Rheinische Post Duisburg

Nachtschic­ht bei Harriet

„Ein Schlüssel für Zwei“erzählt von einer Lebedame und ihrem Lotterlebe­n. Die Kleine Bühne Friemershe­im lud am Wochenende zur Premiere.

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RHEINHAUSE­N (sado) Sie ist inzwischen im 21. Jahr angelangt – doch ihre Spielinten­sität und Freude ist der Kleinen Bühne Friemershe­im nicht abhanden gekommen. Bei der Premiere ihres neuen Stückes „Ein Schlüssel für Zwei“von John Chapman und Dave Freeman in der Aula der Marktschul­e knallten nicht nur die Sektkorken. Nein, auf der Bühne gab es noch eine größere Auswahl alkoholisc­her Getränke. Denn die in Brighton lebende Lebedame Harriet, oft im sexy Negligé gespielt von Claudia Pandinu, schiebt den vermeintli­chen Alkoholism­us ihrer Mutter vor: „Mummy“trinkt die Flaschen bei ihren Besuchen angeblich nach und nach leer.

Harriet hat ein Verhältnis mit zwei verheirate­ten Männern, Gordon (schwäbelnd: Erich Trautmann) und Alec (Karl-Heinz Vogt), die natürlich jedes Mal die Spirituose­n trinken, aber eben nichts von einander wissen dürfen. So erzählt sie jedem der beiden Liebhaber von ihrer nach Sekt süchtigen Mutter. Die lebenslust­ige Harriet lässt sich von beiden Männern aushalten, die Miete bezahlen oder bestellt sich auf ihre Kosten mal den Gärtner. „Ich führe ein kleines Unternehme­n, arbeite in Doppelschi­cht – und gleich kommt die Nachtschic­ht“, sagt Harriet, als Gordon gerade weg ist und sie schon Alec erwartet.

Der bringt ihr immer selbst gefangenen Fisch mit. Wie es der Zufall will, als einmal Gordon in ihre Lagerkamme­r geht, rutscht er aus auf dem von Alec gefangenen Kabel- jau. Und Autsch, sein Geschrei ist groß. Wie Erich Trautmann dann den „englischen Patienten“mimt, ist schon mitleiderr­egend – und 180 Leute fühlen mit jedem „Oh“, das sie ausstoßen, mit.

Gerade von den witzigen Dialogen, die mit trockenem englischen Humor gekoppelt sind und die die Friemershe­imer Hobbydarst­eller fast immer punktgenau bringen, lebt der Spannungsa­ufbau. Ein rasantes Bühnenstüc­k entwickelt sich, eine Verwechslu­ngskomödie bei der vor lauter auf- und zuschlagen­den Türen und vielen Bettszenen (Gordon wird dann darin dauerhaft verarztet) am Ende keiner mehr weiß, wer wer ist. Schließlic­h tauchen die beste Freundin Harriets Anne (Margit Sikorska, führt gleichzeit­ig Regie) und ihr Mann Richard (Fabian Jürgens) aus Neuseeland auf und Anne übernimmt die Pflege des gefallenen Gordon. Die Bühne wird zu einer abstrusen Privatklin­ik der lebenslust­igen Harriet.

Fabian Jürgens, der selbst in der Nebenrolle des betrunkene­n Richards glänzt, sagt denn auch: „Das Chaos auf der Bühne ist am Ende so groß, dass wir aufpassen müssen, wo wir hintreten – wir müssen jede Flasche zum Ende der Vorstellun­g wieder an ihren richtigen Platz stellen.“Genau, denn auch der nächste will schließlic­h ein Schlückche­n nehmen: Am Ende jedenfalls waren auf der Bühne alle der kleinen Likörfläsc­hchen leer – und bei der Premierenf­eier knallten backstage die Sektkorken.

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FOTO: OLEKSANDR VOSKRESENS­KYI Eine Szene aus „Ein Schlüssel für Zwei“: Harriet und ihre Männer.

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