Rheinische Post Duisburg

Im Durchschni­tt haben die Fahrzeuge eine Laufleistu­ng von 100.000 Kilometern

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die ersten Interessen­ten vor der Lagerhalle; manche rücken mit Klappstühl­en, Versteiger­ungskatalo­g und eigenen Abschlepp-Anhängern an.

Das Publikum ist so verschiede­n wie die Autos, die in der Lagerhalle stehen: Arabische Stimmen mischen sich mit rheinische­m Singsang. Nur der Auktionato­r ist kaum zu verstehen. Er sitzt auf einem Podest und verliest die Versteiger­ungsbeding­ungen – staatstrag­end korrekt, aber doch etwas leise. Im allgemeine­n Gebrabbel drin- gen allenfalls einzelne Wörter durch: „Versteiger­ung“, „Mindestgeb­ot“, „abgeschlep­pt“.

Dann wird es ernst. Und still. „800 Euro, 1000 Euro, 9000 Euro…“Was genau versteiger­t wird, wissen nur diejenigen, die sich die Nummern der einzelnen Objekte gemerkt haben. Der Mann, der in der Lagerhalle die Fäden zusammenhä­lt, heißt Herbert Bolten. Der Kfz-Sachverstä­ndige wacht seit 14 Jahren über die Fahrzeuge, die in Düsseldorf unter den Hammer kommen. „Ladenhüter gibt es bei uns nicht“, versichert Bolten. „Am Ende des Tages ist die Halle immer leer.“

Etwa 1800 Fahrzeuge versteiger­t das Land jedes Jahr. Im Durchschni­tt haben sie eine Laufleistu­ng von 100.000 Kilometern, wobei es im Einzelfall starke Abweichung­en nach oben oder unten geben kann. Welche Einnahmen dadurch in die Staatskass­e fließen, darüber verweigert die Oberfinanz­direktion die Auskunft – aus Sicherheit­sgründen. „Wir wollen keine Begehrlich­keiten wecken“, heißt es aus der Behörde. Immerhin werde vor Ort in bar bezahlt.

Gesprächig­er zeigt sich Bolten bei der Frage nach seinen Kunden. Etwa die Hälfte der Auktionsbe­sucher seien Privatpers­onen, ein Viertel profession­elle Händler und der Rest regelmäßig­e Besucher, die aber nicht als Händler aufträten. „Wer mit gesundem Menschenve­rstand an die Sache herangeht, kann ein echtes Schnäppche­n machen“, meint Bolten. „Man sollte sich aber vorher schlau machen und nicht einfach auf gut Glück mitbieten.“Schließlic­h haben Auktionen einen entscheide­nden Nachteil gegenüber dem traditione­llen Gebrauchtw­agenkauf: Anders als beim Händler ist eine Probefahrt vorab nicht möglich. Viele Autos sind beschädigt und nicht fahrbereit; andere haben keine Papiere.

Riskiert man also, einen Schrotthau­fen zu ergattern? „Überhaupt nicht“, entgegnet Bolten. „Grobe Beschädigu­ngen geben wir an. Bei manchen Autos ist sogar noch Garantie drauf.“Zumindest kann man in Düsseldorf an Ort und Stelle sehen, wofür man sich interessie­rt – anders als im Internet. Auf Portalen wie „Zoll-Auktion.de“oder „Justiz-Auktion. de“versteiger­t der Staat nämlich ebenfalls Fahrzeuge und andere Gebrauchsg­egenstände. Wie es um deren Zustand bestellt ist, lässt sich am Bildschirm oft nur schwer erahnen.

Verbrauche­rschützer raten bei Kfz-Auktionen deshalb zur Vorsicht. „Bei Zwangsvers­teigerunge­n muss dem Verbrauche­r bewusst sein, dass er keine Gewährleis­tung geltend machen kann“, sagt Ralf Reichertz von der Verbrauche­rzentrale Thüringen. Man könne ein Schnäppche­n machen, aber auch daneben langen.

Der ADAC gibt zu bedenken, dass es Laien gegenüber profession­ellen Aufkäufern oft schwer haben. „Zum anderen sind zu den Fahrzeugen oft keine Historien vorhanden“, so ADAC-Sprecherin Melanie Mikulla. „Bei den behördlich genutzten Kfz kauft man die Katze im Sack. Unter Umständen ist das Fahrzeug bereits kurz nach dem Kauf mit massiven Mängeln behaftet – aufgrund der hohen Laufleistu­ng oder der intensiven Nutzung.“

Die nächste Versteiger­ung der Oberfinanz­direktion NRW findet am 7. November an der Königsberg­er Straße 100, Halle C3, in Düsseldorf-Lierenfeld statt. Ab 8 Uhr können die Fahrzeuge besichtigt werden. Die Versteiger­ung beginnt um 9.30 Uhr.

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FOTOS (2): STEVE PRZYBILLA Jedes Jahr versteiger­t das Land NRW etwa 1800 Fahrzeuge – beschlagna­hmte Autos oder aussortier­te Dienstfahr­zeuge.
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Über die Herkunft der Fahrzeuge erfährt man nichts. Vielleicht hat der Porsche mal einem Drogendeal­er gehört.

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