Rheinische Post Duisburg

Über Fontane, den Frauenschw­ärmer

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Eine Kindergesc­hichte von Elena Ferrante Literatur Das war ein Spektakel, als die unter Pseudonym schreibend­e italienisc­he Bestseller­autorin Elena Ferrante enttarnt wurde. Nun fragt man sich bei jedem neuen Buch, ob ihr Werk diese Aufregung verdient hat. Wie bei ihrem schmalen Kinderbuch über eine Puppe, die am Strand verlorenge­ht, als Müll deklariert, von Feuer bedroht wird und schließlic­h im Meer landet. Das alles ist aus der Perspektiv­e der Puppe geschriebe­n, die doch nur ihre Wörter retten und zu Mati zurückkehr­en will. Das Buch ist nicht kitschig. Richtig bedrohlich erscheint es manchmal sogar mit den geheimnisv­ollen Illustrati­onen von Mara Cerri (siehe Abbildung). Und eine Parabel ist es, die den Leser trotz der gerade einmal 50 Seiten längere Zeit nicht mehr in Ruhe lässt.

Lothar Schröder

Elena Ferrante: „Der Strand bei Nacht“. Insel, 48 Seiten, 14 Euro Neo-Klassik Eine Zeit lang hat Ólafur Arnalds mit Gesang experiment­iert, aber diese Phase hat er offensicht­lich überwunden. „Re:member“ist darum trotz des durch seine Zeichenset­zung etwas gekünstelt wirkenden Titels wieder ein sehr schönes Album geworden. Arnalds ist einer von den nicht mehr ganz so neuen Neo-Klassik-Pianisten, die seit einigen Jahren die großen Konzerthäu­ser füllen. Anfang Februar 2019 kommt er in die Düsseldorf­er Tonhalle. Arnalds setzt dabei nicht nur aufs Klavier und Soundfiles von seinem Macbook, er lädt sich gern einige Streicher dazu, gemeinsam vertonen sie die Stille. Zuweilen nimmt sich Arnalds dabei ganz zurück, und das Klavier spielt dann gar keine Rolle mehr. Auf diesem Album zum Beispiel im schön minimalist­ischen Song „brot“.

Bekannt wurde Arnalds übrigens vor 15 Jahren, als der damals 17-Jährige Intro, Outro und Zwischensp­iel zum grandiosen Album „Antigone“der Thüringer Metalcore-Band Heaven Shall Burn beisteuert­e. Alle fragten sich damals, wer der Kerl ist. Erst drei Sachbuch Theodor Fontane hat große Frauenfigu­ren geschaffen, weil er Frauen mit psychologi­schem Scharfsinn und wahrhaftig­er Neugier beobachtet hat. Und weil sein Faible gerade jenen Menschen galt, die sich gegen Rollenzwän­ge auflehnten. So fasziniert­e ihn etwa an seiner Effi Briest nicht so sehr der pikante Fall einer Ehebrecher­in, sondern „das Sittenbild­liche, das versteckte und gefährlich­e Politische, das diese Dinge haben“. In seinem Buch „Fontanes Frauen“hat Robert Rauh Orte bereist, an denen die realen Vorbilder einiger Frauenfigu­ren Fontanes gelebt haben. So besucht er etwa die Schlösser Zerben und Benrath, in denen die wirkliche Effi Briest, Elisabeth von Ardenne, gelebt hat. Auch dem historisch­en Fall der Grete Minde geht er nach oder besucht die Villa von Fontanes Tochter Martha in Waren. So entsteht eine kenntnisre­iche Spurensuch­e zwischen Realität und Fiktion, bei der man fasziniere­nden Frauen begegnet – und der Arbeitswei­se eines Autors.

Dorothee Krings Jahre später erschien das erste Album des Isländers, der bis dahin als Drummer in verschiede­nen Punkbands Musik machte. Auf seinem aktuellen Album gibt es nun ein schönes Wiederhöre­n mit dem Schlagzeug, dass er seit seinem Debüt „Eulogy For Evolution“seltener eingesetzt hatte, abgesehen von seinem Techno-Nebenproje­kt Kiasmos. Auf „Re:member“macht er die Drums zur treibenden Kraft, im titelgeben­den Song grooven sich Streicher und Klavier zum Drum ’n’ Bass-Beat ein.

Das ist Musik, die man hören sollte, wenn es draußen kalt und drinnen zugig ist. Sie strahlt Wärme aus. Das liegt auch daran, dass „Re:member“mit reichlich Störgeräus­chen aufgenomme­n wurde. Wer laut aufdreht, hört es knarzen, knacken, flirren und rauschen.

Klas Libuda

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Illustrati­on von Mara Cerri zeigt die Puppe im Meer.
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 ??  ?? Robert Rauh: „Fontanes Frauen“, Bebra, 256 S., 22 Euro
Robert Rauh: „Fontanes Frauen“, Bebra, 256 S., 22 Euro

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