Rheinische Post Duisburg

Es fehlen Kaufkraft und Aufenthalt­squalität

Genau ein Jahr nach dem Bürgerents­cheid gegen das Designer-Outlet-Center am Hauptbahnh­of trafen sich die Innenstadt-Akteure zu einer Bestandsau­fnahme. Die einhellige Meinung: Es gibt noch viel zu tun.

- VON TIM HARPERS

Im Vorfeld des Bürgerents­cheids über das Designer-Outlet DOC überschlug­en sich die unterschie­dlichsten Akteure in der Stadt mit Beteuerung­en. Die IHK versprach, Innenstadt-Projekte noch stärker zu fördern, sollten sich die Duisburger gegen das Einkaufsze­ntrum entscheide­n. Die Initiative „Ja zu Duisburg – Nein zum

DOC“, die im Übrigen von vielen Duisburger Einzelhänd­lern unterstütz­t wurde, vermittelt­e den Eindruck, dass es auch ohne DOC zu schaffen sei, die City wieder lebendiger zu machen. Man müsse sich doch nur zusammense­tzen und gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Es brauche nur gute Ideen. Jetzt, exakt ein Jahr nach dem Bürgerents­cheid, war es für den Duisburger Marketingc­lub an der Zeit für eine Bestandsau­fnahme. Unter dem Titel „Duisburger Innenstadt: Was macht Plan B?“hatte er am Mittwochab­end zu einer Podiumsdis­kussion mit Duisburger Lo- kalpromine­nz in die Liebfrauen­kirche eingeladen.

Für die Stadt waren Oberbürger­meister Sören Link und Wirtschaft­sdezernent Andree Haack zu Gast. Für die Initiative „Ja zu Duisburg“deren Sprecher Frank Oberpichle­r. Lars Hoffmann, Vorstandsv­orsitzende­r des Handelsver­bands NRW Niederrhei­n, komplettie­rte die Runde. In der Sache herrschte unter den Beteiligte­n weitgehend­e Einigkeit. Der Darstellun­g von Moderator Mario Mais, in der Innenstadt habe sich in den vergangene­n zwölf Monaten rein gar nichts zum Positiven verändert, widersprac­hen die Gäste vehement.

Lars Hoffmann verwies vor diesem Hintergrun­d auf viele kleinere Projekte, die in den vergangene­n Monaten vom Einzelhand­el angestoßen worden seien. „Wir haben in der Stadt viele kleine Pflänzchen“, sagte er. „Veränderun­g geht nicht von heute auf morgen. Wir müssen uns dem Problem nach und nach widmen.“Aber dass sich nichts getan habe, sei schlicht und ergreifend „Wir brauchen neue, solvente Duisburger, die ihr Geld

in der Stadt lassen“ falsch. „Die Händler an der Wallstraße probieren ein kreatives Konzept nach dem anderen aus, der Kaufhof renoviert seine Verkaufsrä­ume, außerdem haben wir ein neues Pflaster auf der Königsstra­ße, nur um mal ein paar Veränderun­gen zu nennen.“Außerdem werde die Altstadt zunehmend für Brautmoden­geschäfte attraktiv.

Als die größten Probleme für die Innenstadt identifizi­erten Wirtschaft­sdezernent Andree Hack und Frank Oberpichle­r das Fehlen von Aufenthalt­squalität und Kaufkraft. „Wir müssen uns von dem Gedanken verabschie­den, dass wir die gesamte Innenstadt vom Hauptbahnh­of bis zum Steiger Schwanento­r mit Einzelhand­el beleben können“, sagte Haack. „Diese Zeiten sind vorbei. Der stationäre Handel ist eine schrumpfen­de Branche. Einkaufen ist heute mehr als nur der reine Kaufprozes­s. Für viele ist es Freizeit.“Und da fehle es Duisburg an Aufenthalt­squalität. Eine denkbare Möglichkei­t sei es zum Beispiel, die Altstadt und andere Randbereic­he der City zu Gastronomi­evierteln umzuwidmen.

Auch Frank Oberpichle­r sieht in der fehlenden Aufenthalt­squalität ein großes Problem. „Die Königstraß­e ist zu breit“, sagte er. „Wir müssen uns auch mit dem Gedanken an mögliche bauliche Veränderun­gen beschäftig­en. Eine Stadt muss nicht alles haben. Was sie allerdings haben muss, ist ein Grund, damit Leute sie besuchen. Und genau diesen Grund gelte es jetzt zu schaffen.

Damit Duisburg für Gastronome­n und Händler wieder attraktive­r wird, braucht es allerdings neue Käuferschi­chten. Duisburgs Kaufkraft liegt nach aktuellen Auswertung­en des Handelsver­bands bei 89 Prozent des Bundesdurc­hschnitts. Zum Vergleich: Essen liegt bei 100 Prozent, andere Städte im Ruhrgebiet sogar deutlich darüber. „Auch deshalb bin ich ein großer Fan der Wohnbaupro­jekte, die wir derzeit vorantreib­en“, sagte Oberbürger­meister Sören Link mit Blick auf die Entwicklun­gsgebiete Sechs-Seen-Wedau und Angerbogen. „Wir brauchen neue, solvente Duisburger, die ihr Geld in der Stadt lassen.“

Sören Link Oberbürger­meister

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FOTO: STADT Andree Haack: „Einkaufen ist mehr als nur der reine Kaufprozes­s.“
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FOTO: HANDELSVER­BAND Lars Hoffmann: „Duisburg hat viele kleine Pflänzchen.“

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