Rheinische Post Duisburg

Sommerlich­e Geisterjag­d

Im ersten „Tatort“aus Kiel mit neuer Ermittleri­n wird gekonnt mit Elementen aus Thriller und Horror gespielt.

- VON MARLEN KESS

KIEL Schon die erste Szene zeigt, wohin die Reise in diesem „Tatort“geht – zumindest atmosphäri­sch. Ein Haus in der Nacht, die Kamera fährt durch die Räume, die Treppe hoch, dazu klimpert beunruhige­nde Musik. Schlaflos irrt eine Frau umher, sieht zuerst eine Frau im roten Kleid auf der Treppe liegen, dann in ihrem Zimmer einen Galgenstri­ck von der Decke baumeln. Und man ahnt: In diesem Haus ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung. Das herrschaft­liche Anwesen im Kieler Hinterland gehört Frank Voigt (Thomas Loibl), erfolgreic­her Autor und enger Freund von Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg). Voigts Frau Heike verschwand vor vier Jahren spurlos, Frank geriet in Verdacht, wurde aus Mangel an Beweisen aber frei gesprochen. Seitdem haben die Freunde keinen Kontakt mehr. Inzwischen hat der Vater der Teenager-Töchter Grete (Emma Mathilde Floßmann) und Sinja (Mercedes Müller) eine neue Frau (Karoline Schuch). Die streift nachts durch die Räume und fürchtet: „Dieses Haus will mich umbringen.“

An einem lauen Sommeraben­d kommt Borowski dann doch noch einmal zu Besuch. Sein Patenkind Grete hat ihm einen Brief geschickt. Im Garten wird eine große Tafel aufgebaut, Anna singt zur Unterhaltu­ng ein Lied, und der Kommissar trägt knalliges Blau und ein Blümchen am Jackett. Die flirrenden, bunten Bilder kontrastie­ren die düstere Geschichte, die „Das Haus der Geister“erzählt. Während Anna glaubt, dass sie vom Geist der toten Heike verfolgt wird, ist Borowski überzeugt, dass Frank nicht nur Heike umgebracht hat, sondern jetzt auch Anna in den Wahnsinn treiben will. Die ist vom Suizid ihres Bruders traumati- siert, leidet unter Schlafstör­ungen und nimmt Psychophar­maka. Sie bittet Borowski, über Nacht zu bleiben, und schon ist er wieder mittendrin im Vermissten­fall Heike Voigt.

Die Leitung übernimmt aber nicht der befangene Kommissar, sondern seine neue Kollegin, Mila Sahin (Bagriacik). Die jüngste Ermittleri­n der „Tatort“-Riege zeigt bei ihrem ersten Einsatz, dass sie ganz anders drauf ist als die filigrane Vorgängeri­n Sarah Brandt (Sibel Kekilli). Sie bringt Boxsack Walter mit ins Büro und legt gleich nach dem Kennenlern­en mit dem sonst eher brummigen Borowski ein Tänzchen auf dem Parkdeck hin. Der deutsch-türkische Hintergrun­d der Kommissari­n soll dem Sender zufolge zwar

miterzählt werden, aber nicht zum Konfliktth­ema werden.

In „Das Haus der Geister“spielt Mila Sahin trotzdem eine eher untergeord­nete Rolle. Vielmehr steht das Psychoduel­l der beiden alten Freunde im Mittelpunk­t, das geschickt in abwechseln­d sommerlich-leichte und düster-mysteriöse Bilder verpackt wird. „Der Grusel steckt in jeder Blüte“, sagt Regisseur Elmar Fischer. Manches wirkt zwar etwas überinszen­iert: Warum steht in der ohnehin gruseligen Villa noch ein grünlich schimmernd­es Aquarium, in dem nichts lebt? Dennoch gelingt der Film als spannender Mix aus Krimi und Thriller.

„Tatort: Borowski und das Haus der Geister“,ARD, 20.15 Uhr

 ?? FOTO: NDR/CHRISTINE SCHROEDER ?? Die Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) schicken eine Suchstaffe­l über das Gelände der Familie Voigt.
FOTO: NDR/CHRISTINE SCHROEDER Die Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) schicken eine Suchstaffe­l über das Gelände der Familie Voigt.

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