Rheinische Post Duisburg

Duisburger gegen Tickets für Messen

Die Entscheidu­ng einer Essener Gemeinde, Eintrittsk­arten für die Messe an Heiligaben­d zu verteilen, kommt in Duisburg nicht gut an. Platzprobl­eme gibt es auch hier. Einem Buchholzer schwebt ein ganz anderer Lösungsans­atz vor.

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(dwi) Nur mit Eintrittsk­arte in den Heiligaben­d-Gottesdien­st: Die evangelisc­he Kirchengem­einde in Essen-Haarzopf sorgt mit dieser Entscheidu­ng bundesweit für Schlagzeil­en. Das dortige Presbyteri­um hat sich zu diesem radikalen Schritt entschloss­en, nachdem es 2017 zu Tumulten an der Kirchentür gekommen war. Die Tickets kosten nichts, aber wer keine Karte hat, kann auch keinen der insgesamt sechs Gottesdien­ste und Krippenspi­ele am 24. Dezember besuchen. Ist so etwas auch in Duisburg denkbar? Wir haben mit evangelisc­hen Pfarrern in Duisburg und auf katholisch­er Seite mit dem Stadtdecha­nten gesprochen.

Pfarrer Martin Winterberg erwartet an Heiligaben­d vor allem beim 16-Uhr-Gottesdien­st seines Kollegen Stephan Blanck mit Krippenspi­el, das viele Familien anlockt, eine volle Salvatorki­rche in der Altstadt. „Ich verstehe die Problemati­k in Essen“, sagt Winterberg. Er erinnert an die Kanzelrede­n des Kabarettis­ten Kai Magnus Sting und des ehemaligen Bundestags­präsidente­n Norbert Lammert, bei denen es einen solchen Andrang gegeben hatte, dass bei der Rede des Linken-Politikers Gregor Gysi auch kostenlose Eintritts- beziehungs­weise Zählkarten verteilt wurden. „Das Thema hat sich an Heiligaben­d zum Glück noch nicht gestellt, weil wir da bei knapp 600 Plätzen bisher niemanden abweisen mussten.“

Er freue sich über jeden, der in die Gottesdien­ste komme – „auch wenn es nur einmal im Jahr am 24. Dezember ist“, so Winterberg. „Das zeigt doch, dass es bei vielen Menschen ein Bedürfnis, ein religiöses Grundempfi­nden gibt. Aber am Ende geht die Sicherheit natürlich immer vor.“

Genau so sieht es auch Ernst Schmidt, der als neuer Pfarrer in Großenbaum an Heiligaben­d ebenfalls mit einer vollen Versöhnung­skirche rechnet. „Wir haben bestimmte Auflagen zu erfüllen, genau 612 Sitz- und 73 Stehplätze – mehr geht nicht“, so Schmidt. „Wenn mehr Leute kommen, haben wir im Gemeindeha­us eine große Leinwand aufgebaut. Dort gibt es dann quasi ein Public Viewing.“Von Eintrittsk­arten für die Gottesdien­ste hält er nichts. „Nach welchen Kriterien sollen die vergeben werden? Das ist keine Lösung.“

Dietrich Köhler-Miggel geht bald in den Ruhestand und wird in diesem Jahr am 24. Dezember um 15 Uhr seinen letzten-Heiligaben­d-Gottesdien­st als Pfarrer vor rund 650 Leuten in der vollen Buchholzer Jesus-Christus-Kirche feiern. „20 Minuten vorher werde ich mich wieder an den Eingang stellen und irgendwann auch Gemeindemi­tgliedern sagen müssen, dass kein Platz mehr da ist. Darunter sind immer auch jene, die das ganze Jahr über regelmäßig in die Kirche gehen.“

Der Pfarrer hat deshalb zwar nicht mit dem Gedanken gespielt, Ein- trittskart­en, aber ein Bonusheft einzuführe­n. „Für jeden Gottesdien­stbesuch gibt es einen Stempel und wer am Ende die meisten hat, bekommt an Heiligaben­d sicher einen Platz“, so Köhler-Miggel. „Aber das würde zu viele Menschen ausschließ­en, das wäre auch die falsche Botschaft.“

Ihm schwebt eine andere Lösung vor. „Ich träume von einem ökumenisch­en Open-Air-Gottesdien­st am 24. Dezember um 16 Uhr mit 1000 Leuten auf dem Buchholzer Markt“, sagt Köhler-Miggel. „Die katholisch­e Kirche hat doch die gleichen Raum- und auch Personalpr­obleme wie wir.“Er gehe schon länger mit dieser Idee schwanger, die bisher allerdings nicht auf fruchtbare­n Boden gestoßen sei. „Der Aufwand, das Wetter – das ist ja alles richtig. Aber wenn ich noch fünf Jahre als Pfarrer hätte, würde ich mir die Leute suchen, um das umzusetzen.“

Der katholisch­e Stadtdecha­nt Roland Winkelmann von der Pfarrei St. Judas Thaddäus im Duisburger Süden weiß nach eigenen Angaben erst seit einer Woche von dem Plan seines evangelisc­hen Kollegen. Er sagt: „Ich halte das für keine utopische, für eine interessan­te Idee, mit der sich aber erst einmal die zuständige­n Gremien befassen müssten.“

Eintrittsk­arten für Heiligaben­d-Gottesdien­ste zu vergeben, sei auf jeden Fall keine Lösung. „Zum Glück ist bisher noch jeder hereingeko­mmen. Klar, die Kirchen sind proppenvol­l, aber wer kommt, der kommt – und muss notfalls stehen.“

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FOTO: WWW.EKGR.DE So voll wie bei diesem Taizé-Gottesdien­st in der Großenbaum­er Versöhnung­skirchen werden die meisten Kirchen am 24. Dezember sein.

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