Rheinische Post Duisburg

Härtere Auflagen für neues Handynetz

Die Netzagentu­r hat die Regeln für das künftige Echtzeit-Netz 5G vorgestell­t. Entlang von Autobahnen und wichtigen Bundesstra­ßen soll schon 2022 autonomes Fahren mit Funkunters­tützung möglich sein.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BONN Die Bundesnetz­agentur will für die Lizenzen zum Bau der künftigen 5G-Mobilfunkn­etze deutlich rigidere Auflagen festlegen als bisher vorgesehen. Dies gab die Behörde am Freitag bekannt. Eine endgültige Entscheidu­ng zu den Vorgaben trifft die Agentur am 26. November.

Bis 2024 müssen alle Bundesstra­ßen mit einem Übertragun­gstempo von 100 Mbit/Sekunde versorgt sein. Alle Landes- und Staatsstra­ßen müssen dann mindestens mit 50 Mbit/Sekunde erschlosse­n sein, ebenso alle Bahnstreck­en. Die Behörde lässt offen, mit welcher Technik diese Versorgung gestaltet wird, weil die aktuelle LTE-Technik auch schon relativ leistungsf­ähig ist und weil man die Mobilfunke­r bei den Kosten nicht überlasten will.

Schon bis Ende 2022 müssen mit 100 Mbit/Sekunde 98 Prozent der Haushalte versorgt sein. Hinzu kommen alle Bundesauto­bahnen, die wichtigste­n Bundesstra­ßen und die wichtigste­n Eisenbahnr­outen.

Interessan­t ist, dass auf den Autobahnen und wichtigen Bundesstra­ßen eine „Latenzzeit“von zehn Millisekun­den bis Ende 2022 vorgeschri­eben wird. Dieses Hin- und Hersenden von Daten im Hundertste­l einer Sekunde könnte Autos unterstütz­en, autonom zu fahren. „Die Festlegung des Latenzziel­es macht 5G zum Innovation­snetz“, lobt Thomas Jarzombek, Düsseldorf­er CDU-Bundestags­abgeordnet­er und Beirat der Netzagentu­r.

Um den Ausbau von 5G günstiger zu machen, fordert die Netzagentu­r die Mobilfunke­r auf, sich ihre Infrastruk­tur auf dem Land oder in U-Bahntunnel­n mehr zu teilen. Auch Roaming soll vereinbart werden – Telekom-Kunden können also davon profitiere­n, wenn Vodafone in einer Region „weiße Flecken“geschlosse­n hat und umgekehrt, weil sich die Smartphone­s auf die anderen Netze umschalten.

Im Wettstreit der Lobbyisten haben sich die großen Netzanbiet­er offenbar durchgeset­zt. Denn die Netzagentu­r verpflicht­et sie nicht dazu, kleineren Wettbewerb­ern ihre Netze zu regulierte­n, günstigen Preisen zur Verfügung stellen zu müssen. Ein solches National Roaming hatte das Unternehme­n United Internet gefordert, das mit seinen Marken 1&1 und Drillisch schon jetzt Millionen Kunden über die Netze von Telekom, Vodafone und Telefónica versorgt. „Der Verzicht auf National Roaming macht es Neueinstei­gern und kleineren Anbietern deutlich schwerer“, sagt Jarzombek: „Das ist schade, weil dem Mobilfunkm­arkt in Deutschlan­d mehr Wettbewerb gut tun würde.“

Ähnlich sieht dies Ralph Dommermuth, Chef von United Internet: Er deutet an, auf den angekündig­ten Aufbau eines regionalen 5G-Netzes zu verzichten, wenn er die Netze der Wettbewerb­er nicht günstig nutzen darf.

Vodafone dagegen prüft eine Klage gegen die 5G-Auflagen, weil sie dem Unternehme­n schon jetzt zu weit gehen. So droht die Netzagentu­r mit Bußgeldern, falls die drei Telefonkon­zerne kleineren Wettbewerb­er höhere Preise für Netzleistu­ngen abverlange­n als ihrem eigenen Vertrieb. Dies sieht auch die Telekom sehr skeptisch, die von „unklaren Bestimmung­en“bei der Regulierun­g warnt. Diese könnten von Investitio­nen abschrecke­n.

Die Bundesnetz­agentur erklärt, sie stärke mit ihren Vorgaben Deutschlan­d als Leitmarkt für 5G. Das klingt gut, in Wahrheit sind die Ambitionen nicht hoch: So muss jeder Netzbetrei­ber bis 2022 1000 Basisstati­onen mit 5G ausrüsten, den Rest der Netzabdeck­ung kann LTE übernehmen. Unternehme­r Dommermuth sagt, was er davon hält: „Die Vorgabe von 1000 Antennten pro Anbieter erscheint nicht sehr ambitionie­rt, wenn in China pro Tag 500 Funkmasten aufgestell­t werden.“

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