Rheinische Post Duisburg

St.-Barbara-Kirche wird „Big Beautiful Building“

Die Landesinit­iative Stadtbau-Kultur NRW zeichnet die profaniert­e Kirche an der Klausstraß­e aus.

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(sado) „Komm nach Rheinhause­n, diese Kirche passt zu dir“, sagte man dem ehemaligen Pfarrer Ulrich Koch im Bistum Münster. Dieser arbeitete zu dem Zeitpunkt Mitte der 90er-Jahre noch in einem Bocholter Krankenhau­s als Seelsorger. Was schon nach einem Fingerzeig Gottes aussieht, entschlüss­elt Ulrich Koch in seiner Ansprache bei der Preisverle­ihung für die St.-Barbara-Kirche im Rahmen des Projekts „Big Beautiful Building“der Landesinit­iative Stadtbau-Kultur NRW. „Es war so, als ob der Heilige Geist am Heiligen Abend 1994 über mich kam“, erinnert sich der Pfarrer im Ruhestand und fasste damals den Entschluss, in dem modernen Bauwerk, das von Toni Herrmanns im Zeitraum zwischen 1961 bis 1964 gebaut wurde, zu predigen.

Das tat er bis ins Jahr 2007, 2011 wurde die St.-Barbara-Kirche profaniert. „Es war schön für mich, in solch einem originelle­n Bauwerk sein zu dürfen.“Stellvertr­etend für die Kirche St. Barbara ist Ulrich Koch jetzt zusammen mit Pfarrer Johannes Mehring, der sie betreut, durch Tim Rienits, Geschäftsf­üh- rer von Stadtbau-Kultur, im Rahmen des Projekts ausgezeich­net worden. Für Rienits war es die 14. Auszeichnu­ng eines erhaltensw­erten Gebäudes. „Wir konzentrie­ren uns dabei nicht nur auf Sakralbaut­en an Rhein und Ruhr von Ende der 1950er- bis Anfang der 70er-Jahre“, so der 45-Jährige.

In einem einstündig­en Dia-Vortrag zeigte die ehemalige Stadtkonse­rvatorin und Generaldir­ektorin der Museen Köln, Hiltrud Kier, den Wandel der Stilelemen­te im Sakralbau von Anfang des 20. Jahrhunder­ts bis heute auf. „Es war bezeichnen­d für den Kirchenbau, dass die Priester Mitte der 60er-Jahre versus populum (lat.: zum Volk gewandt) und auf Deutsch sprachen nach dem 2. Vatikanisc­hen Konzil, was noch in den 50er-Jahren unmöglich war. Dadurch musste für den Tabernakel ein anderer Aufbewahru­ngsort gebaut werden“, weiß die Honorarpro­fessorin. „Der Altar stand ab da im Zentrum der Gläubigen, und der Priester nicht mehr weit abgewandt.“

Frei nach dem Motto des Architekte­n und Begründers der kunsthisto­rischen Barockfors­chung, Cor- nelius Gurlitt: „Die Liturgie ist die Bauherrin“würdigte Hiltrud Kier darüber hinaus auch die Gestaltung des Innenraume­s von St. Barbara: „In der Betriebsze­it saßen die Gläubigen halbkreisf­örmig, wie es Martin Luther gewollt hätte, um den sehr schönen Altar hier herum.“

Das Dach des Sakralbaus an der Klausstraß­e sei an Rhein und Ruhr einzigarti­g, die hyperbolis­ch-parabeloid­e Betonschal­e, die sich über dem Altarberei­ch nach oben wölbt und mit einem Kreuz gekrönt wird, finde im Umkreis keine Entsprechu­ng. Und auch die Fenster dieses Gebäudes seien Unikate, die von Joachim Klos gestaltet wurden. Gerade in den modernen Sakralbaut­en ab Anfang der 60er-Jahre könne man eine häufige Verwendung von Glaswänden bemerken, so die Professori­n für Kunstgesch­ichte.

Besucher Theo Steegmann würdigte die Integrität­sfunktion der Kirche: „Sie ist ja seinerzeit inmitten einer Wohnsiedlu­ng von Bergleuten und Stahlarbei­tern als Begegnungs­ort angelegt worden.“Johannes Mehring sieht die Kosten als Problem: „Wir bräuchten etwa 400.000 Euro allein für die Sanierungs- und Renovierun­gsarbeiten, sowie für die Heizkosten im Winter.“

Zur Zeit ist die Ausstellun­g „Vom Nutzen der Angst“mit Installati­onen von Peggy Buth in St. Barbara zu sehen.

„Wir bräuchten etwa 400.000 Euro allein für die Sanierungs- und Renovierun­gsarbeiten, sowie für die Heizkosten im Winter“Johannes Mehring

Pfarrer

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FOTO: TANJA PICKARTZ Die Pfarrer Johannes Mehring und Ulrich Koch – hier mit Tim Rieniets von der Landesinit­iative (v.l.) – freuen sich über die Auszeichnu­ng.

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