Kniff gelingt es den Filmemachern, die Dokumentation spielerisch aufzulockern. Den Zuschauern dürfte es gut tun. Ansonsten ließen sich manche irritierenden Befundergebnisse nur schwer verdauen.
„Starbucks ungefiltert“, Arte, 20.15 Uhr