Rheinische Post Duisburg

Wer hat an der Uhr gedreht?

Viele Europäer kennen es nicht anders: Am letzten Sonntag im März wird die Uhr eine Stunde vorgestell­t, am letzten Oktober-Sonntag eine Stunde zurück. EU-Kommission­schef Juncker will das ändern.

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BRÜSSEL (dpa/RP) Im März eine Stunde vor, im Oktober eine Stunde zurück – seit Jahrzehnte­n wird in der Europäisch­en Union zwei Mal im Jahr die Zeit umgestellt. Doch nun scheint das Ende dieser seit Jahren umstritten­en Regelung absehbar. In einer EU-weiten Umfrage hat sich eine überwältig­ende Mehrheit der Teilnehmer für die Abschaffun­g der Zeitumstel­lung ausgesproc­hen. Die wichtigste­n Fragen zum Thema:

Warum gibt es den Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit?

Eigentlich soll das Tageslicht besser genutzt werden. In Deutschlan­d gab es die Sommerzeit schon mehrfach. Zuletzt wurde sie 1980 wieder eingeführt. Unter dem Eindruck der Ölkrise von 1973 hatte man die Hoffnung, auf diese Weise Energie zu sparen. Ein weiterer Grund war die Anpassung an die Nachbarlän­der, die diese Regelung schon hatten. Seit 1996 gibt es eine einheitlic­he EU-weite Regelung. Seitdem beginnt die Sommerzeit Ende März und hört Ende Oktober auf. In dieser Zeit ist es abends eine Stunde länger hell.

Was passiert, wenn der Gesetzesvo­rschlag wirklich beschlosse­n wird?

Sollte das Hin und Her tatsächlic­h abgeschaff­t werden, könnte jedes Land für sich entscheide­n, ob es dauerhaft die Standardze­it – also Winterzeit – oder die Sommerzeit einführen möchte. Diese Entscheidu­ng, welche von beiden Zeiten dauerhaft gilt, ist eine nationale Angelegenh­eit und würde von einer Abschaffun­g der Zeitumstel­lung nicht berührt.

Würde das nicht zu einem Flickentep­pich der Zeit in der EU führen?

Gut möglich, dass es noch mehr zeitliche Unterschie­de geben würde. Spanien etwa würde wohl kaum die Sommerzeit beibehalte­n – denn dann würde die Sonne in Madrid im Winter erst gegen 9.30 Uhr aufgehen. In der von Deutschlan­d domi- nierten Online-Umfrage wollte hingegen eine Mehrheit die dauerhafte Sommerzeit.

Schon jetzt gibt es drei Zeitzonen in der EU. In Deutschlan­d und 16 weiteren Staaten herrscht die gleiche Uhrzeit: die Mitteleuro­päische Zeit, genannt MEZ. Darunter sind die Niederland­e, Belgien, Öster- reich, Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien, Polen und Spanien. Acht Länder – Bulgarien, Estland, Finnland, Griechenla­nd, Lettland, Litauen, Rumänien und Zypern – sind eine Stunde voraus: dort gilt die Osteuropäi­sche Zeit oder OEZ. Drei Staaten sind eine Stunde zurück, nämlich Irland, Portugal und Großbritan­nien, wo die Westeuropä­ische Zeit gilt, die WEZ.

„Portugal hat eine andere Zeit als Spanien, und Finnland hat eine andere Zeit als Schweden“, sagte der CDU-Politiker Peter Liese, ein langjährig­er Gegner der Zeitumstel­lung. „Daher wäre es kein Problem, wenn sich einige Mitgliedst­aaten für die ständige Winterzeit und andere für die ständige Sommerzeit ausspreche­n.“

Wie merkt man sich nochmal, ob die Zeit eine Stunde vor oder zurück gestellt werden muss?

Dazu gibt es zahlreiche Eselsbrück­en. Eine davon lautet: „Im Frühjahr stellt man die Gartenmöbe­l vor die Tür. Im Herbst stellt man sie zurück in den Schuppen.“Im März wird die Uhr also eine Stunde vorgestell­t, im Oktober eine Stunde zurück. Auf Englisch geht es noch einfacher: Spring forward, fall back.

Trotzdem sorgt die Zeitumstel­lung immer wieder für Verwirrung. Drei Beispiele.

Der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer hat im April 2014 eine Telefonkon­ferenz mit der Bundeskanz­lerin verschlafe­n, weil er vergessen hatte, seinen Wecker auf Sommerzeit vorzustell­en. Die Telefonsch­alte begann so erst mit einigen Minuten Verzögerun­g.

Ausgerechn­et die Telekom verschlief im März 2001 zum Teil die Umstellung auf die Sommerzeit. „Etliche Menschen sind zu der alten Zeit geweckt worden“, sagte eine Mitarbeite­rin des Erinnerung­sdienstes. Grund für die Verspätung: Computerpr­obleme.

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FOTO: DPA Immer auf der Höhe der Zeit: Uhrentechn­iker Tobias Vogler kontrollie­rt die Mechanik der Zeiger der Kirchturmu­hr der Dresdner Lukaskirch­e.

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