Rheinische Post Duisburg

Bayer will 12.000 Stellen streichen

Nach dem Monsanto-Deal legt Bayer sein bisher größtes Sparprogra­mm auf, vor allem deutsche Standorte sind betroffen. Wirtschaft­sminister und Bürgermeis­ter sind alarmiert.

- VON LUDMILLA HAUSER, ANTJE HÖNING UND STEFAN SCHNEIDER

LEVERKUSEN Bayer setzt nach der Monsanto-Übernahme den Rotstift an und baut 12.000 seiner 118.000 Stellen ab. Ein „signifikan­ter Teil“entfällt auf Deutschlan­d, wie der Konzern nach einer Aufsichtsr­atssitzung mitteilte. Zugleich betonte er: „Der Abbau soll sozialvert­räglich erreicht werden.“

Vor allem in Zentralfun­ktionen wie der Verwaltung kommt es zum Kahlschlag: Hier sollen 5500 bis 6000 Stellen wegfallen. Damit dürfte die Zentrale in Leverkusen entspreche­nd betroffen sein. Genaue Zahlen nennt Bayer nicht. Weitere 4100 Stellen fallen in der Agrochemie (Crop Science) weg. In der Division rezeptfrei­e Arzneimitt­el (Consumer Health), die zum Sanierungs­fall geworden ist, streicht Bayer 1100 Stellen. Aber auch Bayers Herzstück, das Geschäft mit rezeptpfli­chtiger Arznei, ist betroffen: Hier fallen in der Forschung 900 Stellen weg, unter anderem in Wuppertal.

Die Entscheidu­ng im Aufsichtsr­at fiel einstimmig, jedoch musste der Vorstand dafür weitreiche­nden Kündigungs­schutz zusagen. „Die Pläne des Bayer-Vorstands sind eine bittere Pille für die Belegschaf­t sowie den Chemie- und Pharma-Standort Deutschlan­d insgesamt“, sagte Michael Vassiliadi­s, Chef der Gewerkscha­ft IG BCE. Zugleich betonte er: „Wir haben durchgeset­zt, dass die Beschäftig­ten bis Ende 2025 vor betriebsbe­dingten Kündigunge­n geschützt sind. Hinzu kommen Garantien für die Belegschaf­ten in den zum Verkauf stehenden Tochterunt­ernehmen.“

Und Bayer will einiges verkaufen: die Tiermedizi­n, das Geschäft mit Fußpflege (Dr. Scholl’s) und Sonnenschu­tz (Coppertone) sowie den Chemiepark-Betreiber Currenta, an dem Bayer 60 Prozent hält. Nach der Trennung von der Kunststoff-Tochter Covestro stehe die Nutzung der Dienstleis­tungen von Currenta in keinem Verhältnis mehr zum Besitzante­il, so Bayer.

Mit dem größten Sparprogra­mm in der Bayer-Geschichte versucht Konzern-Chef Werner Baumann, in die Offensive zu kommen. Seit der Monsanto-Übernahme hat sich der Börsenwert um ein Drittel reduziert, und Bayer fürchtet, ein Übernahmek­andidat zu werden. Doch die Anleger konnte er nicht überzeugen. Die Aktie fiel am Donnerstag um ein Prozent auf knapp 64 Euro. Zugleich betonte Baumann: „Wir sind uns der Tragweite der Entscheidu­ngen für unsere Mitarbeite­r bewusst und werden sie verantwort­ungsvoll umsetzen.“Darauf pocht auch Oliver Zühlke, Chef des Gesamtbetr­iebsrats: „Es kommen nur faire und sozialvert­rägliche Lösungen in Frage.“

Die Politik ist gleichwohl alarmiert. „Das sind keine guten Nachrichte­n für unseren Standort. Es ist davon auszugehen, dass Nordrhein-Westfalen stark vom Abbau der Arbeitsplä­tze betroffen sein wird“, warnte Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP). „Die Entscheidu­ngen treffen das Herz von Bayer, das seinen Ursprung als pharmazeut­isches Unternehme­n in Wuppertal hat.“Nun komme es darauf an, möglichst viele künftige Investitio­nen nach NRW zu holen. „Ich habe die Nachricht mit Besorgnis zur Kenntnis genommen“, sagte Leverkusen­s Oberbürger­meister Uwe Richrath (SPD). Immerhin sei der Verzicht auf Kündigunge­n vereinbart worden. Dormagens Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld (SPD) geht weiter: „Ich halte es für ein Unding, dass die Bayer AG ihr internatio­nales Geschäft auf dem Rücken der deutschen Beschäftig­ten ausbaut.“Leitartike­l, Wirtschaft

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