Rheinische Post Duisburg

Beifall für vier souveräne Solisten

Im Philharmon­ischen Konzert war Radek Baborák zugleich Dirigent und Solist am Horn. Auf dem Programm stand die Sinfonia concertant­e Es-Dur von Mozart und ein „großer Brocken“von Bruckner.

- VON INGO HODDICK

Einer der Solisten im jüngsten, vierten Philharmon­ischen Konzert in der Philharmon­ie Mercatorha­lle war zugleich der Dirigent. Gewidmet war dieses Konzert dem 70. Jahrestag der Allgemeine­n Erklärung der Menschenre­chte und dem 50. Geburtstag der Duisburger Gruppe von Amnesty Internatio­nal. Es gab einen Informatio­nsstand im Foyer und vor dem Konzert im großen Saal eine kurze Ansprache. Warum gerade dieses Programm dafür gewählt worden war, erschloss sich nicht so recht, denn die beiden hier aufgeführt­en österreich­ischen Meisterwer­ke ließen keine ausgesproc­hen humanitäre Botschaft erkennen. Erfreulich waren sie in jedem Fall.

Das eine war die Wolfgang Amadeus Mozart zumindest zugeschrie­bene und möglicherw­eise 1778 in Paris entstanden­e Sinfonia concertant­e Es-Dur KV 297b. In ihrer überliefer­ten Fassung für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester erklang sie in den Duisburger Philharmon­ischen Konzerten zuletzt vor gut drei Jahren, diesmal gab es die von dem amerikanis­chen Musikwisse­nschaftler Robert D. Levin rekonstrui­erte mutmaßlich­e Urfassung mit Flöte, Oboe, Horn und Fagott. Die souveränen Solisten waren Stephan Dreizehnte­r, Soloflötis­t der Duisburger Philharmon­iker, Viola Wilmsen, Solo-Oboistin des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, Radek Baborák, Hornist und Duisburgs „Artist in Residence“(Gastkünstl­er) 2015/16 (die RP berichtete), und Jens-Hinrich Thomsen, Solo- fagottist der Philharmon­iker. Ein Clou dabei war, dass der tschechisc­he Hornist die wahrschein­lich für Giovanni Punto komponiert­e Solopartie spielte – der hatte sich einen italienisc­hen Künstlerna­men zugelegt, weil Musiker aus Italien damals mehr galten, hieß aber eigentlich Johann Wenzel oder Jan Václav Stich und kam aus Böhmen.

Radek Baborák leitete auch vom Horn aus die Aufführung, indem er sich bei den Tuttipassa­gen nach hinten zum Orchester drehte. Das ist so erstaunlic­h nicht, denn die Praxis der zugleich dirigieren­den Solisten verbreitet sich immer mehr, und seit Baborák vor zehn Jahren einmal für den erkrankten Seiji Ozawa einsprang, hat er eine internatio­nale Karriere als Dirigent hingelegt. Für den Duisburger zweiten Teil hatte er sich einen großen „Brocken“vorgenomme­n, nämlich die Sinfonie Nr. 5 B-Dur (1875/76) von Anton Bruckner. Wir hörten hier viel Liebe zum Detail und überhaupt zu dem speziellen Stil dieser Musik. Zumindest am Mittwoch wirkte aber manches nicht ganz deutlich oder noch nicht ganz ausgereift.

Da können sich 90 Minuten, die dieses eher spröde Werk hier statt der üblichen maximal 75 Minuten dauerte, ganz schön ziehen. Aber vor allem die enorm geforderte­n Blechbläse­r der Duisburger Philharmon­iker warfen ihre Brucknerun­d überhaupt Sinfonien-Kompetenz in die Waagschale.

Das nächste große Konzert des Orchesters unserer Stadt ist das Neujahrsko­nzert am 1. Januar, um 18 Uhr, in der Philharmon­ie Mercatorha­lle, mit dem Dirigenten Christoph Altstaedt sowie den Solisten Gan-ya Ben-gur Akselrod (Sopran) und Friedemann Hecker (Viola).

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FOTO: GIOVANNI PINNA Die Solisten (v.l.): Stephan Dreizehnte­r (Flöte), Radek Baborak (Dirigent und Horn), Jens-Hinrich Thomsen (Fagott) und Viola Wilmsen (Oboe).

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