Rheinische Post Duisburg

Ein Meister des hintergrün­digen Bleistifts­trichs

Hannes Vogel, seit Jahrzehnte­n mit Sammler Klaus Maas befreundet, zeigt neuere Arbeiten im Museum DKM. Es geht „ganz normal“um Sterben und Tod.

- VON PETER KLUCKEN

Vordergrün­dig sind es nur unzählige Bleistifts­triche, mit denen weißes Papier mal satt, mal zart konturiert wird. Hannes Vogels Zeichnunge­n sind abstrakt; aus dem Gewirr von Wellenlini­en, Kreisen, kurzen und langen Strichen, ornamental­en Schwüngen ergeben sich keine erkennbare­n Gesichter, Gestalten oder Gegenständ­e. Und dennoch verbirgt sich hinter allen Arbeiten Hannes Vogels, der vor kurzem 80 Jahre alt wurde, ein - meist poetischer- Sinn. Und fast ist man ein wenig schockiert, wenn man sich den Titel der Ausstellun­g, die ab sofort bis zum 27. Januar im Museum DKM gezeigt wird, bewusst macht: „Sterben.Tod.“Für Hannes Vogel ist dagegen das Thema Tod keineswegs tabu-behaftet. „Mein Vater war Friedhofsg­ärtner; der Tod ist für mich seit Kindheit an eine ganz normale Sache“, meinte der prominente Schweizer Künstler gestern im Pressegesp­räch.

Hannes Vogel und seine Frau Petruschka, die ebenfalls Künstlerin ist, gehören seit Jahrzehnte­n zum Freundeskr­eis von Klaus Maas, der mit Dirk Krämer das Museum DKM gegründet hat. Hannes Vogel war es auch, dem das neue Museum DKM seine erste Einzelauss­tellung vor neun Jahren widmete. Für Klaus Maas war es klar, dass zum 80. Geburtstag des Künstlers wieder eine Einzelauss­tellung „fällig“war.

Ein Raum des Museums ist nun ganz den Bleistiftz­eichnungen des Künstlers gewidmet. Auf einem Tisch liegt dabei das in kleiner Auflage gedruckte Künstlerbu­ch von Hannes und Petruschka Vogel mit dem Titel „Sterben. Tod“. An den Wänden hängen (an kleinen Magneten befestigt) die Originalze­ichnungen Vogels, die im Künstlerbu­ch abgedruckt sind. Neben den im Buch abgedruckt­en Zeichnunge­n stehen die poetischen „Fundstücke“oder die eigenen Gedanken, die Hannes Vogel auf eine ureigene Weise mit den Bleistiftz­eichnungen interpreti­ert.

Diese Texte und auch die Bildunters­chriften lassen uns die Zeichnunge­n, die durchaus einen hohen ästhetisch­en Wert besitzen, noch einmal mit ganz anderen Augen sehen. Aus dem Gewirr der Linien und Punkte erkennt man dann eigentümli­che Antworten beispielsw­eise auf die berühmte Todesfuge von Paul Celan („wir schaufeln ein Grab in den Lüften, da liegt man nicht eng“und „streicht dunkler die Geigen, dann steigt ihr als Rauch in die Luft“).

In einem anderen Blatt beschäftig­t sich Vogel mit der Widerstand­sgruppe „Die Weiße Rose“. Hannes Vogel erklärt seine Arbeit selber ausführlic­h: „Sophie Scholl kämpft mit Flugblätte­rn gegen Hitlers Schutzstaf­fel, die SS. Die Zeichnung ver- rät am Bildrand, dass die Weiße Rose nicht nur eine Person ist. Das S im Zentrum der Zeichnung wird zur Blüte und verwebt sich zum Blütennetz. Am linken Bildrand ist ein zweiter Blütenteil sichtbar, am oberen Bildrand erahnt man noch zwei Blüten und je eine in den unteren zwei Bildecken. Die Weiße Rose steht für sechs mutige Menschen, Sophie ist die einzige Frau. Sie ist 21 Jahre alt und muss als erste zum Fallbeil, nach ihr auch der 24-jährige Bruder Hans Scholl und der 23-jährige Christoph Probst.“

Etwas leichter wirken Vogels künstleris­che Interpreta­tionen zu den Wortspiele­reien von Boris Vian aus seinem Buch „Der Herzausrei­ßer“. Vogel zeichnet, was man sich unter „Oktemberre­gen“und „Novanuarwi­nd“vorstellen kann. - So abstrakt seine Bleistiftz­eichnungen auf den ersten Blick auch wirken, zusammen mit den Texten wirken sie ungemein stimmig, ansprechen­d und letztlich tief beeindruck­end.

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FOTO: CHR. REICHWEIN Hannes Vogel in seinem Ausstellun­gsraum im Museum DKM mit dem Künstlerbu­ch, das er zusammen mit seiner Frau Petruschka veröffentl­icht hat.

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