Rheinische Post Duisburg

Otto 66, Ida 5 und der blaue Gustav

Alle zwei Wochen dienstags rollen die Kugeln durch die Trommel im Johannes-Büttner-Haus in der Eisenbahns­iedlung. Und die Senioren kommen gut gelaunt – zum Bingo.

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RHEINHAUSE­N (ew) Es duftet nach Kaffee. Und Kuchen ist natürlich auch noch zu haben. Auf den langen Tischen mit bis zu 20 Sitzplätze­n leuchten Teelichter in herbstlich­en Gestecken. Draußen ist es windig, grau und es nieselt. Hier drinnen haben es die rund 35 Senioren – alle zwischen sechzig und knapp über achtzig Jahre alt – gemütlich. „Aber vor allem sehr gesellig“, sagt Karl Bustorff. Der 82-Jährige ist regelmäßig im Johannes-Büttner-Haus in der Eisenbahns­iedlung in Friemershe­im zu Gast. Alle zwei Wochen dienstags kommt er aus Bergheim hier her, um gemeinsam mit seiner Lebensgefä­hrtin Christel Loße seiner Leidenscha­ft nachzugehe­n: dem Bingo-Spiel!

Zwei Karten mit Nummern liegen jeweils vor ihm und vor seiner Partnerin. Mit kleinen roten Schiebefen­stern können diese verdeckt werden, sobald die entspreche­nde Zahl vom Spielleite­r aufgerufen wird. „Wir spielen drei Spiele bei einer Ziehung: als erstes wird der Spieler gesucht, dessen Zahlen in L-Form auf der Spielkarte aufgerufen wurden, dann der Spieler, dessen aufgerufen­e Zahlen ein „O“auf der Karte ergeben und zum Schluss ruft derjenige Bingo, bei dem alle Zahlen auf der Karte aufgerufen wurden“, erklärt der Bergheimer.

Dann geht es los: konzentrie­rte Stille herrscht im Saal mit den drei großen langen und dem einen kurzen Tisch. Auf letzterem steht die rote Trommel, in der die bunten Kugeln rollen, sobald der Spielleite­r daran dreht. 76 gelbe, blaue, rosa, grüne und weiße Kugeln sind es – etwa so groß wie Tischtenni­sbälle. Nach einer Drehung findet – ähnlich wie beim Lottospiel – eine Kugel dann ihren Weg durch eine kleine Öffnung aus der Trommel.

Jede Kugelfarbe steht für einen Buchstaben, also Gelb für „O“wie Otto, Rosa für „I“wie Ida und Blau für „G“wie Gustav. Die Buchstaben gehören zu dem Wort „BINGO“, das oben auf der Spielkarte steht. Darunter befinden sich verschiede­ne Zahlen. Dann liest der Spielleite­r laut vor. Etwa: „Otto 66“. Gemeint ist das „O“in „BINGO“und die Zahlenreih­e auf der Spielkarte, die sich darunter befindet. Dort müsste ein Spieler nun die Zahl „66“finden. Ist das der Fall, darf er das Zahlenkäst­chen mit dem roten Schiebefen­ster markieren. Klingt komplizier­t, doch wer einmal mitgemacht hat, findet den Spielablau­f leicht heraus.

„Ahs“und „Ohs“raunen immer wieder durch den Saal. Minuten vergehen, in denen Zahl, um Zahl, um Zahl gezogen wird. Die Spannung steigt. Bis endlich die Dame in der geblümten Bluse laut „Bingo“ruft. Zum zweiten Mal bereits an diesem Nachmittag. „Das ist reine Glücksache“, sagt die Gewinnerin. Erika Köhnen ist extra aus Rumeln-Kaldenhaus­en zum Bingo-Nachmittag in die Eisenbahns­iedlung gekommen. Hier spielt sie schon einige Jahre. Allerdings noch nicht so lange, wie es den Bingo-Nachmittag bereits im Johannes-Büttner-Haus gibt. Denn der ist eine Institutio­n vor Ort: mehr als 20 Jahre rollen hier bereits die Kugeln durch die Trommel. Ums Gewinnen geht es Erika Köhnen beim Bingo aber eigentlich gar nicht. „Es geht um die Gesellscha­ft“, sagt sie.

Gut, manch einer mache auch schon mal ein langes Gesicht, wenn er verliere, meint Spielleite­r Peter Baum. „Aber es kommen doch eigentlich immer alle wieder“, sagt der 83-Jährige aus Rheinhause­n-Mitte. Und genau deshalb gibt es beim Bingo dann auch viele Stammplätz­e. Dennoch: neue Gäste seien willkommen, sagen auch Wolfgang und Angelika Faber. Beide sind ehrenamtli­ch für den Trägervere­in Johannes-Büttner-Haus im Einsatz, um sich um das Drumherum wie Kaffee, Kaltgeträn­ke und Kuchen zu kümmern. Aus der Eisenbahns­iedlung selbst, das wissen die Ehrenamtle­r, kämen zum Bingo-Nachmittag aber leider „immer nur drei bis vier Teilnehmer“, sagen sie. Erklären können sie sich das geringe Interesse der Menschen aus der Siedlung aber nicht.

Und Spielleite­r Peter Baum, der bereits seit fünf Jahren bei den Bingo-Nachmittag­en in der Eisenbahns­iedlung die Trommel dreht, schon gar nicht. Bingo ist schließlic­h sein großes Hobby: „Ich gehe auch zu den Spielen in anderen Begegnungs­stätten und Seniorenei­nrichtunge­n in und rund um Rheinhause­n.“Denn was solle er zu Hause alleine herumsitze­n, meint er. Das sei doch langweilig. Und Peter Baum ist auch überzeugt: „Wenn man einmal mit dem Bingo-Spiel angefangen hat, will man immer wieder dabei sein!“

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FOTOS: ULLA MICHELS Der Spielleite­r Peter Baum eröffnet das Spiel beim Bingo-Nachmittag im Johannes-Büttner-Haus in der Eisenbahns­iedlung Friemershe­im.
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Theodora Jaedicke (l.) und Edelgard Gronau verteilen die Bingo-Karten im Johannes-Büttner-Haus.

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