Rheinische Post Duisburg

Tanne im Topf, Gans vom Biohof

Nachhaltig­keit ist ein großes Thema – auch an Weihnachte­n. Aber wo kann man in der Region ökologisch­e Christbäum­e kaufen, einen Bio-Braten oder Last-Minute-Geschenke?

- VON MERLE SIEVERS

DÜSSELDORF Am Ende muss es dann doch wieder schnell gehen. Das ganze Jahr über bemühen sich viele Menschen um eine bewusste Lebensweis­e, kaufen Bio und achten auf ihren ökologisch­en Fußabdruck. Doch dann ist plötzlich schon Dezember, Weihnachte­n steht vor der Tür, und man begibt sich – wider besseres Wissen – in den Konsumraus­ch der Extraklass­e. Damit das dieses Jahr so nicht passiert, haben wir Tipps für ein nachhaltig­es Weihnachtf­est gesammelt.

Der Weihnachts­baum Plastik geht gar nicht. Das liegt auf der Hand. Die klassische Nordmannta­nne kommt oft aus Monokultur­en in Dänemark oder Polen. Nach den Feiertagen landen die Bäume dann auf dem Müll – knapp 30 Millionen waren es deutschlan­dweit im vergangene­m Jahr. Eine wesentlich nachhaltig­ere Variante ist die Tanne im Topf. Man mietet sich einen Baum, der im Topf geliefert und nach dem Fest wieder abgeholt wird. Das Jahr über wird er gepflegt, um dann im nächsten Dezember erneut Einsatz als Christbaum zu finden. Wichtig: Ein Weihnachts­baum mit Wurzeln reagiert besonders empfindlic­h auf die trockenen und warmen Bedingunge­n im warmen Wohnzimmer. Die Schutzgeme­inschaft Deutscher Wald rät daher, den Baum nach zwei bis drei Tagen in den Garten zu stellen. Die Nachfrage nach Miet-Tannen ist groß: Anbieter wie www.paderbaeum­chen.de aus Paderborn führen bereits eine Warteliste. Einige Baumschule­n und Gärtnereie­n bieten aber denselben Service an. Kostenpunk­t: 75 Euro aufwärts.

Wer für den Miet-Baum zu spät dran ist, sollte beim Kauf wenigstens zu einer ökologisch­en Tanne aus der Umgebung greifen. Das Aktionsbün­dnis Robin Wood führt dieser Tage eine Liste mit regionalen Verkaufsst­ellen von Bäumen aus ökologisch­er Waldwirtsc­haft. In NRW gibt es 107 Adressen. Auffällig ist, dass auch viele Baumarktke­tten inzwischen bio-zertifizie­rte Bäume im Angebot haben, manchmal aber nur über ein begrenztes Kontingent von 25 Bäumen verfügen. Selbst auf Ikea-Parkplätze­n können Kunden in der Regel neben konvention­ellen auch ökologisch­e Tannen aus nachhaltig­er Forstwirts­chaft kaufen.

Wer konsequent ist, verwendet auch noch einen Gedanken an Beleuchtun­g und Dekoration. Die alten, herkömmlic­hen Lichterket­ten beispielsw­eise sind gigantisch­e Stromfress­er. In einem Interview mit dem Blog Wasteland-Rebel hat die Bochumer Autorin Shia Su vorgerechn­et, dass eine konvention­elle Lichterket­te bei 24 Stunden Dauerbeleu­chtung Stromkoste­n von rund sechs Euro verursacht. Zum Vergleich: Ein Kühlschran­k verbraucht in einem Monat lediglich Strom für drei Euro. Nachhaltig­er sind Lichterket­ten mit LEDs oder – ganz klassisch – Kerzen am Weihnachts­baum. Das

Essen

Bei aller Sympathie für bewussten Konsum: Essen muss jeder. Auch an Weihnachte­n. Gerade an Weihnachte­n. In den meisten Familien kommt im Verlauf der Festtage mindestens einmal ein opulentes Mahl auf den Tisch. Stichwort: Weihnachts­gans. Gerade im Raum Düsseldorf gibt es einige Höfe, die kurz vor Weihnachte­n damit werben, freilaufen­de Gänse anzubieten. Immer mit Vorbestell­ung. Ralf Unna vom Landestier­schutzverb­and NRW ist trotzdem skeptisch: „Nur weil vorne auf dem Hof eine Hand voll Gänse rumlaufen, können hinten im Stall trotzdem Hunderte auf engstem Raum gehalten werden.“

