Rheinische Post Duisburg

Lewis Hamilton verzockt sich

Die Titelentsc­heidung in der Formel 1 ist vertagt. In Austin geht die Reifentakt­ik des Mercedes-Teams nicht auf. Vettel wird Vierter.

- VON JENS MARX UND CHRISTIAN HOLLMANN

AUSTIN Lewis Hamilton muss auf seinen fünften Formel-1-Titel noch warten. Beim Taktik-Krimi in den USA verzockte das Mercedes-Team am Sonntag die erste Chance zur vorzeitige­n WM-Entscheidu­ng und ließ Ferrari-Rivale Sebastian Vettel einen letzten Funken Hoffnung. Wegen einer misslungen­en Reifenstra­tegie musste Hamilton in Austin dem Finnen Kimi Räikkönen den Sieg überlassen und wurde hinter Max Verstappen im Red Bull sogar nur Dritter. Auch Platz zwei hätte dem Briten nicht zum WM-Triumph im viertletzt­en Saisonrenn­en genügt, weil Vettel nach einem Crash in Runde eins noch Vierter wurde.

Für den 39 Jahre alten Räikkönen war es der erste Erfolg seit seiner Rückkehr zur Scuderia vor vier Jahren. Zuletzt hatte Räikkönen am 17. März 2013 in Australien im Lotus gewonnen. Mit seiner klugen Fahrt in Austin leistete der Weltmeiste­r von 2007 endlich einmal auch wichtige Schützenhi­lfe für Vettel. Doch das dürfte zu spät kommen.

Vor dem Grand Prix in Mexiko in der kommenden Woche liegt Hamilton nun 70 Punkte vor Vettel. Holt der Deutsche dann nicht mindestens 21 Zähler mehr als der WM-Führende, ist das Titelrenne­n endgültig gelaufen und Hamilton auf einer Stufe mit dem fünfmalige­n Champion Juan Manuel Fangio aus Argentinie­n. Nur Michael Schumacher hat mit sieben Triumphen noch zwei mehr.

In Austin hatte Hamilton vom ersten Training an das Tempo vorgegeben. In der Qualifikat­ion sicherte er sich die 81. Pole Position seiner Karriere. Weil Vettel bei den Übungsrund­en bei Roter Flagge nicht langsam genug gefahren war, musste er als Fünfter starten.

Schon nach wenigen Metern setzte sich Raikönnen auf den weicheren und schnellere­n Reifen neben den Silberpfei­l-Piloten und quetschte sich auf Platz eins. Hamilton gab nach. Er wusste ja, dass ihm noch genug Zeit blieb, das Rennen wieder zu wenden.

Vettel hingegen überstand Runde eins zum wiederholt­en Mal nicht unbeschade­t. Beim Zweikampf mit Daniel Ricciardo touchierte er den Red Bull des Australier­s, drehte sich

und fand sich plötzlich auf Platz 15 wieder. Die WM schien endgültig verloren. Vorn behauptete Räikkönen zwar die Führung, doch Hamilton hätte zu diesem Zeitpunkt auch Platz zwei zum Titelgewin­n gereicht. Dann begann der Strategiep­oker. Als Ricciardo seinen Red Bull mit einem Defekt in der Auslaufzon­e abstellen musste, nutzte Mercedes das Tempolimit durch das Virtuelle Safety-Car für einen Reifenwech­sel bei Hamilton. So verlor der Champion deutlich weniger Zeit gegenüber Räikkönen an der Box. Ferrari hatte auf einen Stopp verzichtet.

Hamilton kehrte als Dritter zurück auf die Strecke, kurz darauf machte ihm Teamkolleg­e Valtteri Bottas auf Hinweis vom Kommandost­and brav Platz. Mit Riesenschr­itten reduzierte er den Rückstand auf Räikkönen. In Runde 21 musste der Ferrari-Pilot an die Box, nun lag Hamilton wieder vorn.

Weil kurz darauf auch Red-BullFahrer Max Verstappen, der von Rang 18 grandios vorgefahre­n war, und Bottas an die Box kamen, lag Vettel in Runde 23 kurz auf Rang zwei. Doch die Reifen des Deutschen waren hinüber. Bevor er in Runde 27 zur Garage abbog, waren Räikkönen und Verstappen schon wieder an ihm vorbei.

Doch der Tag war noch nicht gelaufen. Hamiltons Reifen bauten rapide ab. Die Erwartung von Ferrari, dass der Brite noch einmal frische Gummiwalze­n benötigen würde, bestätigte sich in Runde 38. Plötzlich war Hamilton nur noch Vierter. 17 Runden blieben ihm für seine Aufholjagd. Mit schnellen Runden ging er zunächst an Bottas vorbei und schloss dann zu Räikkönen und Verstappen auf. Doch es reichte nicht mehr. Hamilton probierte zwar alles, doch sein Überholver­such gegen Verstappen scheiterte. Dann überholte Vettel auch noch Bottas. Hamiltons Titelparty wird damit wohl wie schon im Vorjahr wieder in Mexiko steigen.

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FOTO: ERIC GAY/AP/DPA Der Finne Kimi Räikkönen (Team Scuderia Ferrari) passiert den Briten Lewis Hamilton (Team Mercedes).

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