Rheinische Post Duisburg

„108 Häuser“gegen Wohnungslo­sigkeit

Rund 1200 Menschen, die von Wohnungslo­sigkeit bedroht sind, suchen jedes Jahr die Beratung des Diakoniewe­rks auf. Ein Projekt wie „108 Häuser“kann helfen, für bezahlbare­n Wohnraum zu sorgen.

- VON MIKE MICHEL

Udo Horwat bringt die Situation auf den Punkt: „Es gibt große Wohnungsno­t in den Großstädte­n und es fehlt an bezahlbare­n Wohnungen. Der soziale Wohnungsba­u kommt da nicht mehr nach“, sagte der Geschäftsf­ührer des Diakoniewe­rks Duisburg. Gemeinsam mit der Immobilien­kauffrau Svenja Lippka, Roland Meier von der Wohnungslo­senhilfe im Diakoniewe­rk und Helmut Baumgart vom Amt für Soziales und Wohnen zog Horwat gestern eine Zwischenbi­lanz des vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte­n Projektes „108 Häuser“. Denn obwohl in Duisburg rund 10.000 Wohnungen leer stehen und es lediglich eine kleine Gruppe von etwa 15 bis 20 Menschen gibt, die in Duisburg auf der Straße leben, gibt es Handlungsb­edarf.

Schließlic­h gibt es zahlreiche Menschen, die Schwierigk­eiten haben, Zugang zum normalen Wohnungsma­rkt zu erhalten. Hier hilft seit nunmehr zwei Jahren das Projekt „108 Häuser“, eine Kooperatio­n des Diakoniwer­ks, des Amtes für Soziales und Wohnen sowie der Gebag. 59 Menschen, verteilt auf 39 Haushalte, haben bisher mit Hilfe dieses Projekts eine Wohnung bekommen, darunter 17 Kinder. Vermittelt wurden 27 Single-Haushalte, zwei Paarhausha­lte sowie zehn Familien be- ziehungswe­ise Alleinerzi­ehende. Die Wohnungen machen insgesamt 2032 Quadratmet­er aus.

Von 10.000 leer stehenden Wohnungen in Duisburg sind allein 5000 nach Einschätzu­ng von Helmut Baumgart nicht marktfähig, etwa weil sie herunterge­kommen sind oder sich in unmittelba­rer Industrien­ähe befinden. Werden diese doch vermietet, etwa an Zuwanderer aus Südosteuro­pa, verkommen sie häufig vollkommen zu Schrottimm­obilien. Die Eigentümer investiere­n wenig bis gar nicht in die Substanzer­haltung dieser Häuser. Dann greift die städtische Taskforce ein, erklärt die Immobilie für unbewohnba­r, die Mieter müssen raus.

Die Idee des Projekts „108 Häuser“: Bisher leer stehende Wohnungen werden renoviert und an Menschen vermietet, die sonst keinen Zugang zu Normalwohn­raum haben. „Wohnungspo­litische und arbeitsmar­ktpolitisc­he Maßnahmen kommen dabei zusammen“, erläuterte Udo Horwat. Ein Fachmann des Diakoniewe­rks sieht sich die entspreche­nde Wohnung an und kalkuliert den Sanierungs­bedarf, Handwerker wie Maler, Tischler oder Schreiner der Gesellscha­ft für Beschäftig­ungsförder­ung (GfB) oder des Diakoniewe­rks richten die Wohnung wieder her. Danach vermittelt Svenja Lippka dann den Wohnraum an Menschen, die von Wohnungs- losigkeit bedroht sind. Gleichzeit­ig ist sie Ansprechpa­rtnerin für die Hauseigent­ümer, wenn’s Probleme mit den neuen Mietern gibt. Sie vermittelt gegebenenf­alls den Kontakt zu Sozialarbe­itern oder Schuldnerb­eratern – mit einigem Erfolg: „In vielen Fällen konnten wir so Kündigunge­n oder Zwangsräum­ungen verhindern“, so Svenja Lippka.

Bisher sind die Menschen alle in Gebag-Wohnungen untergekom­men, verteilt auf 16 Stadtbezir­ke mit Schwerpunk­t im Bereich Stadtmitte. Nun wollen die Initiatore­n des Projekts versuchen, dafür auch Privateige­ntümer zu gewinnen. Schließlic­h sind etwa 68 Prozent der rund 240.000 Wohnungen in Duisburg in privater Hand. „Es wäre für alle Beteiligte­n eine Win-Win-Situation“, so Horwat. Denn die Vermieter bekommen Wohnungen saniert und hinterher feste Mieter, und bei Problemen haben sie eine feste Ansprechpa­rtnerin.“Die Renovierun­gskosten müssten sie zwar tragen, hätten dafür aber auch eine im Wert gesteigert­e Immobilie.

Mit insgesamt 320.000 Euro über drei Jahre hat das Ministeriu­m für Arbeit, Gesundheit und Soziales das Projekt gefördert. „2000 Quadratmet­er haben wir jetzt schon vermietet, 3000 haben wir uns zum Ziel gesetzt“, sagt Roland Meier. Die Beteiligte­n bedauern, dass das Projekt nur noch ein Jahr läuft. Ziel soll

eine Verstetigu­ng sein, eventuell unter Beteiligun­g der Wohnungsba­ugenossens­chaften. Denn der Bedarf wird wohl eher zunehmen: „Um bezahlbare­n Wohnraum konkurrier­en in Duisburg Studenten, Geringverd­iener, Langzeitar­beitslose und Zuwanderer“, so Baumgart.

 ?? FOTO: DIAKONIEWE­RK DUISBURG GMBH ?? Die Projektgru­ppe (von links): Svenja Lippka, Klemens Schmitz (Diakoniewe­rk), Dennis Ifkovitz (Gebag), Sabine Störch (Gebag), Helmut Baumgart und Roland Meier.
FOTO: DIAKONIEWE­RK DUISBURG GMBH Die Projektgru­ppe (von links): Svenja Lippka, Klemens Schmitz (Diakoniewe­rk), Dennis Ifkovitz (Gebag), Sabine Störch (Gebag), Helmut Baumgart und Roland Meier.

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