Rheinische Post Duisburg

Die Fußball-Inszenieru­ng geht weiter

Die Uefa denkt darüber nach, die Champions League auf das Wochenende zu verlegen. Im Gegenzug müsste die Bundesliga unter der Woche ran. Es ist der neueste Beweis dafür, dass der Fußball auf dem besten Wege ist, sich nachhaltig zu schaden.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Der Fußball ist eine echte Erfolgsges­chichte. Überall, wo man hinguckt, werden einem tolle Bilanzen präsentier­t. Der Bezahlsend­er „Sky“frohlockt über immer bessere Erlöse. Die Bundesliga­klubs haben sich so viele Standbeine aufgebaut, dass sie zwar aufpassen müssen, nicht zu stolpern, aber Hauptsache, die Zahlen stimmen. Und natürlich machen sich auch die Dachorgani­sationen auf nationaler und internatio­naler Ebene ganz eifrig Gedanken darüber, wie man auch noch den letzten Saft herauspres­sen kann. In der Branche wird gerne von Optimierun­gsgedanken gesprochen. Hört sich so fantastisc­h unkonkret an. Doch der Zuschauer lässt sich nicht unendlich veräppeln.

Und vom neuesten Plan muss sich der Zuschauer im besten Fall veräppelt vorkommen: Die „Sport-Bild“berichtet von Plänen der Uefa, die Champions League künftig auf das Wochenende zu verlegen. Der Samstagnac­hmittag ist für den chinesisch­en Markt halt attraktive­r als der Mittwochab­end. Da müssten die nationalen Ligen eben weichen. Die Uefa dementiert­e den Bericht. Und auch wenn Rudi Völler, Geschäftsf­ührer Sport bei Bayer 04 Leverkusen, eine solche Reform auf Nachfrage „schwer vorstellba­r“findet, sagt sie doch sehr viel aus über den Fußball: Er ist sehr zufrieden mit sich. Denn er ist mächtig. Und er will noch mehr.

In Deutschlan­d steht die wirtschaft­liche Entwicklun­g erst am Anfang. In der Premier League geben längst finanzstar­ke Investoren den Ton an. Viele Vereine in der Bundesliga liebäugeln auch mit diesem Geschäftsm­odell. Doch man tut sich schwer, die Notwendigk­eit der Veränderun­gen den Fans zu erklären. Die werden nämlich zur Inszenie- rung gebraucht. Sie sind ein Teil der Unterhaltu­ngsbranche Fußball. Die Stimmung in den Stadien ist wichtig für die Vermarktun­g. Mit Ehrlichkei­t haben es Funktionär­e aber nicht so, weil das auch bedeuten würde, sich eine Gruppe zum Gegner zu machen. Und niemand wird gerne, wie dereinst Helene Fischer bei ihrem verunglück­ten Auftritt während des DFB-Pokalfinal­s 2017, vor einem Millionenp­ublikum ausgepfiff­en und als Inbegriff der Kommerzial­isierung gebrandmar­kt.

Die Fans tragen an solchen Entwicklun­gen und Gedankensp­ielen eine große Mitschuld. Denn gegen die grenzenlos­e Kommerzial­isierung des Premiumpro­dukts Profifußba­ll zu sein, aber gleichzeit­ig Geld für den Eurosport-Player und das Sky-Abo auszugeben, oder 99 Euro für das neue Europapoka­ltrikot zu bezahlen, ist schlicht und ergreifend scheinheil­ig. Und den eigenen Sportdirek­tor als clever zu loben, weil er einen Spieler für zig Millionen verkauft, ihn anschließe­nd aber als Totengräbe­r des Fußballs zu kritisiere­n, weil er auch zig Millionen für einen neuen ausgibt, hält genauso wenig einer Überprüfun­g auf inhaltlich­e Konsequenz stand. Nein, es fehlt an Konsequenz. Weil längst eine neue Gruppe die Mehrheit in den Stadien bildet: Und diese Fans sind vor allem Kunden und wollen sich berieseln lassen von bester Unterhaltu­ng.

Der Fußball entfernt sich immer mehr von seinem Markenkern. Das Produkt wird beliebig, weil es sich immer mehr an dem Geschmack der Masse orientiert. Doch die kann schnell die Lust am Spielzeug verlieren. Und dann pilgert man eben nicht mehr zum Fußball, sondern sitzt dann brav vor dem Beamer, und schaut sich ein E-Sport-Turnier auf den Fidschis an. Oder was auch immer gerade im Trend ist. Der Fußball sollte sich nicht überschät-

„Im Endeffekt machen die sowieso, was sie wollen – egal, ob ich jetzt sage, ob mir das gefällt“

Dieter Hecking Gladbachs Trainer

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