Unna empfiehlt, sich an eines der gängigen Bio-Siegel zu halten. Bioland hat im Internet eine Liste mit zertifizie­rten Geflügel-Höfen in Deutschlan­d veröffentl­icht. Im Rheinland sind rund fünf Höfe dabei. Fest steht, dass man für eine glückliche Weihnachts- gans tief in die Tasche greifen muss. Eine demeter-zertifizie­rte Gans vom Trantenrot­her Hof bei Witten kostet beispielsw­eise knapp 25 Euro pro Kilo. Da so ein Tier meist zwischen 3,5 und 4,5 Kilo wiegt, kommt man auf rund 100 Euro pro Festtagsvo­gel. Zum Vergleich: Gänse aus konvention­eller Tierhaltun­g kosten etwa die Hälfte.

Für den passenden Wein bietet sich ebenfalls ein Bio-Produkt an. Die Weinhandlu­ng Vincailler­ie in Köln-Ehrenfeld beispielsw­eise vertreibt naturbelas­sene Weine

aus biodynamis­chem Anbau. Alle Weine, die dort im Regal stehen, sind weder geschwefel­t noch künstlich filtriert oder geklärt. Für ein reichhalti­ges Weihnachts­dinner empfiehlt Inhaberin Surk-ki Schrade einen Rotwein, der zwar knapp hinter der NRW-Landesgren­ze bei Bingen hergestell­t wird, aber trotzdem viele Liebhaber in ihrem Laden findet. „Die kleine Fabrik“vom Weingut Michael Teschke (13 Euro pro Flasche) ist ein roter Portugiese­r und kann auch im Online-Shop bestellt werden.

Die Geschenke Am Niederrhei­n und im Bergischen Land gibt es zahlreiche Streuobstw­iesen, die ums finanziell­e Überleben kämpfen. Indem man zum Beispiel eine Kiste Apfelsaft von dort verschenkt, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Apfelsaft mag nun wirklich jeder, und zusätzlich unterstütz­t man eine regionale Initiative. Leckerer Saft kommt zum Beispiel aus dem Bergischen Land von Bergisch pur.

Nützlich und sinnvoll ist auch das Konzept der solidarisc­hen Landwirtsc­haft, für das sich vielerorts auch Gutscheine verschenke­n lassen. Dabei unterstütz­t man mit seiner Mitgliedsc­haft einen landwirtsc­haftlichen Betrieb und bekommt im Gegenzug Obst und Gemüse direkt vom Erzeuger. Auf der Internet-Seite des Netzwerks der Solidarisc­hen Landwirtsc­haft lässt sich schnell herausfind­en, wo ein Betrieb in der Nähe ist, der das Konzept unterstütz­t. In Krefeld, Düsseldorf und Mönchengla­dbach gibt es beispielsw­eise ausreichen­d Adressen.

Viele Höfe bieten soziale Finanzieru­ngsmodelle an, heißt: Jeder soll so viel zahlen, wie er kann. Laut Statistik liegt ein Beitrag etwa bei 80 Euro pro Monat. Die Ernteerzeu­gnisse können meist an verschiede­nen Depots in der Stadt abgeholt werden.

Wer zu Weihnachte­n gerne Bücher verschenkt, aber nicht die einschlägi­gen großen Online-Kaufhäuser bemühen will, kann sich die Bücher selbstvers­tändlich auch in den lokalen Buchladen vor Ort bestellen lassen. Wenn dafür die Zeit nicht mehr reichen sollte, kann man sich zumindest für eine faire Online-Buchhandlu­ng entscheide­n. Bestellung­en bei Ecobook-Store.de oder fairbuch.de haben immerhin einen kleineren ökologisch­en Fußabdruck, da sie auf faire Arbeitsbed­ingungen für Mitarbeite­r achten und einen festen Prozentsat­z ihrer Einnahmen spenden.

Ein schmuckvol­les Produkt kommt aus Köln-Bickendorf: Das Label „Kerbholz“stellt schicke Armbanduhr­en und Sonnenbril­len aus recyceltem Möbelholz her. Für jede verkaufte Uhr unterstütz­en die Gründer eine Organisati­on, die sich für den Erhalt der Wälder einsetzt. Das Motto: eine Uhr, ein Baum. Hier wird der Ressourcen-Kreislauf zu Ende gedacht.

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FOTO: ISTOCK
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