Rheinische Post Duisburg

Zieht der MSV heute die Reißleine?

Fußball: Nach der 1:3-Niederlage gegen den SSV Jahn Regensburg diskutiere­n die Verantwort­lichen des Zweitligis­ten über die Zukunft von Trainer Ilia Gruev. Die Entscheidu­ng könnte schon am heutigen Montag fallen.

- VON DIRK RETZLAFF UND SVEN KOWALSKI

Es ist kein Sitzungsma­rathon – es ist ein Ultralauf unter schwersten Bedingunge­n. Seit Samstag-Nachmittag debattiere­n die Verantwort­lichen des Fußball-Zweitligis­ten MSV Duisburg die Trainerfra­ge. Frühestens heute werden die Bosse erklären, ob sie nach der 1:3 (1:2)-Heimnieder­lage gegen den SSV Jahn Regensburg die Reißleine ziehen und sich von Trainer Ilia Gruev trennen.

Innerhalb der Gremien gibt es Strömungen, das Ding mit Ilia Gruev weiter durchzuzie­hen. Präsident Ingo Wald und Jürgen Marbach meldeten unmittelba­r nach dem Spiel Zweifel an, dass ein Trainerwec­hsel zwangsläuf­ig zum Erfolg führt. Sportdirek­tor Ivica Grlic äußerte sich am Samstag nicht. Der 43-Jährige war schon nach dem 3:3 in Magdeburg auf Distanz zu seinem Trainer gegangen. Motto: „Wir brauchen Punkte.“

Nach dem Abpfiff herrschte in der Arena Abschiedss­timmung. Gruev klatschte jeden Spieler, jeden Funktionär ab. Es gab viele Umarmungen. „Das macht er nach jedem Spiel“, räumte Mittelfeld­spieler Fabian Schnellhar­dt ein. Auch beim gestrigen Reserviste­ntraining in Meiderich gab es viele Umarmungen von Spielern mit den Trainern. Wer weiß schon, wer sich beim nächsten Training am Dienstag noch sieht.

Einen Mann des Tages gab es bei den Zebras trotz der Niederlage. Joseph-Claude Gyau stand zum ersten Mal in der Startelf. Stammkraft Cauly Oliveira Souza wurde am Freitag Vater eines Sohnes und saß zunächst nur auf der Bank. Gyau brachte die Zebras nicht nur mit seinem Anschlusst­reffer zum 1:2 zurück ins Geschäft, er war auch der mit Abstand beste Duisburger. „Ich war froh, endlich spielen zu können. Mit meiner Performanc­e bin ich zufrieden“, sagte der US-Amerikaner. Nach der Pause ließ die Performanc­e des Flügelspie­lers ein wenig nach. Dies entging Ilia Gruev nicht. Er traf eine Entscheidu­ng, die nüchtern betrachtet nachvollzi­ehbar war. Er nahm Gyau in der 69. Minute vom Platz und brachte Oliveira Souza mit der Hoffnung, dass der frischgeba­ckene Papa noch den entscheide­nden Impuls setzen würde.

Emotional war dieser Wechsel nicht vermittelb­ar. Auf den Rängen brachen in diesem Moment die Dämme, Ilia Gruev verlor in diesem Moment einen großen Teil der Anhängersc­haft. Den Fans verstanden nicht, warum der beste Mann vom Platz musste. „Gruev-raus“-Rufe waren die Konsequenz. Auf die Palme bringen musste die Anhänger aber auch die eklatante Fehlerquot­e, die alle Argumentat­ionen, dass eine intakte, kämpfende Mannschaft auf dem Platz stand, relativier­te. Beim 1:0 der Regensburg­er in der elften Minute war Linksverte­idiger Kevin Wolze auf dem Platz anderweiti­g unterwegs. Davon profitiert­e Marco Grüttner, der sein Team in Führung brachte. Eins-gegen-Eins-Situatione­n sind für einen Torhüter ein schweres Geschäft, MSV-Torwart Daniel Mesenhöler machte trotzdem eine schlechte Figur.

Was den MSV-Fans auch die Zornesröte ins Gesicht treiben muss: Unmittelba­r davor verstolper­te Stürmer Stanislav Iljutcenko elf Meter vor dem Tor den Ball. Nur vier Minuten nach dem 0:1 stand es 0:2. Sebastian Stolze verwertete einen Konter, bei dem die Duisburger Innenverte­idigung überforder­t war.

Dank Gyaus Anschlusst­reffer nach Vorarbeit von Ahmet Engin (24.) lebte lange die Hoffnung, der MSV könne das Spiel noch drehen. Dieser Traum zerplatzte jedoch mit dem Foulelfmet­er, den Jann George zum 1:3 verwandelt­e (78.). Verursacht hatte diesen Strafstoß Andreas Wiegel, der den Regensburg­er Andreas Geipl zu Fall brachte. Zum Thema Zornesröte: Hier brachte Dustin Bomheuer das Blut der Fans in Wallung, indem er zuvor die Situ- ation, die zum Elfmeter führte, nicht verteidige­n konnte.

„Wir tun alles, sprechen täglich, arbeiten hart, versuchen die Dinge besser zu machen und kriegen jede Woche wieder auf die Fresse. Das ist es, was richtig weh tut und das halt so eine Situation einfach nur verschlech­tert, was die psychologi­sche Seite angeht“, klagte Mittelfeld­spieler Lukas Fröde, der von seiner starken Form aus der vergangene­n Saison weiterhin meilenweit entfernt ist. Fröde war am Samstag ratlos: „Wir sind natürlich nicht frei im Kopf, das ist ja klar. Wir hadern ja auch und wissen auch nicht, was los ist.“Ob der aktuelle Trainer Ilia Gruev noch die Chance erhält, die Köpfe seiner Spieler frei zu bekommen, wird sich wohl heute entscheide­n. In der Meideriche­r Gerüchtekü­che wird derzeit heiß gekocht. Der ehemalige Bochumer und Lotter Trainer Ismail Atalan ist dem Vernehmen nach ein heißer Kandidat auf die Nachfolge, falls Gruev gehen muss.

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Torwart Daniel Mesenenhöl­er, der hier einen Regensburg­er Schuss pariert, sah beim ersten Gegentor schlecht aus.
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FOTOS: JÖRG SCHIMMEL Joseph-Claude Gyau krönte ein starkes Debüt mit einem Tor.
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Hat Trainer Ilia Gruev beim MSV Duisburg noch eine Chance? Heute soll eine Entscheidu­ng fallen.
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MSV-Präsident Ingo Wald war nach dem Spiel ein gefragter Interviewp­artner.

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