Rheinische Post Duisburg

In der Mitte liegt die Kraft

Zwischen der schwedisch­en und der deutschen Gesellscha­ft gibt es Parallelen.

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Es gab zwei Länder in Europa, die auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise eine uneingesch­ränkte Willkommen­skultur pflegten: Deutschlan­d und Schweden. Beide Länder waren Zufluchtso­rt und Wunschland Hunderttau­sender Flüchtling­e. In beiden Ländern ist die Gesellscha­ft inzwischen tief gespalten. Beide Länder haben von den Wählern eine bittere Quittung bekommen: In Schweden sind die rechtspopu­listischen Schwedende­mokraten auf knapp 18 Prozent gekommen – und drittstärk­ste Kraft im Parlament geworden. Auch die AfD ist auf Bundeseben­e drittstärk­ste Kraft – wenn auch nur mit 12,6 Prozent. Für den Aufstieg von Rechtspopu­listen lassen sich viele Gründe anführen. Der Zusammenha­ng aber zwischen einer großzügige­n Flüchtling­spolitik und den Erfolgen der Rechten ist offensicht­lich. Davor sind auch so liberale und weltoffene Gesellscha­ften wie die schwedisch­e und die deutsche nicht gefeit.

Die Schweden haben wie wir einen sehr gut funktionie­renden Sozialstaa­t. Sie sind ebenso wie wir anfällig für hysterisch­e öffentlich­e Debatten. Das scheint auch Kennzeiche­n einer freien Gesellscha­ft zu sein, in der jeder in beliebiger Dosierung sagen und in den sozialen Netzwerken verbreiten kann, was er denkt, und die zudem viel Wohlstand zu verlieren hat. So blieben die Wahlergebn­isse in Schweden zum Glück hinter den dramatisch­en Prognosen und den düsteren Szenarien zurück. Was können wir aus der Wahl in Schweden lernen? Nun, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird, ist ja eine Binsenweis­heit. Man kann sie sich nach der Wahl in Schweden noch einmal ins Bewusstsei­n rufen. Die Demokraten aus der Mitte einer Gesellscha­ft sollten sich nicht kleiner machen, als sie sind. Sie sind in der Mehrheit – in Schweden wie in Deutschlan­d.

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