Bonn entdeckt den alten Malerfürsten
Die Bundeskunsthalle präsentiert jetzt jene Künstler, die Ende des 19. Jahrhunderts beliebt waren.
BONN Wer schon einmal die Münchner Prinzregentenstraße hinuntergefahren ist, kennt die Villa des Malerfürsten Franz von Stuck kurz vor dem Friedensengel. Es ist ein prächtiger, zweiflügeliger Bau mit Anleihen an den Klassizismus, griechischen Statuen, dorischen Säulen und Art-Déco-Verzierungen. Von Stuck ist neben Franz von Lenbach, Hans Makart oder Jan Matejko einer der Maler, mit denen sich die sehr sehenswerte Ausstellung „Malerfürsten“in der Bundeskunsthalle beschäftigt. Von den 1860er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg bestimmten diese Männer das künstlerische und gesellschaftliche Leben in München, Wien und Krakau, aber auch in Paris und London.
Ihre prachtvollen, historisierenden Villen dienten dabei als Verkaufsraum, Ort für rauschende Feste, als Atelier und natürlich zur Selbstdarstellung des eigenen Lebensstils. Das neureiche Bürgertum, aber auch der Adel kauften nicht nur ein Bild der angesagtesten Künstler ihrer Zeit, sondern gleichzeitig eine Marke, mit der man seinen Reich- tum und seine gesellschaftliche Stellung zur Schau stellen konnte. So bestellte allein Otto von Bismarck 80 Portraits bei Franz von Lenbach, einem gerade in den Adelsstand erhobenen Sohn eines oberbayerischen Maurers.
Mit vielen zeitgenössischen Fotografien wird die Geschichte der Malerfürsten in Bonn bebildert. Waren Maler wie von Lenbach doch die ersten, die die Vorteile der damals neuen Technik erkannten. Ein Foto ersparte dem Portraitierten die lange Anreise in seine Münchner Villa im toskanischen Stil und das stundenlange Modellsitzen. Eine weitere Gemeinsamkeit der Malerfürsten war – wie etliche Bilder in der Ausstellung belegen – zu Werbezwecken und um ihre malerischen Fähigkeiten zu zeigen, zahlreiche Selbstportraits und Bilder ihrer Familie anzufertigen. Ein ganzer Saal in Petersburger Hängung verdeutlicht diese Strategie der Malerfürsten. In unterschiedlichen malerischen Stilen aber doch immer unverkennbar wird hier glückliches Familienleben inszeniert.
Dass das Phänomen der Malerfürsten bis heute wenig Beachtung gefunden hat, liegt vor allem an ih- rer nach langläufiger Meinung geringen kunstgeschichtlichen Bedeutung. Brachten sie doch, vor allem im Vergleich zu ihren französischen Zeitgenossen, wenige neue Impulse in die Malerei. Denn während westlich des Rheins Manet mit „Das Frühstück im Grünen“und Courbet mit „Der Ursprung der Welt“für eine malerische und moralische Revolution sorgten, wurde im gerade ge- einten Deutschland ein historischer Stil, orientiert an den Alten Meistern, bevorzugt.
Dass die Malerfürsten trotzdem wichtig für die Entwicklung der künstlerischen Moderne waren, liegt vor allem in ihren Rollen als moderne, bürgerliche Geschäftsmänner, begnadete Netzwerker und Meister der Selbstinszenierung, wie die Bonner Ausstellung zeigt. Denn galten hier doch weniger künstlerische Kriterien oder die Qualität der Arbeiten als vielmehr die materiellen Aspekte. Dies kann als Vorwegnahme des modernen Kunstmarktes angesehen werden, der sich bei der Bewertung von künstlerischer Arbeit stark am Marktpreis und der Verkaufbarkeit orientiert.
Die Bonner Schau gibt so einen höchst erhellenden Einblick in einen von der Wissenschaft und der musealen Aufarbeitung ausgeblendeten Teil der Kunstgeschichte und zeigt die Wirkmacht der Malerfürsten für die moderne Kunstwelt.
Info bis 27. Januar 2019; Bundeskunsthalle, Friedrich-Ebert-Allee 4; weitere Infos unter der Rufnummer: 0228 9171200