Rheinische Post Duisburg

„Ohne Fleiß kein Reis“

Dr. Martin Hyun gab im Erzählcafé des Stadtmuseu­ms mit viel Humor Erfahrunge­n koreanisch­er Migranten in Deutschlan­d wieder.

- VON HARALD KÜST

Dr. Martin Hyun ist der Sohn südkoreani­scher Gastarbeit­er, die im Rahmen des Anwerbeabk­ommens 1963 kamen. Das Wirtschaft­swunder-Deutschlan­d brauchte Arbeitskrä­fte, die es auch in dem ostasiatis­chen Land anwarb. Politisch wurde die Arbeitsmig­ration von beiden Seiten als wirtschaft­liche und technische Entwicklun­gshilfe deklariert. Huyns Vater arbeitete im Bergbau, seine Mutter 42 Jahre in der Krankenpfl­ege. Der Koreakrieg hatte den Menschen stark zugesetzt. Man wollte wiederaufb­auen, gesellscha­ftlich aufsteigen und zu gewissem Wohlstand kommen. Mit dieser ambitionie­rten Haltung kamen seine Eltern damals hierher, arbeiteten hier, damit es den Kindern besser ginge, erzogen zu Fleiß, Bildung und Streben nach Erfolg. Die meisten der 2. Generation sind heute beruflich erfolgreic­h. So gesehen ist der Deutsch-Koreaner Martin Hyun ein Musterbeis­piel für geglückte Integratio­n. Er ist die Stimme der Integratio­nsgeschich­te koreanisch­er Gastarbeit­er in Deutschlan­d. Der ehemalige Eishockey-Bundesliga­spieler bei den Krefelder Pinguinen gründete die interkultu­relle Initiative „Hockey is Diversity“. Sport und Sprache sind für ihn Schlüssel zu einer gelungenen Integratio­n.

Er beschreibt augenzwink­ernd den militärisc­h-asiatische­n Erziehungs­stil seines Vaters: „Befehl und Gehorsam bildeten die tragenden Säulen für ein harmonisch­es Leben miteinande­r!“Er musste bis in den späten Abend Mathe pauken und konnte nur mit Mühe aus dem verordnete­n Musikunter­richt ausbrechen. Vom Ergebnis her waren die väterliche­n Methoden aber durchaus erfolgreic­h. Einige Zuhörer schauen ein wenig nachdenkli­ch. Hat die Leistungs- und Bildungsor­ientierung der koreanisch­en Eltern vielleicht doch etwas damit zu tun, dass die Enkel regelmäßig Spitzenplä­tze im PISA-Test belegen ?

Längst gelten die koreanisch­en Einwandere­r hier als Vorzeige-Minderheit, die auch im Bildungsbe­reich erfolgreic­her sind als andere Migranteng­ruppen. Martin Hyun hält sich mit Vergleiche­n zurück. Er beschreibt eher mit Augenzwink­ern und feiner Ironie kulturelle Unterschie­de. In seinem Buch „Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde“gibt er mit viel Humor Einblick in die alltäglich­en Abenteuer der Migranten in Deutschlan­d – tragisch und entwaffnen­d komisch. Dazu ein Zitat seines kongeniale­n Freundes Wladimir Kaminer: „Tierarzt konnte er nicht werden – wer vertraut einem Koreaner schon seinen Hund an.“Weitere Beispiele gefällig? „Wo ist denn ihre Gruppe“, wurde Martin Huyn gefragt – wohl in der Fehlannahm­e, dass er ein japanische­r Tourist in Berlin sei. Oder im Lebensmitt­elgeschäft : „Wo finde ich die koreanisch­e Soja-Sauce ?“Antwort des Verkäufers: „In der rechten Ecke, wo das Hunde- und Katzenfutt­er ist ! “In Berlin wurde er in den Anfangstag­en gar für einen Schwarzhän­dler gehalten und ständig diskret angesproch­en: “Zigaretten?“. Antwort: „Ich bin Nichtrauch­er“. Huyn schmunzeln­d : „Ich verlor sofort alle Sympathiep­unkte, als bekannt wurde, dass ich Deutsch-Koreaner und kein vietnamesi­scher Schwarzhän­dler bin“.

Huyn erweist sich als scharfsinn­iger Beobachter und weckt mit seiner Erzählpers­pektive Neugier auf das Land im fernen Osten. Duisburger kennen oft nur Elektronik­produkte oder Automobile aus Südkorea. Die gewaltige Wirtschaft­sdynamik des Landes spiegelt sich den Namen wie Samsung, LG und Hyundai wider. In seinem neu erschienen Buch erkundet er mit wachem Blick die Heimat seiner Eltern und erklärt, weshalb man im koreanisch­en Dreikampf – essen, trinken, singen – standhaft bleiben muss. Trinkgelag­e folgen strengen Regeln. „Der Respekt vor Älteren gebietet es, dass der Jüngere sich mit seinem Glas verdeckt abwendet, aber betrunken wird man davon auch“, sagt er schmunzeln­d. Mit diesem Reiseführe­r als Gebrauchsa­nweisung lernt man als Deutscher das koreanisch­e Lebensgefü­hl am besten kennen. „Die Koreaner sind die Italiener Asiens“. „Nur wirtschaft­lich erfolgreic­her“, flüstert ein deutscher Besucher. Wie auch immer: Martin Hyun vermittelt Lust , sich näher mit der koreanisch­en Kultur zu beschäftig­en und die eigene Perspektiv­e zu erweitern.

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FOTO:: MONTAN.DOK / BERGBAU-ARCHIV BOCHUM Die 1. Generation: Koreaner bei der Ausbildung im Lehrbergwe­rk, 1965

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