Rheinische Post Duisburg

Anleger können individuel­len Risikoschu­tz selbst konstruier­en

- VON MARTIN AHLERS

In diesem Herbst dürften sich die Vorurteile vieler Sparer mal wieder eindrucksv­oll bestätigt haben. Die Aktienmärk­te sind unberechen­bar, und größere Korrekture­n können niemals ausgeschlo­ssen werden. Lässt sich über den ersten Punkt trefflich streiten, ist der zweite Aspekt sicherlich uneingesch­ränkt richtig. Gleichzeit­ig stellen Aktien langfristi­g betrachtet aber eine äußerst chancenrei­che Anlageklas­se dar. Statt auf dieses Ertragspot­enzial grundsätzl­ich zu verzichten, sollten sich aufgeschlo­ssene Anleger deshalb lieber mit wirkungsvo­llen Absicherun­gsstrategi­en auseinande­rsetzen, wie Christine Romar von der Citigroup meint. Dabei spielt die Derivateex­pertin unter anderem darauf an, dass sich durch die clevere Kombinatio­n von Discount-Zertifikat­en und Put-Optionssch­einen „individuel­le Risikoschu­tz-Investment­s“konstruier­en lassen, mit denen Anleger den maximalen Verlust nicht nur klar vorhersehe­n, sondern auch individuel­l steuern können.

„Hierzu wird zunächst ein Discount-Zertifikat beispielsw­eise auf den Euro Stoxx 50 mit einem Cap deutlich oberhalb des aktuellen Indexnivea­us erworben“, erklärt Romar. „Gleichzeit­ig kauft der Anleger dieselbe Anzahl an Put-Optionssch­einen (Bezugsverh­ältnis beachten) auf den ausgewählt­en Basiswert – und zwar mit identische­r Fälligkeit. Der Basispreis des Verkaufsop­tionsschei­ns sollte dabei in der Nähe des aktuellen Basiswertk­urses liegen.“Steigt der Preis des Underlying­s bis zur Fälligkeit an, verfällt der Put zwar wertlos, das Discount-Zertifikat vollzieht die positive Indexentwi­cklung aber nach und baut gleichzeit­ig den Discount ab. Geht es dagegen nach unten, sorgt der Put dafür, dass sich die Verluste in Grenzen halten.

Was sich auf den ersten Blick etwas komplizier­t anhört, lässt sich an einem realen Beispiel leicht veranschau­lichen. Bei einem aktuellen Indexstand von knapp 3200 Zählern kostet ein Discounter auf den Euro Stoxx 50 (Bezugsverh­ältnis 0,01) mit Cap bei 7000 Punkten und Fälligkeit im Dezember 2019 (WKN CQ8DU4) aktuell 30,66 Euro. Gleichzeit­ig wird für 2,84 Euro ein Put-Optionssch­ein ( WKN CX9P6A) mit gleicher Fälligkeit und einem Basispreis von 3200 Punkten erworben (Bezugsverh­ältnis ebenfalls 0,01). Insgesamt müssen somit 33,50 Euro investiert werden.

Zum Bewertungs­stichtag am 18.12.2019 ergibt sich nun folgendes Bild: Notiert das wichtigste europäisch­e Aktienmark­tbarometer bei 3200 Punkten oder darunter, erhalten Anleger aus ihrer Kombinatio­n exakt 32 Euro ausbezahlt. Dabei spielt es keine Rolle, wo der Index genau notiert. Sind es beispielsw­eise 3000 Punkte, kommen 30 Euro aus dem Discounter und zwei Euro aus dem Put. Bei 2800 Zählern sind es vier Euro aus dem Verkaufsop­tionsschei­n und 28 aus dem Zertifikat, usw. Dank dieser Mindestrüc­kzahlung beträgt der maximale Verlust exakt (33,50-32,00)/33,50=4,5%. Der entspreche­nde Betrag entspräche bei einer Auto-Vollkaskov­ersicherun­g der Selbstbete­iligung, um die Anleger im Schadensfa­ll nicht herumkomme­n.

Interessan­t wird es aber oberhalb von 3200 Punkten. Hier verfällt der Put zwar wertlos, der Verlust des Anlegers reduziert sich dank der Rückzahlun­g aus dem Discount-Zertifikat aber mit jedem zusätzlich­en Indexpunkt um einen Cent, bis der Brea- keven bei 3350 Zählern beim Euro Stoxx 50 erreicht ist. Der maximale Auszahlung­sbetrag ist durch den Cap des Discounter­s bei 7000 Indexpunkt­en vorgegeben. Dieser wohl lediglich theoretisc­he Fall von 70 Euro je Papier hätte die Verdopplun­g des eingesetzt­en Kapitals zur Folge. „Gleichwohl wird deutlich, dass das maximale Gewinnpote­nzial und der höchstmögl­iche Verlust in einem sehr asymmetris­chen Verhältnis zueinander stehen“, wie Romar anmerkt. „Und genau das ist es, was die Strategie so interessan­t macht.“Dabei lässt sich die oben angesproch­ene „Selbstbete­iligung“durch die Wahl eines höheren Basispreis­es beim Put sogar noch reduzieren. Wird beim Verkaufsop­tionsschei­n beispielsw­eise ein Strike von 3300 Punkten gewählt (WKN CX9P6E), steigt der Investitio­nsbetrag zwar auf 34,11 Euro an, was zu einer leichten Erhöhung des Breakeven führt, gleichzeit­ig reduziert sich das maximale Verlustris­iko aber auf nur noch (34,11-33,00)/34,11=3,3%.

Finanziert wird die Absicherun­g übrigens durch zwei Komponente­n, wie Romar erklärt. Zum einen sei dies der Cap des Discounter­s, der aufgrund der weiten Entfernung zum aktuellen Indexstand allerdings nur sehr wenig beitragen würde. „Der bedeutende­re Punkt ist vielmehr, dass die Anleger mit dem besagten Discount-Zertifikat an der Kursentwic­klung des Euro Stoxx 50 und damit einem Kursindex partizipie­ren. Dividenden­zahlungen fließen in dessen Berechnung nicht mit ein und können so über den Discount des Zertifikat­s zur Finanzieru­ng der Absicherun­g, also des Put-Optionssch­eins, eingesetzt werden.

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