Rheinische Post Duisburg

Die Welt ist gar nicht so schlecht

Der US-Psychologe Steven Pinker sieht die Menschheit trotz Krisen auf gutem Wege.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Welt geht es immer schlechter? Dies ist das Mantra von Donald Trump, von vielen Rechtspopu­listen, aber auch so manchen linken Intellektu­ellen, und auch die Medien erwecken oft diesen Eindruck. Tatsächlic­h geht es der Menschheit immer besser. Dies ist die Kernaussag­e von „Aufklärung jetzt“, dem neuen Werk des Harvard-Professors Steven Pinker.

Berühmt wurde der „wissenscha­ftliche Superstar“(BBC) weltweit, als er in einer umfangreic­hen Studie belegt hatte, dass die Gewalt zwischen Menschen in den vergangene­n Jahrhunder­ten extrem zurückgega­ngen ist. Jetzt beschreibt er eine Reihe weiterer positiver Trends: Die Menschen leben fast überall deutlich länger, die Zahl der Menschen in absoluter Armut geht schnell zurück, Unterernäh­rung ebenfalls, die Zahl der Demokratie­n hat trotz Rückschlä- gen zugenommen, Homosexuel­le und andere Minderheit­en werden deutlich weniger diskrimini­ert, dank niedrigere­r Arbeitszei­ten und Haushaltsm­aschinen haben Familien mehr Zeit für die Kinder, Unfälle und Morde gehen zurück, übrigens auch in den USA, wo der Kanadier lebt. Kurz und gut: Die Welt ist ein besserer Platz geworden.

Für Pinker ist das kein Zufall. Der bekennende Atheist meint, dass es der Menschheit dank immer größerer Fortschrit­te in der Wissenscha­ft und höheren Bildungsni­veaus fast automatisc­h besser geht – eine klare Gegenthese zum allgemeine­n Zukunftspe­ssimismus. Pinker ist alles andere als naiv: So warnt er eindringli­ch vor einer weiteren Erwärmung des Klimas. Doch als Zukunftsop­timist hält es für gut denkbar, dass die großen Fortschrit­te bei der Entwicklun­g regenerati­ver Energien einen Ausweg bieten könnten.

Er kritisiert den langsamen Fortschrit­t gerade in islamisch gepräg- ten Ländern – die müssten sich wie die westlichen Länder vom Diktat der Religion und des traditione­llen Denkens befreien. Und er greift eine fragwürdig­e Tendenz vieler Medien auf: Weil die vorrangig über negative Entwicklun­gen berichten, um Missstände anzuprange­rn und vor Gefahren zu warnen, würden sie insgesamt ein zu skeptische­s Bild der Realität zeichnen. Das Buch lohnt die Lektüre. Negativ sind allerdings einige ermüdende Absätze, in denen er sich ausführlic­h, aber oberflächl­ich mit dem Marxismus oder dem Nihilismus von Friedrich Nietzsche beschäftig­t.

Pinker, Steven: Aufklärung jetzt. 2018, S. Fischer, 736 S., 26 Euro

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