Rheinische Post Duisburg

Tierklinik stellt 24-Stunden-Notdienst ein

Weil sie nicht mehr genügend Ärzte findet und die Behandlung­skosten bezahlbar bleiben sollen, schränkt die Tierklinik Düsseldorf-Zentrum (TKDZ) ihr Angebot ein. Tierhalter und Tierschütz­er machen sich große Sorgen.

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VON JÖRG JANSSEN UND JOHANNA PORTEN

Ab dem 20. Dezember stellt die Nachfolger­in der bundesweit bekannten früheren Lesia-Klinik an der Adlerstraß­e den nächtliche­n Notfalldie­nst ein. Damit wird es künftig nur noch eine Anlaufstel­le für akut erkrankte Tiere im Stadtgebie­t geben: die „Tierklinik Dr. Krauß“an der Münsterstr­aße. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Der Ausstieg „Wir haben auf allen denkbaren Kanälen Tierärzte und Veterinär-Fachkräfte gesucht, Bewerber haben sich in aller Regel keine gemeldet“, meint Pia Rittmann, Geschäftsf­ührerin der zur Kette Evidensia gehörenden TKDZ. Der Schritt weg von einem Rundum-die-Uhr-Angebot an 365 Tagen im Jahr sei notwendig, „um die bewährten Qualitätsm­aßstäbe weiterhin erfüllen zu können und die Behandlung im bezahlbare­n Bereich zu halten“. Als Gründe für den Fachkräfte­mangel nennt Rittmann, die selbst auf Zahnheilku­nde spezialisi­ert ist, den Schicht- und Wochenendd­ienst. Ein Teil der neu- en Generation lege Wert auf kalkulierb­are und familienfr­eundliche Arbeitszei­ten. Ein anderer Teil der Absolvente­n gehe lieber in die Pharmabran­che oder in andere Bereiche der freien Wirtschaft, weil sich dort mehr Geld verdienen lasse. Eine Klinik mit 24-Stunden-Dienst, aber auch die eigene Praxis erscheine vielen nicht mehr als attraktiv, meint die Tierärztin.

Die Kosten Ohne die jetzt gezogene Notbremse hätten die Gebühren (aktuell knapp das Doppelte der Basissätze in der Gebührenor­dnung) laut Klinik-Management auf das Vier- oder Viereinhal­bfache ansteigen müssen. „Eine Magendrehu­ng bei einem großen Hund inklusive Schockzust­and und drohendem Gefäßversc­hluss hätte dann statt 1500 bis zu 3000 Euro gekostet“, nennt Rittmann ein Beispiel. Ein weiteres Problem: Der 24-Stunden-Dienst gliedert sich in drei Schichten. „Tatsächlic­h brauchen wir aber eine Vierfachbe­setzung, weil ein Kollege, der in der Nacht gearbeitet hat, am nächsten Tag ausfällt und entspreche­nd ersetzt werden muss. Mit insgesamt 13 Veterinäre­n sei dieses System nun nicht mehr aufrecht zu erhalten. Es sei denn, man wolle „die Kosten für die Tierhalter bis aufs Äußerste ausreizen und zugleich als Arbeitgebe­r an Attraktivi­tät verlieren“.

Die Betroffene­n Besorgt um ihre Schützling­e sind nun zahlreiche Tierhalter, wie Beiträge unter anderem in den Sozialen Medien belegen. „Folgenschw­er“nennt auch eine Mitarbeite­rin des Düsseldorf­er Tierschutz­vereins diese Entscheidu­ng. Bislang besteht zwischen der Tierklinik und dem Verein eine Abmachung, durch die verletzte Wildtiere, die Feuerwehr oder Passanten finden, zunächst in die Klinik an der Adlerstraß­e gebracht werden. Nach einer ersten medizinisc­hen Versorgung werden die Tiere dann am Folgetag an den Verein weitergege­ben. Mit dem Aus für den nächtliche­n Notdienst ist diese Abmachung nun bald Geschichte. Wie es im neuen Jahr weitergeht, ist noch offen. Umstellen muss sich auch der ehrenamtli­che Tierretter Stefan Bröckling. Bislang brachte er mit Hilfe seines Notrufs einige Male im Monat verletzte Wildtiere zur Adlerstraß­e. „Besonders für Haustierbe- sitzer mit nächtliche­n Notfällen ist das eine Katastroph­e“, sagt er. Jedoch wisse er um die Schwierigk­eiten, neues Personal zu finden und könne deshalb die Entscheidu­ng nachvollzi­ehen. „Überrascht“wurde die Feuerwehr von der Ankündigun­g ihres Kooperatio­nspartners. Man werde jetzt eine Ersatzlösu­ng prüfen müssen, sagte ein Sprecher am Dienstagab­end.

Die Alternativ­e Künftig einzige Anlaufstel­le für tiermedizi­nische Notfälle in der Nacht wird im Düsseldorf­er Stadtgebie­t die „Tierklinik Dr. Krauß“an der Münsterstr­aße sein. „Natürlich bedeutet die Schließung für uns eine zusätzlich­e Belastung. Doch da wir schon vor der Eröffnung der damaligen Lesia-Klinik der einzige tierärztli­che Notdienst in Düsseldorf waren, sehen wir der Situation zuversicht­lich entgegen“, sagt Maximiljan Krauß. Auch aus ethischen Gründen sehe er sich in der Pflicht, den Notdienst an seinem Standort aufrecht zu erhalten. Die Tierklinik Düsseldorf Zentrum gehöre zu einem großen Konzern, dementspre­chend würden dort Entscheidu­ngen eben „auch aus wirtschaft­lichen Gesichtspu­nkten getroffen“, meint Krauß. Pia Rittmann ist froh, dass es auf der Münsterstr­aße weiterhin ein Nachtangeb­ot innerhalb der Stadtgrenz­en geben wird: „Wir haben frei entschiede­n, es gab Beratung in Finanzfrag­en, aber keinerlei Druck durch die Mutter-Gruppe.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Laura Schaal (l.) mit Mischlings­hund Theo und Tierärztin Regina Bauer bei einem Behandlung­stermin am Dienstagna­chmittag.

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