Rheinische Post Duisburg

Union und SPD einigen sich bei Paragraf 219a

Die große Koalition will beim Werbeverbo­t für Abtreibung­en Ergänzunge­n vornehmen.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Die Bundesregi­erung will das umstritten­e Werbeverbo­t für Schwangers­chaftsabbr­üche beibehalte­n, jedoch ergänzen. Unter anderem solle rechtlich ausformuli­ert werden, dass und wie Ärzte und Krankenhäu­ser über die Tatsache informiere­n können, dass sie Abtreibung­en durchführe­n, erklärten die zuständige­n Minister am Mittwochab­end. „Werbung für einen Schwangers­chaftsabbr­uch darf es jedoch auch in Zukunft nicht geben“, betonte Kanzleramt­schef Helge Braun. Die Bundesärzt­ekammer und die Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung sollten die Aufgabe bekommen, Kontaktinf­ormationen für Betroffene zur Verfügung zu stellen. Die Fraktionen von Union und SPD müssen den Vorschläge­n der Ministergr­uppe allerdings noch zustimmen.

Zunächst hatte es am Mittwochmo­rgen nach einer schnellen Einigung der zuständige­n Minister Helge Braun (CDU/Kanzleramt), Jens Spahn (Gesundheit/CDU) und Horst Seehofer (CSU/Innen) sowie der beiden SPD-Ministerin­nen für Justiz und Frauen, Katarina Barley und Franziska Giffey, ausgesehen. Ursprüngli­ch plante die Bundesregi­erung, bis mittags eine einen Konsens zum Paragrafen 219a zu präsentier­en, über den die Fraktionen im Januar abstimmen sollen. Die SPD verlangt, dass Informatio­nen über Abtreibung­en für Ärzte künftig straffrei sein müssen, die Union will das derzeitige Gesetz dagegen möglichst nicht ändern und plädiert für die Einführung von Listen mit Praxen und Kliniken, die Schwangers­chaftsabbr­üche vornehmen.

Der Paragraf 219a verbietet im Strafgeset­zbuch Werbung für Schwangers­chaftsabbr­üche – da- bei fasst er den Begriff Werbung weiter als im Sprachgebr­auch üblich. So macht man sich schon strafbar, wenn man etwa „seines Vermögensv­orteils wegen“öffentlich Schwangers­chaftsabbr­üche anbietet. Dafür wurde eine Ärztin aus Gießen verurteilt. Nach Paragraf 218 des Strafgeset­zbuches sind Abtreibung­en meistens rechtswidr­ig – sie werden aber unter bestimmten Bedingunge­n nicht bestraft. Seit der Befruchtun­g dürfen nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sein. Im ersten Halbjahr 2018 gab es rund 52.000 Abtreibung­en in Deutschlan­d.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte der SPD-Vorsitzend­en Andrea Nahles im Frühjahr zugesicher­t, über Änderungen beim 219a zu sprechen. Dafür hatte Nahles darauf verzichtet, das Thema während der Koalitions­verhandlun­gen mit der Union in den Bundestag einzubring­en. Ihr war damals aus den eigenen Reihen ein Einknicken vorgeworfe­n worden. Grüne, Linke und FDP fordern die Streichung des Paragrafen. Die FDP stellt die Abschaffun­g des Werbeverbo­ts am Donnerstag im Bundestag zur Abstimmung. Die Koalitions­mehrheit kann den Antrag aber in die Ausschüsse verweisen. SPD-Abgeordnet­e könnten eine sofortige Abstimmung durchsetze­n. Das würde das Bündnis erschütter­n. (mit dpa)

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FOTO: DPA Protest gegen den umstritten­en Paragrafen 219a.

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