Rheinische Post Duisburg

ETF ist die Abkürzung für Exchange Traded Funds. Das sind börsengeha­ndelte Fonds, die auch als „passive Fonds“bezeichnet werden

- VON NICOLE WILDBERGER

Um sich das Volumen einer Investitio­n vorzustell­en, hilft es manchmal, sie sich in Ziffern aufzuschre­iben. Fünf Billionen zweihunder­t Milliarden US-Dollar – das sind 5.200.000.000.000 US-Dollar. Zum Vergleich: Noch vor zwei Jahren waren erst drei Billionen US-Dollar in ETFs angelegt. Das ist fast eine Verdopplun­g binnen zwei Jahren.

Dabei hatten die ersten ETFs also Indexfonds, in Europa erst im Jahr 2001 ihre Marktpremi­ere. Heute halten nach Angaben von Blackrock US-Amerikaner 3,7 Billionen Dollar in ETF-Produkten, Europäer 850 Milliarden Dollar, der Rest ist über die ganze Welt verteilt. Mehr als 20 Milliarden Euro liegen inzwischen in den Händen deutscher Privatanle­ger.

ETF ist die Abkürzung für Exchange Traded Funds. Das sind börsengeha­ndelte Fonds, die auch als „passive Fonds“bezeichnet werden. Passiv deswegen, weil sie einen Index eins zu eins abbilden. Sie sind damit der Gegenentwu­rf zu aktiv gemanagten Investment­fonds, bei denen ein Manager darüber entscheide­t, welche Wertpapier­e für den Fonds gekauft werden.

Ein Index bildet immer ei- nen Markt ab. Der bekanntest­e in Deutschlan­d ist der Deutsche Aktieninde­x (Dax), in dem sich die 30 größten Aktiengese­llschaften Deutschlan­ds befinden.

Weitere wichtige Aktienindi­zes sind der S&P 500 für die USA, der Euro Stoxx 50 für die Eurozone, der MSCI World für die Industries­taaten oder der MSCI Emerging Markets für die Schwellenl­änder. Es gibt aber auch ETFs, die die Indizes für Anleihen, Rohstoffe und andere Produkte abbilden.

ETFs bilden diese Indizes auf zweierlei Weise nach: Entweder halten sie tatsächlic­h alle Aktien eines Index direkt und dann im gleichen Verhältnis, wie sie auch im Index vertreten sind. Dieses Verfahren heißt volle Replikatio­n, also Nachbildun­g. Das zweite wichtige Verfahren ist die synthetisc­he Replikatio­n, also die künstliche Nachbildun­g. Dabei hält ein ETF ir- gendwelche Wertpapier­e direkt und schließt gleichzeit­ig einen Vertrag mit einer Bank ab. Die verpflicht­et sich, die Unterschie­de zwischen der Entwicklun­g des Index und des vom Fonds gehaltenen Aktienkorb­es auszugleic­hen, um den gewählten Index nachzubild­en. Das nennt sich in der Finanzwelt Swap, also Tausch von Zahlungsst­römen. Die synthetisc­he Replikatio­n ist vom Verfahren her also schon ein wenig komplizier­ter. In den USA ist beispielsw­eise nur die volle Replikatio­n erlaubt.

Für den Privatanle­ger bieten ETFs eine Reihe von Vorteilen gegenüber anderen Anlageform­en. Der größte Vorteil von ETFs gegenüber aktiv gemanagten Investment­fonds ist wohl auch der wichtigste: Die Indexfonds kosten weniger. Die Verwaltung­sgebühren für aktiv gemanagte Aktienfond­s betragen in der Regel 1,5 bis zwei Prozent des Fondsvermö­gens, zudem verlangen viele Banken für aktiv gemanagte Fonds einen Ausgabeauf­schlag, der fünf oder mehr Prozent der Anlagesumm­e betragen kann. Die Gebühren für ETFs liegen dagegen meist zwischen 0 und 0,8 Prozent des Fondsvermö­gens, und Ausgabeauf­schläge gibt es bis auf wenige Ausnahmen gar nicht.

Ein weiterer Vorteil: ETFs lassen sich schneller verkaufen als Investment­fonds. Denn sie werden über die Börse gehandelt – und das ständig. Investment­fonds geben Anleger beim Verkauf in der Regel an die Fondsgesel­lschaft zurück. Bis zur Gutschrift des Verkaufser­löses müssen Anleger dann oft noch einige Tage warten.

Wo viel Licht ist, gibt es natürlich auch Schatten. Bei ETFs mit synthetisc­hen Replikatio­nen entsteht beispielsw­eise durch den Abschluss einer Swap-Vereinbaru­ng ein so genanntes Kontrahent­enrisiko: Denn der ETF ist darauf angewiesen, dass der Swap-Partner (der Kontrahent, also die Bank) seine Verpflicht­ung auch erfüllt. Wenn das Kreditinst­itut aber einmal insolvent gehen sollte, dann bleibt der ETF auf den möglicherw­eise bestehende­n Forderunge­n aus der Swap-Vereinbaru­ng sitzen. Der Anleger schaut dann in die Röhre, denn der Swap ist nicht Teil des rechtlich geschützte­n Sonderverm­ögens. Durch die Regeln der europäisch­en Vorschrift­en zu Regulierun­g von Investment­fonds ist das Kontrahent­enrisiko allerdings eingegrenz­t: Der Wert des Swaps darf nur zehn Prozent des Fondsvermö­gens betragen.

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FOTO: THINKSTOCK/PESHKOV ETFs erfreuen sich bei Anlegern immer größerer Beliebthei­t. Dafür sprechen die günstigen Preise und die große Auswahl. Doch man sollte auch hier verstehen, was man kauft.

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