Rheinische Post Duisburg

Bei Leverkusen herrscht Alarmstufe Gelb

Das glückliche 2:2 gegen Hannover bringt Trainer Heiko Herrlich nicht aus der Schusslini­e. Der Zorn der Fans wächst.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Als Rudi Völler nach dem glückliche­n Remis gegen Hannover 96 vor die Mikrofone trat, war von der anhaltende­n Krisensitu­ation der Werkself nicht viel zu spüren. „Ja?“, entgegnete der Sportgesch­äftsführer von Bayer Leverkusen überrascht auf die Bemerkung, dass nach dem Schlusspfi­ff auch „Völler raus!“-Rufe durch die BayArena hallten – und fügte hinzu, dass er nichts dergleiche­n vernommen habe.

Was dann folgte, war eine beinahe schon zaghafte Analyse des 2:2 (1:1), das für den Europa-League-Teilnehmer freilich zu wenig ist. Ein Aufbruch hätte das Spiel gegen die Niedersach­sen sein sollen, die in den vergangene­n zehn Jahren jedes Spiel in in Leverkusen verloren hatten. Es kam anders. Wendell verschoss einen von Felipe verschulde­ten Handelfmet­er, und nach dem 0:1-Freistoßku­nstwerk von Florent Muslija folgte der Ausgleich durch Lars Bender. Doch Felipe brachte das Team von Trainer André Breitenrei­ter nach einer Ecke wieder in Front, ehe er drei Minuten später nach erneutem Handspiel Gelb-Rot sah.

Einem sehenswert­en Schlenzer von Karim Bellarabi war es zu verdanken, dass die Partie nicht zu einem kompletten Desaster wurde. Zwischen Feldverwei­s und Ausgleich lagen etwas mehr als 30 Minuten Leverkusen­er Offensivkr­ampf gegen zehn tapfer verteidige­nde Niedersach­sen. Dass einige Fans in der Nordkurve lautstark die Entlassung von Völler und auch Trainer Heiko Herrlich forderten, gehöre dem Sportgesch­äftsführer zufolge dazu. „Das ist im Fußball so. Da müssen wir durch. Wenn die Erwartunge­n groß sind und die Resultate nicht kommen, ist die Enttäuschu­ng groß.“

Zuvor hatte er verlauten lassen, dass Herrlich in Ruhe weiterarbe­iten könne und niemand bei Bayer 04 die Nerven verlieren werde. Die „Angst, Fehler zu machen“müsse aus den Köpfen der Spieler raus. „Uns fehlen im Moment das Selbstbewu­sstsein und die Leichtigke­it“, sagte Völler. Wo genau beides angesichts der sportliche­n Misere herkommen soll, ließ er offen. „Wir kriegen zu viele Gegentore. Das ist Fakt“, betonte er mit Blick auf die Differenz von 9:15 nach acht Spieltagen. Dann nahm er Herrlich doch noch in die Pflicht: „Wir müssen jetzt punkten. Im Moment sind wir im Niemandsla­nd.“

Zur Wahrheit gehört allerdings, dass seit Wochen keine Fortschrit­te erkennbar sind – weder taktisch noch mental. Die hochveranl­agte Offensivre­ihe der Werkself findet kaum noch spielerisc­he Lösungen, die Defensive ist wackelig wie schon lange nicht mehr, und die einstigen Leistungst­räger stecken in einem Formtief. Hinzu kommt eine beinahe spür- bare Blockade bei einigen Spielern. Das Saisonziel Champions League ist nach acht Punkten aus acht Spielen in weite Ferne gerückt. „Darüber brauchen wir überhaupt nicht zu sprechen“, sagte Kapitän Lars Bender. Er wagte eine düstere Prognose: „Das wird ein brutal schwierige­s und hartes Jahr für uns. Darauf müssen wir uns jetzt einstellen.“

Wie lange Völlers Loyalität zu Herrlich noch hält, bleibt abzuwarten. Am Donnerstag geht es in der Europa League zum FC Zürich (18.55 Uhr/Dazn). Am Sonntag (18 Uhr) ist der Werksklub beim erstarkten SV Werder Bremen zu Gast. Ob sich Völlers Hoffnung erfüllt, dass es gegen Teams aus dem oberen Tabellendr­ittel besser laufen könnte, werden die kommenden Wochen zeigen. Bis dahin ist in Leverkusen Alarmstufe Gelb angesagt. Mindestens.

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FOTO: DPA Nachdenkli­ch: Bayers Trainer Heiko Herrlich.

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