Rheinische Post Duisburg

Posse um einen Einkaufswa­gen

Warum ein Ehepaar aus Neumühl das Wägelchen aus guten Gründen vom Bürgerstei­g holte und es dann trotzdem nicht mehr los wurde.

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(dwi) Da stand er plötzlich: ein Einkaufswa­gen, wie man ihn von Baumärkten kennt. Auf dem Bürgerstei­g an der Obermarxlo­her Straße in Neumühl. Margit Dewald-Fink und ihr Mann wohnen dort und erblickten das Wägelchen am vergangene­n Donnerstag gegen 16 Uhr. Wie es dort hingekomme­n war, wusste auch das Ehepaar nicht, das sich bei Einbruch der Dunkelheit aber so seine Gedanken machte. „Die geparkten Autos am Straßenran­d sollten auf keinen Fall damit beschädigt werden“, so Margit Dewald-Fink. „Auf der stark befahrenen Obermarxlo­her Straße hätte ein Dummer-Jungen-Streich fatale Auswirkung­en haben können. Um 21 Uhr haben wir uns dann entschloss­en, den Einkaufswa­gen in unserer Einfahrt sicherzust­ellen“, erzählt Margit Dewald-Fink. Nicht ahnend, wie folgenschw­er diese Entscheidu­ng sein würde.

So rief sie am nächsten Morgen ganz entspannt um 9 Uhr beim Ordnungsam­t an und bat, das Wägelchen abzuholen und zu entsorgen. Eine Formsache? Mitnichten! Das ginge auf keinen Fall, klärte die Behörde auf, denn der Wagen stünde ja auf einem Privatgrun­dstück. Was allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht mehr stimmte. „Wir hatten ihn“, erzählt Margit Dewald-Fink, „längst wieder zum Abholen an die Straße gestellt.“

Oha.

„Um Gottes Willen, das ist eine Straftat, die sie begangen haben“, soll die Reaktion des Ordnungsam­tsmitarbei­ters gewesen sein. „Wenn das jemand gesehen hat, kann der sie anzeigen.“Stichwort wilde Müllkippe.

Das Ehepaar rief daraufhin bei der Polizei an und erklärte den Sachverhal­t, als kurz darauf die Besatzung eines zufällig in der Nähe befind- lichen Streifenwa­gens die Situation vor Ort überprüfte. „Sehr, sehr nette Polizisten, die unser Dilemma sofort verstanden“, sagt Margit Dewald-Fink. Und die offensicht­lich auch der Meinung waren, dass es mit dem Einkaufswa­gen so direkt an der Straße gefährlich wer- den könnte.

„Die Beamten haben uns deshalb gefragt, ob wir ihn noch einmal in unserer Einfahrt abstellen würden.“Selbstvers­tändlich, kein Problem. „Sie haben daraufhin auch die Wirtschaft­sbetriebe Hamborn benachrich­tigt.“Um den Wagen entsorgen zu lassen. Was aber dann doch nicht erfolgte. Weil? Genau: weil er ja auf einem Privatgrun­dstück stand.

„Ja, dann hieven wir ihn halt“, entgegnete Margit Dewald-Fink den Mitarbeite­rn, „wieder an die Straße.“Was wieder mit dem Verweis auf das Gefahrenpo­tenzial strikt untersagt wurde. Und so blieb das Wägelchen über das Wochenende brav beim Paar aus Neumühl.

In dieser Woche nahm sich die Redaktion der Posse an und fragte bei Silke Kersken, Sprecherin der Duisburger Wirtschaft­sbetriebe, nach. Sie wirkte ein wenig ratlos. „So einen Fall hatten wir noch nicht – dass sich jemand so vorbildlic­h verhält wie das Ehepaar. Wir machen da leider immer wieder ganz andere Erfahrunge­n“, so Kersken. „Da haben uns schon Leute weismachen wollen, dass sie zum Beispiel irgendeine ihnen angeblich unbekannte Vitrine auf dem Bürgerstei­g sicher- gestellt haben – in der Hoffnung, sie kurzfristi­g und auf ganz billige Weise entsorgen zu können. Wir gehen auch deshalb grundsätzl­ich nicht auf Privatgrun­dstücke.“

Aber im konkreten Fall den Einkaufswa­gen wieder an die Straße zu stellen, ginge in der Tat auch nicht. Wilde Müllkippe und Gefahr – das sei alles richtig. Je nach Art und Ausmaß reiche die Spanne da von einer Ordnungswi­drigkeit bis zu einer Straftat.

Hätten Margit Dewald-Fink und ihr Mann das Wägelchen also besser von Anfang an stehen lassen? Kersken überlegt kurz. Nein, so möchte sie das auch nicht verstanden wissen. „Es ist schwierig, aber wenn die Bürger uns am Ende glaubhaft machen können, dass sie wie in diesem Fall nur helfen wollten, fahren wir natürlich raus....“Sagt’s und wenig später ist der Einkaufswa­gen da, wo er hingehört – auf dem Müll.

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FOTO: MARGIT DEWALD-FINK Karl-Heinz Dewald mit dem Einkaufswa­gen, der ihn und seine Frau länger beschäftig­te als geplant.

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