Anleitung zum Unglücklichsein
Montagsspiele, Videoschiedsrichter, Drittliga-Aufstieg – der deutsche Fußball mutete den Traditionalisten unter den Fans zuletzt einiges zu. Doch glaubt wirklich jemand, dass es dabei bleibt? Ein maximal pessimistischer Ausblick.
DÜSSELDORF Wenn es dem deutschen Fußball an etwas nicht mangelt, dann sind es Proteste. Kaum ein Spieltag in den Profiligen vergeht, ohne dass Fans ihrem Unmut über Tiraden und Banner Ausdruck verleihen. Die Verantwortlichen von Verband, Liga und Clubs haben in den vergangenen Jahren ja auch einiges verändert, was die Traditionalisten auf den Rängen in Rage bringt. Montagsspiele, Videoschiedsrichter, die widersinnige Regelung um den Drittliga-Aufstieg – es gibt vieles, was den Fußball in den Augen seiner Liebhaber verfremdet. Doch das muss noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein. Theoretisch, das beweisen die enthüllten Gedankenspiele um eine Super League, sind noch viel mehr Veränderungen denkbar. Mit Blick auf die internationale Vermarktung, teilweise aber auch als Reaktion auf Fehlverhalten in den Fanblöcken.
Eine Anleitung zum Unglücklichsein:
Vormittagsspiele für den asiatischen, späte Spiele für den US-Markt Wenn die Bundesliga am kommenden Samstag um 15.30 Uhr anstößt, ist es in Tokio 23.30. In Peking 22.30. Und auch in Jakarta schon 21.30. Alles also keine Prime-Time-Zeiten, zu denen sich das Premium-Produkt in Asien präsentieren kann. Doch genau dieses Asien hat die Liga als einen der zentralen Wachstumsmärkte ausgemacht. Und wer dort etwas will (Sponsoren und TV-Gelder), der muss auch etwas anbieten. Vielleicht ja mal ein Spiel, samstags, um 9.30 Uhr. Da wäre es in Indonesien dann halb vier. Umgekehrt stellt sich das Ganze für den US-Markt dar. Auch hier sieht die DFL neue Geldquellen. Dort, wo die USA sechs Stunden zurück sind, würde man sich sicher über ein 22-Uhr-Spiel aus „Germany“freuen.
Play-offs um die deutsche Meisterschaft Der langjährige Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, Wolfgang Holzhäuser, wurde nicht müde, für eine Endrunde der besten Teams um die deutsche Meis- terschaft zu werben – nach den 34 Spieltagen, wohlgemerkt. So solle man die Langeweile bajuwarischer Titelserien durchbrechen. In dieser Saison scheint genau das aber ja auch ohne Play-offs zu gelingen.
Werberelevante Auszeiten Wenn es heiß ist an Spieltagen, gibt es schon jetzt eine Trinkpause pro Halbzeit. Warum nicht diese Auszeit vom Klima unabhängig machen und so eine Premium-Werbezeit erzeugen?
Längere Halbzeitpause Als die Bayern am letzten Spieltag der Saison 2016/2017 gegen Freiburg ihre feststehende Meisterschaft feierten, dauerte die Halbzeitpause 25 Minuten, weil die Show mit Sän- gerin Anastacia länger dauerte. Ein Schelm, der darin als Vermarkter Vorbildcharakter sähe.
Personalisierte Tickets Nach jeder neuen Ausschreitung wird diese Maßnahme in den Raum gestellt. Ein Blick nach Holland zeigt, wie eine solche Zukunft bei uns aussehen könnte. Die Vereine dort stellen eine individualisierte „Club Card“aus, und in der Regel sind für Spiele nur darüber überhaupt Karten zu bekommen. Eine Weitergabe an Dritte ist nicht zulässig. Eine Club Card kann sich ein Fan auch nur von einem Verein ausstellen lassen. Es gab auch schon mal Auswärtsfan-Sperren bei Duellen zwischen Ajax Amsterdam und Feye-
noord Rotterdam.
Abschaffung der Stehplätze Selbst in den modernen Arenen beließen die Vereine einen Teil der Ränge als Steh-Bereiche, weil hier die „Treuesten der Treuen“die Stimmung erzeugen. Aber aus wirtschaftlicher Sicht? Da sprach Uli Hoeneß schon 2007 bei seiner Wutrede auf der Mitgliederversammlung des FC Bayern manchem Ökonom aus der Seele. Wir zitieren: „Das [Stadion] hat 340 Millionen Euro gekostet. Und das ist nun mal mit sieben Euro in der Südkurve nicht zu finanzieren. Was glaubt ihr eigentlich, wer euch alle finanziert? All die Leute in der VIP-Loge, denen wir das Geld aus der Tasche ziehen.“