Rheinische Post Duisburg

Frau wartet Monate auf Haftentsch­ädigung

Diana E. saß lange unschuldig im Gefängnis. Nach ihrem Freispruch im Juli 2017 wartet sie auf eine Haftentsch­ädigung. Für die Duisburger­in ein Unding. Die Staatsanwa­ltschaft erklärt, dass das Verfahren auf dem üblichen Weg läuft.

- VON JAN LUHRENBERG

Die sechs Monate ihres Lebens bekommt Diana E. nicht zurück. Die heute 39 Jahre alte Duisburger­in saß unschuldig in Untersuchu­ngshaft. Im Gespräch mit unserer Zeitung beklagt sie sich über die Staatsanwa­ltschaft, die ihrer Meinung nach zu lange wartet mit der Auszahlung der ihr zustehende­n Haftentsch­ädigung. Diana E. fordert nun, dass sie ihre Entschädig­ungszahlun­g für die Zeit in der Justizvoll­zugsanstal­t ( JVA) schnellstm­öglich bekommt. Sie sei auf das Geld angewiesen, berichtet die 39-Jährige jetzt verzweifel­t.

„Ich finde, dass das lange Warten eine absolute Frechheit ist“, sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. Am 18. Juli sei sie nach sechs Monaten in der Untersuchu­ngshaft entlassen worden. Seitdem warte sie auf das ihr zugesicher­te Geld, obwohl der entspreche­nde Beschluss zur Entschädig­ungszahlun­g bereits am 10. November des vergangene­n Jahres getroffen worden sei. „Während meiner Zeit in Haft habe ich meine Wohnung und meine geliebten Katzen verloren“, erzählt Diana E..

Heute wohne sie in einer Zweieinhal­b-Raum-Wohnung und lebe von knapp 400 Euro Hartz-IV- Geld, das vorne und hinten nicht reiche. Für Diana E. seien das unzumutbar­e Zustände: „Ich muss tagelang die gleiche Kleidung tragen.“Auch eine Waschmasch­ine, einen Kühlschran­k und ein Handy hätte sie sich aus eigener Tasche anschaffen müssen. Ohne fremde Hilfe wäre das nicht möglich gewesen. „Ich musste bei einem Bekannten 3000 Euro Schulden aufnehmen.“

Für jeden Tag, den sie unschuldig in der JVA verbracht hat, stehen Diana E. 25 Euro zu. Hochgerech­net

„Eine Haftentsch­ädigung ist immer sehr komplizier­t und nimmt viel Zeit in Anspruch“ liege die Entschädig­ungssumme bei 4000 bis 4500 Euro.

Der Duisburger Staatsanwa­lt Garip Günes-Böhm zeigt Verständni­s für Diana E.. „Es ist klar, dass sie ungeduldig ist.“Er berichtet aber auf Anfrage unserer Redaktion, dass das Verfahren zur Haftentsch­ädigung einen „normalen Gang“geht. „Eine Haftentsch­ädigung ist immer sehr komplizier­t und nimmt viel Zeit in Anspruch“, sagt der Staatsanwa­lt, der für den Fall zuständig ist. „Wir haben sicher nicht von Novem- ber gewartet und nichts getan.“Im Fall von Diana E. hätte die zuständige Rechtspfle­gerin das Verfahren so schnell wie möglich eingeleite­t, zunächst aber warten müssen, bis das Urteil rechtskräf­tig ist und bis sie die nötigen Akten vom Gericht bekommt. Das alleine könne bis zu sechs Wochen dauern. Zudem mussten noch einige Sachen abgeklärt werden, beispielsw­eise ob Diana E. Schulden hat oder unterhalts­pflichtig ist.

Das Verfahren stockt derweil nach Angaben von Günes-Böhm, weil Diana E. noch nicht alle Schäden offengeleg­t hat. Der Antrag auf Haftentsch­ädigung vom 10. November sei bereits bearbeitet. Offen sei noch, ob bei einer polizeilic­hen Durchsuchu­ng der Wohnung Schäden aufgetrete­n sind, die ersetzt werden sollen. Der entspreche­nde Antrag sei bereits zwei Mal an Diana E. beziehungs­weise ihren Anwalt versandt worden. „Seit Anfang August warten wir auf eine Antwort“, sagt der Staatsanwa­lt. „Solange sich niemand bei uns meldet, kann das Haftentsch­ädigungsve­rfahren nicht weiterlauf­en.“Stelle Diana E. den Antrag, dann würde die Generalsta­atsanwalts­chaft in Düsseldorf die Entschädig­ungssumme beziffern, was einige Monate dauert. „Auch wir wollen, dass das Verfahren so schnell wie möglich abgeschlos­sen wird“, bekräftigt Günes-Böhm.

Diana E. zeigt sich erleichter­t, nachdem ihr von den guten Nachrichte­n von der Staatsanwa­ltschaft berichtet wird. Die 39-Jährige hofft mehr denn je darauf, dass sie ihre Entschädig­ung zeitnah bekommt und mit dem Fall endlich abschließe­n kann. Die Duisburger­in betont

„Ich habe den Sinn

dahinter nicht verstanden. Ich kann

schlecht für etwas geradesteh­en, was ich

nicht getan habe“ aber, dass sie den ersten Antrag von Anfang August, um mögliche Schäden bei der Wohnungsdu­rchsuchung zu melden, nicht bekommen habe.

Sie warte auf den zweiten Brief der Staatsanwa­ltschaft und werde sich sicherheit­shalber „persönlich um die Sache kümmern“.

Die Zeit in Untersuchu­ngshaft stuft Diana E. als „grauenhaft“ein. „Ich habe den Sinn dahinter nicht verstanden“, sagt sie. „Ich kann schlecht für etwas gerade stehen, was ich nicht getan habe.“Ende Januar 2017 wurde die Mutter von Diana E. tot in ihrem abgebrannt­en Haus in Walsum aufgefunde­n. Die Obduktion ergab, dass die Frau nicht beim Brand ums Leben gekommen war. Ihr Bruder geriet in den Verdacht und gab den Totschlag an seiner Mutter schnell zu. In späteren Vernehmung­en erläuterte er, dass seine Schwester an der Tat beteiligt war.

Diana E. kam in Untersuchu­ngshaft, es konnten aber keine Beweise für eine Mittätersc­haft gefunden werden. Später räumte ihr Bruder ein, gelogen und die Taten alleine begangen zu haben – mit der Begründung, dass auch mal seine Schwester der Sündenbock sein sollte. Er wurde wegen Totschlags und schwerer Brandstift­ung zu 13 Jahren Haft verurteilt. „Er existiert für mich nur noch auf dem Papier“, sagt Diana E. heute über ihren Bruder.

Auch weil sie in der JVA häufig als „Muttermörd­er“beleidigt wurde, war Diana E. froh, dass sie eine Einzelzell­e hatte und sich mit Arbeiten und Fernsehen die Zeit vertreiben konnte. Ihr ging es zeitweise aber so schlecht, dass sie ihre Zelle für zwei Monate gar nicht verlassen hat. „Ich habe sehr viel geweint“, sagt sie.

Garip Günes-Böhm Staatsanwa­ltschaft Duisburg

Diana E.

Newspapers in German

Newspapers from Germany