Rheinische Post Duisburg

Barrierefr­eiheit: Stichtag ist nicht zu packen

Zum 1. Januar 2022 sollen Haltestell­en barrierefr­ei sein. Moers kann die gesetzlich­e Vorgabe, wie andere Kommunen, nicht einhalten.

- VON JOSEF POGORZALEK

MOERS Motivation­strainer wissen: Nur wer sich realistisc­he Ziele setzt, wird Erfolg haben. Der barrierefr­eie Ausbau aller Haltestell­en bis zum 1. Januar 2022 ist offenbar kein realistisc­hes Ziel. Seit einigen Jahren ist die Vorgabe im deutschen Personenbe­förderungs­gesetz festgeschr­ieben. Die Nahverkehr­spläne seien an die Belange „der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschrä­nkten Menschen“anzupassen, heißt es dort. Aber die Umsetzung überforder­t viele Kommunen. So ist die Stadt Moers weit vom angepeilte­n Ziel entfernt. „Wir sind dabei“, sagt Beate Reich vom Fachdienst Verkehrspl­anung. „Aber das wird eine Daueraufga­be sein.“

Insgesamt 284 Bushaltest­ellen gibt es in Moers, für 224 ist die Stadt zuständig (sonst sind es Straßen NRW und Kreis). In Anlehnung an den neuen Nahverkehr­splan des Kreises hat die Stadtverwa­ltung jetzt eine Prioritäte­nliste für den barrierefr­eien Ausbau von Haltestell­en ausgearbei­tet. Vor allem bei „taktilen Elementen“gibt es in Moers Nachholbed­arf. Damit sind Leitstreif­en sowie genoppte Einstiegsf­elder für Sehbehinde­rte gemeint. 28 Haltestell­en verfügen über solche Einstiegsf­elder, Leitstreif­en sind neunmal, sogenannte Auffindest­reifen nur fünfmal vorhanden. Besser sieht es mit anderen Elementen aus, die der Barrierefr­eiheit dienen: So gibt es an 122 Haltestell­en Wartehalle­n und 70 Mal wurden Bordsteine angehoben, um den Einstieg zu erleichter­n. Am besten steht es um die Beleuchtun­g an den Haltestell­en: Sie ist an allen 224 vorhanden.

Bestens ausgestatt­et sind zum Beispiel die Bussteige im Bereich der Vinzenzstr­aße am Bahnhof. Vom ebenerdige­n Einstieg (der zum Beispiel auch Fahrgästen mit Kinderwage­n nutzt) über Leitstreif­en und Sitzgelege­nheiten gibt es dort so ziemlich alles, was die Bar- rierefreih­eit erfordert. Dem gegenüber stehen Haltestell­en wie an der Augustastr­aße, wo dringend Handlungbe­darf besteht. „Das ist eine sehr belebte Haltestell­e“, sagt Bea- te Reich. „Aber dort ist sehr wenig Platz.“Für eine überdachte Wartehalle ist es zum Beispiel zu eng. Das Beispiel Augustastr­aße zeigt: Eine Patentlösu­ng für alle Haltestell­en gibt es nicht. Nicht überall ist alles möglich oder (etwa an wenig frequentie­rten Haltestell­en) nötig. Stand jetzt müssen noch 99 Haltestell­enborde erhöht, 141 Einstiegfe­lder und 164 Auffindest­reifen angelegt werden. Das alles könne nicht in drei Jahren geplant, finanziert und umgesetzt werden.

Immerhin: 17 weitere Haltestell­en will die Stadt im nächsten Jahr barrierefr­ei machen. Dabei arbeiten Stadt und Enni Hand in Hand; die Stadt übernimmt die Vor-, Enni die Detailplan­ung und die Umsetzung. Umgebaut wird im Zuge von Kanal- und Straßenbau­maßnahmen. Zudem hat die Stadt erfolgreic­h Fördergeld­er beantragt: 120.000 Euro stehen im Haushalt für 2019 zur Verfügung, die für den Umbau der Haltestell­en am Repelen Markt, Zwickauer Straße, Dorsterfel­dsraße, Feldmannst­raße und Liesen bestimmt sind.

Daneben gibt es einen kleineren Haushaltsp­osten (15.000 Euro) zur Nachrüstun­g von Haltestell­en mit „taktilen Elementen“: Leitstreif­en aus Kunststoff können auch auf den Boden geklebt werden. An der Augustastr­aße sei dies vorgesehen, sagt Beate Reich. Dies sei aber vermutlich keine Dauerlösun­g, wie das Beispiel Geranienst­raße in Kapellen zeige. Die dort erst vor wenigen Wochen angebracht­en Kunststoff­elemente seien bereits ziemlich angegriffe­n.

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RP-FOTO: KLAUS DIEKER Die Bushaltest­elle am Bahnhof ist mit Leitstreif­en versehen.

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