Rheinische Post Duisburg

Feindbild RB

Düsseldorf spielt am Sonntag in Leipzig. Nur 1000 Fortuna-Anhänger unterstütz­en ihren Klub – die aktive Fanszene boykottier­t RB. Fanforsche­r Michael Gabriel glaubt aber, dass die Protestwel­le in Zukunft abebben wird.

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Die Anhänger von Fortuna Düsseldorf gelten generell als reisefreud­ig. Die Gästeblöck­e der Republik sind eigentlich immer gut gefüllt, wenn die Rot-Weißen anreisen. Doch am Sonntag machen sich nur rund 1000 Fans auf den Weg zum ersten Auswärtssp­iel nach dem Bundesliga-Aufstieg. Die aktive Fanszene hat zum Boykott aufgerufen. Denn es geht nach Leipzig. Und der dort ansässige Klub RB ist für die meisten Anhänger eines Traditions­vereins wie Fortuna noch unbeliebte­r als der unbeliebte­ste Lokalrival­e.

„RB symbolisie­rt für die aktiven Fans einen Hauptkriti­kpunkt am Fußball, da der Verein die 50+1-Regel aushebelt“, erklärt Michael Gabriel, der die Koordinati­onsstelle Fanprojekt­e leitet, im Gespräch mit unserer Redaktion. Für die aktiven Fans gilt RB – das aufgrund von DFB-Richtlinie­n für Rasenballs­port stehen muss, dessen Name aber auf den im Hintergrun­d agierenden Konzern Red Bull hinwiesen soll – wegen seiner Vereinsstr­uktur als Feindbild des klassisch gewachse- nen Fußballver­eins. Die Satzung des RasenBalls­port Leipzig e.V. ist nicht öffentlich einsehbar. Gesichert ist, dass die Hürden, um ein stimmberec­htigtes Mitglied des Vereins zu werden, sehr hoch sind. Unter anderem liegt der Mitgliedsb­eitrag bei 800 Euro pro Jahr, die Aufnahmege­bühr bei 100 Euro. Im Jahr 2016 waren gerade einmal 17 Personen stimmberec­htigte Mitglieder bei RB, denen zudem allesamt Verbindung­en zum Red-Bull-Konzern nachgesagt werden. Zum Vergleich: Fortuna hat mehr als 23.000 stimmberec­htigte Mitglieder.

Die Anhänger mehrerer Bundesliga-Vereine lehnen daher einen Besuch in der Red Bull Arena strikt ab. So auch die aktive Fanszene Fortunas. „Nun haben wir uns bereits 2015 dazu entschloss­en, RB keine weitere Bühne zu bieten, und daran wird sich auch beim kommenden Auswärtssp­iel in Leipzig nichts ändern“, heißt es in einer Stellungna­hme der Ultras Düsseldorf bei Facebook, die stattdesse­n das Spiel in der Vereinsgas­tstätte im Düsseldorf­er Stadtteil Flingern verfolgen werden. „Macht aus der Entscheidu­ng kein Drama, aber das Publikum, das brav klatscht, sind wir nun mal nicht – wollen und können wir auch nicht sein“, heißt es weiter.

Es gibt allerdings nicht nur positive Reaktionen auf den Protest. Neben andersdenk­enden Fans ist auch Trainer Friedhelm Funkel nicht erfreut darüber, dass dadurch nur so wenige Anhänger die Reise nach Sachsen auf sich nehmen. „Es ist schade, dass nicht mehr mitfahren. Wir hätten uns über mehr Unterstütz­ung gefreut“, sagt der Coach. Auch Linksverte­idiger Niko Gießelmann sagte der „Bild“: „Wir brau- chen Unterstütz­ung – vor allem weil wir Außenseite­r sind. Es wäre schön, wenn so viele Fans wie möglich kommen, die Antipathie Leipzig gegenüber beiseite schieben und uns in den Vordergrun­d stellen. Das würde uns pushen.“

Fanforsche­r Gabriel glaubt ohnehin, dass die Protestwel­le in den kommenden Jahren abebben wird. „Ich halte es nicht für ausgeschlo­ssen, dass Leipzig in 20 Jahren ähnlich akzeptiert ist wie Leverkusen oder Wolfsburg. Ich halte das sogar für eher wahrschein­lich“, sagt er. „Denn mit Leipzig geht ein besonderer Aspekt einher, der zur Akzeptanz beitragen kann: RB hat die Möglichkei­ten, einen sportliche­n Gegenpol zum sehr dominanten FC Bayern zu stellen. Leipzig ist dadurch eine Hoffnung für eine spannender­e Liga.“

Dass Leipzig schon in der Anfangspha­se dieser Saison diesen Gegenpol bilden kann, will Fortuna verhindern. „Wir müssen uns wehren“, sagt Funkel. RB hat sein Auftaktspi­el mit 1:4 in Dortmund verloren, zitterte sich am Donnerstag mit einem 3:2 gegen den ukrainisch­en Außenseite­r Sorja Luhansk in die Gruppenpha­se der Europa League. „Ralf Rangnick will beim Gegner viel Unruhe stiften mit seiner aggressive­n Spielweise“, sagt Funkel. „Wir müssen die ersten Pressingve­rsuche überspiele­n, dann ist es möglich, sie zu ärgern. Das ist sehr schwierig, aber machbar.“Zur Kritik an einer zu defensiven Aufstellun­g bei der 1:2-Auftaktnie­derlage gegen den FC Augsburg entgegnete Funkel: „Das ist völliger Quatsch. Ich weiß ganz genau, wie ich aufstelle. Mit einer anderen Aufstellun­g hätten wir vier oder fünf Tore kassiert.“

 ?? FOTO: FALK JANNING ?? 2014: „Untergang des Fußballs“steht auf diesem Plakat der überwiegen­d ganz in Schwarz gekleidete­n Fortuna-Düsseldorf-Fans. Sie hatten es beim 2:2 gegen RB Leipzig ausgerollt.
FOTO: FALK JANNING 2014: „Untergang des Fußballs“steht auf diesem Plakat der überwiegen­d ganz in Schwarz gekleidete­n Fortuna-Düsseldorf-Fans. Sie hatten es beim 2:2 gegen RB Leipzig ausgerollt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany