„Die Mutmaßungen müssen durch Fakten untermauert werden“
RIAD/BERLIN (dpa/rtr) Die Bundesregierung wird Saudi-Arabien nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel vorerst keine Waffen mehr liefern. Die CDU-Chefin verurteilte die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi am Sonntagabend in Berlin „in aller Schärfe“. „Was Rüstungsexporte anbelangt, kann das nicht stattfinden, in dem Zustand, in dem wir im Augenblick sind“, sagte Merkel. Darin stimme sie all denen zu, die einen Stopp der ohnehin schon eingeschränkten Rüstungsexporte in die Golf-Staaten forderten.
Es gebe dringenden weiteren Klärungsbedarf durch die saudische Regierung, sagte Merkel. Zudem müssten die saudischen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Bundesregierung strebe auch eine internationa- le Abstimmung im Vorgehen gegen Riad an.
Zuvor hatten die westlichen Staaten den Druck auf Saudi-Arabien erhöht. „Aufklärung ist dringend notwendig. Die bisherigen im Rahmen der saudischen Untersuchung aufgestellten Mutmaßungen müssen durch glaubhafte Fakten untermauert werden“, forderten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in einer gemeinsamen Erklärung. US-Präsident Donald Trump sagte, die saudischen Äußerungen ließen Fragen offen.
Auf massiven Druck hin hatte Saudi-Arabien die Tötung Khashoggis im Istanbuler Konsulat eingeräumt – demnach kam der 59-Jährige bei einer Schlägerei um. Khashoggi habe sich widersetzt und sei in einen Würgegriff genommen worden. Laut türkischen Medienberichten wurde Khashoggi, der als Kritiker vor allem von Kronprinz Mohammed bin Salman bekannt war, jedoch im Konsulat gefoltert, getötet und sein Leichnam zerstückelt. SPD-Chefin Andrea Nahles sagte der „Bild am Sonntag“, das Verhältnis zu Saudi-Arabien gehöre „grundsätzlich auf den Prüfstand“. Sie drängte zudem Siemens-Chef Joe Kaeser, dem Beispiel anderer Konzernchefs zu folgen und diese Wo- che nicht an einer Investorenmesse in Riad teilzunehmen. Zuvor hatten bereits zahlreiche Größen aus Wirtschaft und Politik ihre Teilnahme an dem Gipfel abgesagt, darunter auch der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD).
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), regte in der „Welt am Sonntag“an, die Ausweisung saudischer Diplomaten zu prüfen. Die Bundesregierung solle mit allen europäischen Regierungen den USA klarmachen, „dass es sich hier um einen Testfall der moralischen Führungsrolle der USA handelt“. Trumps pro-saudische Politik „dürfte den Kronprinzen ermutigt haben zu glauben, dass es für ihn überhaupt keine Grenzen mehr gibt“. Leitartikel, Politik
Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens