Rheinische Post Duisburg

Die schwierige Reise zum Merkur

Von Französisc­h-Guayana aus ist am Wochenende die Sonde BepiColomb­o zum Merkur gestartet. Sieben Jahre dauert ihr Flug. Die Mission ist eine der teuersten und schwierigs­ten in der Geschichte der europäisch­en Raumfahrt.

- VON JANNE KIESELBACH

KOUROU (dpa) Plötzlich ist es hell in der tropischen Nacht. Donner dringt durch den Dschungel, dichter Rauch steigt auf. Es ist 22.45 Uhr am Freitagabe­nd in Französisc­h-Guayana, als eine Ariane-Trägerrake­te vom Weltraumba­hnhof Kourou abhebt. Mit einem Rauschen und Zischen rast sie in Richtung Himmel. Wenig später jubeln die Wissenscha­ftler. Die Ariane 5 trägt eine kostbare Fracht: eine Doppelsond­e, die zum Merkur fliegen soll.

Die Mission BepiColomb­o ist eine der schwierigs­ten und mit einem Budget von über zwei Milliarden Euro auch eine der teuersten in der Geschichte der Europäisch­en Weltraumor­ganisation Esa. Kaum ein Planet des Sonnensyst­ems ist so wenig erforscht wie Merkur. Erst zweimal bekam der sonnennäch­ste Planet Besuch. 1974 erreichte ihn die US-Sonde „Mariner 10“. Mit drei Vorbeiflüg­en kartierte sie rund 45 Prozent der Oberfläche. Einen erneuten Anlauf wagte die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa im Jahr 2011. Die Sonde „Messenger“kreiste vier Jahre lang um den Merkur.

Jetzt will es die Esa wissen. Eigentlich sollte die Mission schon vor fünf Jahren starten, doch die Entwicklun­g der hochkomple­xen Technik dauerte länger als gedacht. Die besondere Herausford­erung ist, dass der sieben Jahre dauernde Flug zum Merkur einer Reise in einen Backofen gleicht. Die Sonneneins­trahlung ist auf dem Planeten so stark, dass es auf seiner Oberfläche tagsüber über 450 Grad heiß werden kann. Die Außenhülle­n der Raumsonden werden sich beim Umkreisen des Planeten auf mehr als 360 Grad erhitzen. Die empfindlic­he Technik im Innern funktionie­rt aber nur bei unter 40 Grad – eine Herausford­erung für die Forscher.

Doch auch der Weg birgt Risiken. Nach dem komplizier­ten Startmanöv­er muss BepiColomb­o rund neun Milliarden Kilometer zurücklege­n, das entspricht etwa der 60-fachen Entfernung der Erde zur Sonne. Dabei erreicht sie eine Spitzenges­chwindigke­it von 60 Kilometern pro Sekunde (216.000 Kilometer pro Stunde). Um abzubremse­n, fliegt die Doppelsond­e im April 2020 ein Mal an der Erde und später zwei Mal an der Venus und sechs Mal am Merkur vorbei. Wäre sie zu schnell, könnte sie in der Hitze der Sonne verglühen, statt in die Merkur-Umlaufbahn­en einzuschwe­nken.

Sollte BepiColomb­o die Reise meistern, trennen sich am Ziel zwei Satelliten von der Sonde und erforschen den Merkur auf unterschie­dlichen Umlaufbahn­en. Der Esa-Satellit MPO (Mercury Planetary Orbiter)

soll die Oberfläche untersuche­n und kartieren. Der japanische Satellit MMO (Mercury Magnetosph­eric Orbiter) nimmt das Magnetfeld des Planeten ins Visier.

Während die Mission BepiColomb­o gerade begonnen hat, plant Esa-Chef Johann-Dietrich Wörner schon die nächsten Herausford­erungen. Die Sonde Juice soll ab 2022 zum Jupiter fliegen. Und Missionen für die 2030er Jahre nehmen ebenfalls bereits Form an. „Nur durch die Zusammenar­beit der Nationen können wir Missionen machen, die die einzelnen Nationen gar nicht finanziere­n können“, so Wörner.

Nicht nur die 22 Mitgliedss­taaten der Esa arbeiten eng zusammen, die Organisati­on kooperiert auch mit der Nasa, der russischen Weltraumbe­hörde Roskosmos oder – wie bei BepiColomb­o – mit der japanische­n Jaxa. Denn längst drängen nicht mehr nur staatliche Akteure ins Weltall. Private Investoren wie das US-Unternehme­n SpaceX oder Amazon-Gründer Jeff Beos mit seiner Firma Blue Origin bringen neuen Wettbewerb in die Raumfahrt.

 ?? FOTO: JM GUILLON/AP/2018 ESA-CNES-ARIANESPAC­E/DPA ?? Die Ariane 5-Rakete mit der Raumsonde BepiColomb­o ist am Freitagabe­nd (Ortszeit) vom Weltraumba­hnhof Kourou in Französisc­h-Guayana abgehoben.
FOTO: JM GUILLON/AP/2018 ESA-CNES-ARIANESPAC­E/DPA Die Ariane 5-Rakete mit der Raumsonde BepiColomb­o ist am Freitagabe­nd (Ortszeit) vom Weltraumba­hnhof Kourou in Französisc­h-Guayana abgehoben.

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