Lieberknecht greift in die Taktik-Trickkiste
Der neue Trainer des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg überrumpelt seinen Kölner Kollegen Markus Anfang mit taktischen Finessen. „Es war ein erster schöner Schritt“, sagt der Coach, der weiß, dass noch viel Arbeit bevorsteht.
Am Spielfeldrand hatte Torsten Lieberknecht noch die Faust geballt und seiner Freude über den Coup freien Lauf gelassen. Bei der Pressekonferenz gab sich der neue Trainer des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg nach dem überraschenden 2:1-Erfolg beim Spitzenreiter 1.FC Köln am späten Montagabend dagegen nüchtern und sachlich: „Der MSV hat ein gutes Bild abgegeben. Es war ein ordentlicher Einstand.“
Der 45-Jährige bediente sich dann aber doch noch eines martialischen Vokabulars. „Das war eine Taktik-Schlacht“, gab der frühere Braunschweiger zu Protokoll. Am Ende glückte der Einstand des neuen Trainers tatsächlich vor allem deshalb, weil er seinen Kölner Kollegen Markus Anfang mit einigen taktischen Finessen überrumpeln konnte.
„Der MSV hat ein gutes Bild abgegeben. Es war ein ordentlicher Ein
stand.“
Torsten Lieberknecht Trainer des MSV Duisburg
Torsten Lieberknecht hat die Hebel angefasst, die sein Vorgänger Ilia Gruev zuletzt nicht mehr angepackt hatte. Der Ex-Trainer des MSV hatte bis zuletzt seinem 4-4-2-System vertraut. Lieberknecht brach nun am Montagabend mit seiner Mittelfeldraute aus dem gewohnten Muster aus. Er habe das System der Kölner Spielweise angepasst und deshalb im Spielverlauf mehrfach umgestellt. „Und am Ende haben wir auch wieder die gute alte Fünferkette rausgekramt“, sagte der Trainer mit Blick auf die Schlussphase, die dann weniger eine Taktik-, sondern mehr eine Abwehrschlacht war.
Nach der Länderspielpause feiert Torsten Lieberknecht am 22.Oktober gegen den FC St. Pauli sein Heimdebüt als MSV-Trainer – dann kann die taktische Ausrichtung schon wieder eine andere sein. „Wir sollten so flexibel sein, dass wir zwei bis drei Systeme spielen können“, sagte Sportdirektor Ivica Grlic.
Torsten Lieberknecht setzte den in den vergangenen Wochen oft gescholtenen Fabian Schnellhardt, weil dieser seiner Rolle als Mittelfeldregisseur nicht gerecht wurde, auf dem linken Flügel ein. Borys Tashchy, der sich in den Begegnungen zuvor als Spitze häufig zurückfallen ließ und in den Zweikämpfen aufrieb, war als zentraler, offensiver Mittelfeldmann viel wirkungsvoller, als er es als Stürmer war.
Die Variante mit den beiden Sturmspitzen Joe Gyau und Stanislav Iljutcenko zündete hingegen nur bedingt. Beide Spieler konnten sich beim Spitzenreiter nur selten in Szene setzen, was allerdings am Montag zu verschmerzen war, weil das Mittelfeld mehr Druck machte und den Kölnern damit den Schneid abkauften.
Und weil Flügelspieler Cauly Oliveira Souza einen Sahnetag erwischt hatte. Den ersten Treffer der Zebras erzielte er selbst, den zweiten hätte der kleine Brasilianer vermutlich auch für sich verbuchen können, wenn ihm der Kölner Matthias Bader die Arbeit mit seinem Eigentor nicht abgenommen hätte.
Cauly Oliveira Souza, der sich trotz Schlafmangels, für den sein gerade erst geborener Sohn verantwortlich ist, hellwach präsentierte, genoss den ersten Saisonsieg auch, weil er ausgerechnet gegen den 1. FC Köln zustande kam. Als ehemaliger Spieler des Lokalrivalen Fortuna Köln machte ihm der Erfolg in Müngersdorf besonders viel Spaß.
„Wir haben uns sehr gut auf dieses Spiel vorbereitet. Wir sind selbstbewusst aufgetreten und hatten die Kölner lange Zeit unter Kontrolle“, sagte der 23-Jährige, der einräumte, dass diesmal auch das Glück auf Seiten der Duisburger war. Köln lag am Montag in vielen Statistiken vorne: Ballbesitz, Passquote, Torschüsse, Flanken.
Mit dem ersten Saisonsieg kletterten die Zebras auf den Relegationsplatz 16. „Es war ein erster, schöner Schritt“, sagte Torsten Lieberknecht und verwies damit darauf, dass der Mannschaft noch viel Arbeit bevorsteht. Am Donnerstag steht die Leistungsdiagnostik an. Der Trainer bittet zum Laktattest. Für die kommende Woche will der MSV Duisburg noch ein Testspiel abschließen.