Demenzerkrankte spazieren gegen das Vergessen
HOMBERG (lw) Ab in die Natur und den Stadtteil erkunden: Wer am Donnerstag in Hochheide unterwegs war, konnte einen Spaziergang der besonderen Art erleben. Der Arbeitskreis Demenz, ansässig in Hochheide und Rheinhausen, lud zum Bummel durch Hochheide ein. Der Arbeitskreis setzt sich aus elf Akteuren zusammen, die aus den Bereichen Beratung, Pflege, Wohnen und Quartiersarbeit kommen. Sie engagieren sich in den Stadtteilen Alt-Homberg, Hochheide und Rheinhausen für einen selbstverständlichen Umgang mit Menschen mit Demenz und eine gute Versorgungslandschaft, in der Inklusion gelebt wird. Mit dabei sind das Sozialwerk St. Georg und das DRK-Haus am Sandberg. Federführend organisierten Aline Wybranietz (Sozialwerk St. Georg) und Gabriele Hardt (Haus am Sandberg) den Spaziergang.
Die Idee dahinter entstand aus ei- nem einfachen Grund: „Es gibt immer mehr Senioren, und viele Senioren haben Demenz“, erklärte Wybranietz. Gegen fortschreitende Demenz gibt es Rezepte: So ist es etwa wichtig, frühe Erinnerungen wach zu halten und mit Menschen in Kontakt zu kommen. Auch frische Luft und neue Eindrücke können dabei helfen, die Gedanken nicht nur um die Krankheit kreisen zu lassen. „Wir haben überlegt, wie man alle Punkte vereinen kann“, so Wybranietz. Just entstand die Idee eines Spaziergangs, zu dem alle Menschen eingeladen sind, die Freude an Bewegung haben. Egal, ob jung oder alt, mit oder ohne demenzieller Beeinträchtigung. Ein voller Erfolg waren die Spaziergänge in Rheinhausen, Alt-Homberg und Hochheide bereits im vergangenen Jahr. Und auch diesmal machten sich zahlreiche Senioren gemeinsam auf den Weg.
Unter dem Motto „Schritt für Schritt – gemeinsam gegen das Vergessen“ging’s los. Am Treffpunkt bot sich ein buntes Bild: Vor den Türen des Alpha-Pflegedienstes an der Ehrenstraße fanden sich Menschen mit Gehhilfen, Rollatoren und Rollstühlen zusammen. „20 Anmeldungen hatten wir“, sagte Wybranietz und lächelte, als sie in die Runde blickte. 30 Leute liefen schließlich mit, darunter Bewohner des DRK-Hauses am Sandberg und des Sozialwerks St. Georg. Viele Familienmitglieder, darunter auch Kinder und Enkelkinder, schlossen sich an. Bei bestem spätsommerlichen Sonnenwetter startete die muntere Gruppe. „Wenn Engel reisen“, lachte eine Seniorin und schaute Richtung Sonne.
Gewiss: Es war eine kleine, aber feine Reise. In den kleinen Nebenstraßen von Hochheide wusste jeder etwas zu entdecken: „Schau mal, das schöne orangene Haus“, hörte man einen Senior staunen. Als ein kleines Eichhörnchen über den Weg huschte, verliebten sich alle in das plüschige Wesen. „Das ist wie früher im Wald“, erinnerte sich eine Teilnehmerin.
Wie wichtig es ist, spazieren zu gehen, weiß Betreuerin Sylvia aus dem DRK-Haus. „Menschen mit Demenz erleben ihre Umwelt intensiv. Sie haben ein großes Herz und erinnern sich gerne an früher“, sagte die 60-Jährige, die eine Bewohnerin im Rollstuhl schob.
Von der Ehrenstraße ging es bis zum DRK-Haus an der Kirchstraße. Hier freuten sich alle auf ein gemeinsames Kaffeetrinken. Brigitte Wolter nahm neben Inge Lauricks Platz. „Inges Demenz macht sich in Vergesslichkeit bemerkbar. Das kommt oft phasenweise vor“, sagte sie. Inge freute sich, als sie zwischen Aprikosenkuchen und Früchtekuchen auswählen durfte. „Aber bitte mit Sahne“, sagte die 92-Jährige lächelnd. Mit Waffeln, Kaffee, Kuchen und Gesprächen klang der rundum gelungene Nachmittag aus. Und es gab auch am Ende noch Grund zur Freude: Der Spaziergang soll bald wiederholt werden – und alle sind jetzt schon eingeladen.