Rheinische Post Duisburg

Beitragsza­hler, zur Kasse bitte!

Für Jubel über den Rentenkomp­romiss besteht kein Anlass. Er belastet Beschäftig­te und Betriebe.

- ANTJE HÖNING

Der Jubel über den Rentendeal war groß: SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahler sprach von einem „wirklichen Durchbruch“. Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder lobte, das Ganze werde ohne Schulden finanziert. Ja, habt ihr denn bei der Nachtsitzu­ng im Kanzleramt zu viel Rotwein getrunken, möchte man den Unterhändl­ern zurufen. Ein Durchbruch wurde vor allem bei der Belastung der Beitragsza­hler erzielt. Und das sind 33 Millionen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te in Deutschlan­d und ihre Arbeitgebe­r.

Für die sieht die Rechnung so aus: Zum Jahreswech­sel sinkt zwar der Beitrag zur Arbeitslos­enversiche­rung um 0,5 Punkte auf 2,5 Prozent und damit stärker als geplant. Doch im selben Maße will Gesundheit­sminister Jens Spahn den Beitrag zur Pflegevers­icherung anheben. Der liegt bei 2,55 Prozent des Bruttoeink­ommens (2,8 Prozent für Kinderlose). Damit schaffen es die Sozialkass­en selbst auf dem Höhepunkt des außerorden­tlichen Booms nicht, die Beitragsla­st zu senken. Wie der Druck auf Kassen und Beiträge steigt, wenn die Konjunktur wieder auf Talfahrt geht, lässt sich leicht ausmalen.

Dass der Renten-Beitrag anzieht, ist im „Verspreche­n“der Regierung enthalten, dieser werde bis 2025 nicht über 20 Prozent steigen. Schon jetzt lässt die Koalition die mögliche Entlastung ausfallen. Rechnerisc­h wäre zum Jahreswech­sel eine Senkung um 0,3 Punkte auf 18,3 Prozent möglich und sinnvoll. Schon jetzt zahlt die Rentenvers­icherung auf ihre Rücklagen Millionen an Negativzin­sen. Große Koalition, große Reform? Das war mal. Diese Koalition traut sich nicht an die Bundesagen­tur für Arbeit ran, die trotz Vollbeschä­ftigung in vielen Regionen noch immer 95.000 Beschäftig­te hat. Und sie lädt Beitragsza­hlern weitere versicheru­ngsfremde Leistungen wie die Mütterrent­e auf. Ein großes Ärgernis.

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