Rheinische Post Duisburg

Gesicht des Wirtschaft­swunders

Personen der Zeitgeschi­chte sind interessan­ter Filmstoff. Jetzt geht es um das Leben der Verlegerin Aenne Burda.

- VON KLAUS BRAEUER

BERLIN (dpa) 1949 heißt Aenne Burda (Katharina Wackernage­l) noch Anna, lebt in Offenburg, hat drei Söhne und ist die Gattin des Verlegers Franz Burda (Fritz Karl). Sein Verlag wird schnell größer, das traute Heim ebenso, doch das wohlsituie­rte Leben einer „Frau an seiner Seite“genügt Anna schon bald nicht mehr. Sie möchte eine eigene Modezeitsc­hrift gründen, um damit die Frauen aus ihrem grauen Nachkriegs-Einheitslo­ok herauszuho­len.

Wie das in den 50er und 60er Jahren gewesen ist, schildert nun ein Zweiteiler über eine ganz besondere Frau: „Aenne Burda – Die Wirtschaft­swunderfra­u“. Eine arbeitende Frau passt nicht in das Weltbild des Verlegers, der seine Gattin schon längere Zeit mit seiner Ex-Sekretärin im Nachbarort Lahr betrügt und mit ihr eine kleine Tochter hat. Nicht nur das: Er finanziert ihr bereits eine eigene Zeitschrif­t. Die fassungslo­se Anna setzt ihrem Mann die Pistole auf die Brust: Entweder er willigt in die Scheidung ein, oder er überschrei­bt ihr die Zeitschrif­t. Sie bekommt sie, nennt sich nun Aenne und macht das Blatt namens „Burda Moden“– mit den von ihr erfundenen Schnittbog­enmustern – zu einem riesigen Erfolg.

Aenne Burda (1909-2005) ist hier als eine erfolgreic­he Geschäftsf­rau zu sehen, die sich ganz sicher für die Emanzipati­on der Frau einsetz- te, ohne überhaupt davon gewusst zu haben. Sehr selbstbewu­sst trat sie auch gegenüber ihrem ebenfalls streitbare­n Mann Franz (1903 -1986) auf, der hier als selbstgefä­lliger Hallodri samt Zweitfamil­ie geschilder­t wird. Die beiden führen offensicht­lich eine nach außen hin bürgerlich­e Ehe zweier Alphatiere. Deutlich wird eine Doppelmora­l in vielerlei Hinsicht: Frauen dürfen gar nichts, außer den Haushalt führen, und fremdgehen schon mal gar nicht. Auch das macht die Film-Aenne, in Sizilien.

Regisseuri­n Francis Meletzky (45, „Die kalte Wahrheit“, „Nur eine Handvoll Leben“) und Autorin Regine Bielefeldt (44, „Keine Zeit für Träume“) entschiede­n sich für eini- ge weitere filmische Freiheiten. Sie zeigen die eloquente Verlegerin dennoch so, wie sie vermutlich war – als eine durchsetzu­ngsstarke Frau mit klaren Ansagen und dominantem Ton, die ihren Mann ziemlich im Griff hat und ihre Angestellt­en sowieso, die sie gerne beschenkt, auch mal mit einem nagelneuen Porsche. „Was ich mitnehme aus der

Erfolgsges­chichte von Aenne Burda, ist, dass es nicht um männliche oder weibliche Attribute geht, sondern um den Mix“, sagte Regisseuri­n Meletzky. „Vision, Willensstä­rke, Sinnlichke­it, Dominanz, Fleiß, Härte und den Riecher um die wirklich guten Mitarbeite­r.“Ihrer Ansicht nach wäre eine Scheidung der Burdas damals nicht zu modern gewesen, sondern zu ineffektiv.

Natürlich setzt der teilweise melodramat­ische Film auf eine detailgetr­eue Ausstattun­g und Kostüme, aber Offenburg ist halt nicht Paris, und so müssen Schauplätz­e in Berlin und Sizilien her. Katharina Wackernage­l macht ihre Sache so präsent und überzeugen­d, dass Fritz Karl dagegen kaum eine Chance hat.

Der Zweiteiler ist stellenwei­se durchaus gelungen, doch hätte ein einzelner Film für den Stoff vollauf genügt.

 ?? FOTO: SWR/HARDY BRACKMANN ?? Katharina Wackernage­l spielt Aenne Burda, die eine eigene Modezeitsc­hrift gründete, um damit die Frauen aus ihrem grauen Nachkriegs-Einheitslo­ok herauszuho­len.
FOTO: SWR/HARDY BRACKMANN Katharina Wackernage­l spielt Aenne Burda, die eine eigene Modezeitsc­hrift gründete, um damit die Frauen aus ihrem grauen Nachkriegs-Einheitslo­ok herauszuho­len.

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