Daimler kassiert erneut Gewinnziele
Der Konzerngewinn ist das dritte Quartal in Folge zurückgegangen. Der Dieselskandal wird immer mehr zur Belastung für den Autohersteller und wirft einen dunklen Schatten auf die Bilanz von Konzernchef Dieter Zetsche.
MÜNCHEN (rtr) Wegen immer neuer Belastungen aus dem Dieselskandal hat Daimler erneut sein Gewinnziel gekappt. 2018 werde das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um mehr als zehn Prozent zurückgehen, teilte der Konzern am Freitag mit. Verantwortlich seien vor allem höhere Kosten „im Zusammenhang mit den laufenden behördlichen Verfahren und Maßnahmen in verschiedenen Regionen“für Dieselautos. In der Pkw-Sparte Mercedes-Benz brach der operative Gewinn im dritten Quartal um mehr als ein Drittel ein. Auch Altlasten aus dem Kältemittel-Streit schlugen ins Kontor. Zudem gibt es in der Lieferwagen-Sparte Probleme wegen der Umstellung auf die schärferen Abgasmessregeln WLTP. In der Bussparte ging die Nachfrage zurück.
Die vielen Widrigkeiten veranlassten Daimler zu einer „Neueinschätzung der Ergebniserwartungen“– und zur zweiten Gewinnwarnung innerhalb von vier Monaten. Die Börse reagierte entsprechend schockiert: Die Aktie des Dax-Konzerns stürzte vorübergehend um mehr als fünf Prozent auf ein Fünf-Jahres-Tief ab und riss auch andere Autowerte mit sich.
Wie Daimler weiter mitteilte, lagen die vorläufigen Ergebnisse für das dritte Quartal „nun auch deutlich unter den Markterwartungen“. Das Ebit schrumpfte auf 2,488 Milliarden Euro, nach 3,409 Milliarden vor Jahresfrist – dies entspricht einem Minus von 27 Prozent. Damit ging der Konzerngewinn das dritte Quartal in Folge zurück.
Für den scheidenden Daimler-Chef Dieter Zetsche ist damit ein Abschied mit glänzenden Zahlen in weitere Ferne gerückt. Der langjährige Vorstandschef übergibt den Stab zum Ende der Hauptversammlung 2019 an Entwicklungschef Ola Källenius. Als letzten großen Akt hatte Zetsche im Juli die Umorganisation von Daimler auf den Weg gebracht. Der Konzern soll in drei rechtlich selbstständige Einheiten unter dem Dach einer Holding aufgeteilt werden: Mercedes-Benz (Pkw und Vans), Truck (Lkw und Bus) und Mobility (Finanz- und Mobilitätsdienste).
Im dritten Quartal waren Pkw und Vans die größten Sorgenkinder. Die Sparte Mercedes-Benz Cars verbuchte einen Gewinnrückgang auf rund 1,37 Milliarden Euro, was einem Minus von 35 Prozent entspricht. Das Lieferwagen-Segment fuhr gar in die roten Zahlen: Der Verlust belief sich auf 93 Millionen Euro, nach einem operativen Gewinn von 214 Millionen Euro vor Jahresfrist.
„Das Meiste sieht erstmal nach hausgemachten Gründen aus“, sagte ein Börsianer. Unter anderem habe Daimler mit dem Diesel-Abgasskandal, Auslieferungsproblemen bei Lieferwagen und einer schwächeren Nachfrage bei Bussen zu kämpfen. Das Analysehaus Evercore ISI schrieb, zu der Gewinn- warnung hätten vor allem Einmaleffekte rund um den Dieselskandal und den Kältemittel-Streit geführt.
Daimler hatte im Juni das Ergebnisziel für 2018 kassiert und damals als erster Dax-Konzern den globalen Handelsstreit als Grund angeführt. Zudem verwiesen die Schwaben auf die Kosten für den Rückruf von Dieselfahrzeugen. Insgesamt muss der Autobauer rund 774.000 Wagen wegen überhöhter Stickoxid-Emissionen in die Werkstätten beordern – ein Großteil davon war aber schon bei der 2017 angekündigten freiwilligen Rückrufaktion eingeplant. Im Sommer hieß es, die Auswirkungen auf die Rückstellungen für Rechtskosten seien noch nicht absehbar. Das Kraftfahrt-Bundesamt wirft Daimler vor, die Abgasreinigung durch eine unzulässige Abschalteinrichtung gedrosselt zu haben. Der Konzern will dagegen rechtlich vorgehen. In den USA laufen die Ermittlungen zu Abgasmanipulation noch, ein Bußgeld ist auch hier möglich.