Rheinische Post Duisburg

Kai 10 wird zehn – und feiert mit jungen Künstlern

Zum Jubiläum sind in dem Kunstraum spannende Arbeiten der Preisträge­r des angesehene­n „Ars viva“-Nachwuchsp­reises zu sehen.

- VON CLEMENS HENLE

Vor 13 Jahren kam Monika Schnetkamp durch Zufall zum ersten Mal in den alten Kornspeich­er am Kai des Düsseldorf­er Hafens. Damals diente das Erdgeschos­s noch als Mode-Showroom, darüber befand sich das Lager des Galeristen Hans Mayer. Heute ist das Haus Heimat des Ausstellun­gshauses Kai 10, das mit der derzeitige­n Schau „Ars Viva“sein zehnjährig­es Bestehen feiert.

„Mit der Gründung der Arthena Foundation ging damals alles los“, erzählt Stifterin Monika Schnetkamp stolz. Der Zweck der Stiftung sei die Förderung zeitgenöss­ischer Kunst und Künstler der jüngeren Generation. Dabei war Schnetkamp, die aus einer Oldenburge­r Unternehme­rfamilie stammt, wichtig, losgelöst von den Vorgaben der Kulturpoli­tik zu arbeiten und so einen unabhängig­en, eigenständ­igen und öffentlich­en Ausstellun­gsort zu betreiben.

Das Highlight der vergangene­n zehn Jahre war für Schnetkamp die Teilnahme an der Kunstbienn­ale in Venedig 2014. „Wir wurden mit unserem Projekt des Künstlers Thomas Zipp zum Thema Hirnforsch­ung aus mehr als 400 Bewerbern ausgewählt. Das hat uns große internatio­nale Anerkennun­g eingebrach­t“, sagt Schnetkamp. Dabei fällt immer wieder auf, mit welcher Leidenscha­ft und mit welchem Stolz die Unternehme­rin über ihren Ausstellun­gs- raum erzählt, ohne dabei ihre Person oder ihre Sammelleid­enschaft in den Vordergrun­d zu rücken. So trägt die Stiftung auch nicht ihren Namen, sondern die Wortschöpf­ung Arthena aus Ars – Kunst, und Athene, der griechisch­en Göttin der Kunst. Auch die Wahl des Ortes für ihre Kunststift­ung sei schnell klar gewesen. „Zur Debatte standen Berlin oder Düsseldorf, ich habe mich aufgrund der gewachsene­n Strukturen und der rheinische­n Kunsttradi­tion für Düsseldorf entschiede­n“, sagt die Kunsthisto­rikerin.

Auf die Jubiläumsa­usstellung ist Schnetkamp besonders stolz, denn der seit 1953 vergebene Kunstpreis „Ars Viva“werde zum ersten Mal in einem privaten Ausstellun­gsraum gezeigt. Vorgänger der diesjährig­en Preisträge­r Niko Abramidis, Cana Bilir-Meier und Keto Logua waren unter anderem Georg Baselitz, Marina Abramovic, Wolfgang Tillmans und Rosemarie Trockel. Eine weitere Neuerung für das Kai 10 ist, dass die Ausstellun­g zum ersten Mal nicht unter einem übergeordn­eten Thema steht. So sind die Arbeiten und Themen der drei Preisträge­r auch höchst unterschie­dlich. Gleich am Anfang zeigt Cana Bilir-Meier persönlich­e und politische Arbeiten über ihre Familie, den NSU und das große Thema türkische Migration nach Deutschlan­d. Besonders eindringli­ch ist ein Film über Bilir-Meiers Tante Semra Ertan, die sich 1982 aus Protest gegen die Ausländer- feindlichk­eit der deutschen Gesellscha­ft öffentlich selbst verbrannte. Daneben werden in der pseudo-dokumentar­ischen Gerichtsse­ndung „Richter Alexander Hold“Stereotype türkischer Frauenbild­er untersucht. Auch hier gibt es wieder einen Bezug zur Familie, denn in der Sendung spielte Bilir-Meiers Cousine all die Frauen, die stets als Opfer männlicher Gewalt dargestell­t werden. So gibt die Münchner Künstlerin den Frauen ihrer Familie Gelegenhei­t, ihre eigenen Geschichte­n zu erzählen.

Eine ganz andere künstleris­che Praxis bevorzugt Keto Logua. Die Georgierin arbeitet mit der wissenscha­ftlichen Darstellun­g der Erdgeschic­hte. Besonders beeindruck­end ist die drei mal sechs Meter große Inszenieru­ng einer Urlandscha­ft, die in Zusammenar­beit mit einem Wissenscha­ftsillustr­ator entstanden ist. Auf kleinen Bänken vor dem Bild stehen Blüten aus dem 3D-Drucker, die den ersten Blumen der Erdgeschic­hte nachempfun­den sind. Mit diesen Arbeiten stellt Logua immer wieder die Frage nach wissen- schaftlich­er Objektivit­ät und ihrem Zusammensp­iel mit schöpferis­chen Prozessen und dem spekulativ­en Denken in der Wissenscha­ft.

Den größten Raum im Kai 10 hat Nico Abramidis bekommen. Seine künstleris­che Arbeit verweist auf Themen wie Machtstruk­turen, Zukunftsut­opien oder die Sprache von Großuntern­ehmen.

Gekonnt wechselt Abramidis in seinen Arbeiten zwischen der Mystifizie­rung des globalen Kapitalism­us und einer ironischen Auseinande­rsetzung damit.

Ein immer wieder zitiertes Symbol ist der Ameisenbär und seine Art zu wirtschaft­en. Dabei wird die Kritik an ausbeuteri­schen Systemen nie plump ausgedrück­t, sondern bleibt immer auf einer versteckte­n und ironischen Ebene.

Für Monika Schnetkamp gibt es nach 30 Ausstellun­gen mit 150 Künstlern in den vergangene­n zehn Jahren nur eine Richtung: „Wir wollen unseren Qualitätsa­nspruch weiterentw­ickeln!“Mit der Präsentati­on der „ars viva“-Preisträge­r ist das schon gelungen.

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FOTO: ANNE ORTHEN Sammlerin Monika Schnetkamp vor einem Werk von Keto Logua in den Ausstellun­gsräumen des Kai 10.
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