Rheinische Post Duisburg

„Gretchen“erschnüffe­lt Giftköder

Giftköder-Suchhunde können das Leben anderer Vierbeiner retten. Seit 2011 ist Dennis Panthen mit den Tieren in Essen unterwegs. Viel häufiger als Giftköder seien allerdings Vergiftung­en im Haushalt, sagt der Hundetrain­er.

- VON ANTJE SEEMANN

ESSEN Hinter jedem Busch, in jeder Wiese, unter jedem Blatt könnte ein Köder versteckt sein – für Tiere potenziell lebensgefä­hrlich. Die Fallen sind schnell gebaut: Meist wird ein Stück Fleisch mit Gift, Nägeln oder Klingen gespickt. Dass der Fleischger­uch Hunde anlockt, macht sich Trainer Dennis Panthen zu Nutze. „Werfen Sie mal eine braune Frikadelle ins Herbstlaub. Kein Mensch findet das. Der Hund schon. Genau darin liegt die Lösung.“

Die Hunde sollen das Fleisch finden, nicht etwa das Gift oder die Schrauben. Das ist die Gemeinsamk­eit bei den Ködern und auch die Herausford­erung bei der Ausbildung. „Man lässt die Hunde mit großer Anstrengun­g etwas suchen, was sie aber nicht haben dürfen, nämlich den fressbaren Köder“, sagt Panthen. „Wir trainieren, diese Verlockung anzuzeigen. Es kann auch mal sein, dass der Suchhund sich neben einen weggeworfe­nen Döner legt, der nicht vergiftet ist. Das unterschei­det er natürlich nicht. Genau das wollen wir: Dass sie auf die fressbaren Funde verzichten und Gehorsam zeigen. Das wird belohnt und das Verhalten verstärkt.“

Angefangen hat Panthen mit seinem eigenen Hund. Dann ging es darum, die Ausbildung auch für Familienhu­nde zugänglich zu machen. Prinzipiel­l kann jeder Hund ein Giftköder-Suchhund werden, sagt Panthen. Es komme eher auf den Charakter des Tieres an als auf die Rasse. „Er muss Spaß haben an der Zusammenar­beit mit den Menschen und soziale Kompetenz. Er muss aber auch Sicherheit haben.“Dort, wo gesucht wird, ist meistens viel los. Der Hund darf sich nicht ablenken lassen. 25 Hunde haben die Ausbildung bereits absolviert.

Nach sieben Jahren Giftköder-Suche hat Dennis Panthen allerdings ein anderes Bild von dem Thema. Soziale Netzwerke seien voll mit Meldungen über Giftköder-Funde beziehungs­weise Vermutunge­n. Bewiesen werden hingegen nur wenige. Einzelne Meldungen, die in der Nähe sind, picken sich die Hundetrain­er zu Übungszwec­ken heraus, sammeln von den Meldern Infos und suchen die Stellen ab. Meistens allerdings, ohne die Vermu- tungen bestätigen zu können. „Ein Großteil der Meldungen sind nicht so spektakulä­r, wie sie sich im Internet lesen. Man muss genau nachfragen, wann und wo das war.“Oft entpuppen sich die Meldungen dann als Hörensagen, eine genaue Gebietsbes­chreibung gibt es nicht.

Manchmal ist es auch nur eine Vermutung der Hundebesit­zer, dass ihr Tier vergiftet worden sein könnte. „Der Tierarzt spricht dann von vergiftung­sähnlichen Erscheinun­gen. Wenn der Hund stirbt, ist in vielen Fällen nicht klar, woran genau. Das ist auch eine Kostenfrag­e, ob man das Tier obduzieren lässt, um eine Fremdvergi­ftung nachzuweis­en“, sagt der Hundetrain­er. Zufallsfun­de draußen, wie sie vielfach in sozialen Netzwerken geteilt werden, seien nicht so häufig, wie man

denkt. „Die Vergiftung­sproblemat­ik von Hunden ist eine Tatsache. Hunde werden aber meistens aus dem nahen Umfeld umgebracht.“Zum Beispiel von Nachbarn der Besitzer.

Panthen will die Gefahr nicht heruntersp­ielen. Es gibt immer mal wieder echte Funde, mit denen Tiere vergiftet oder verletzt werden sollten. Dann ist aber schnelles Handeln der Hundehalte­r gefragt: „Bei einer Meldung, die vier oder fünf Tage alt ist, können wir in der Regel nichts mehr finden. Außer, es legt jemand gezielt nach. Andere Tiere fressen das auch und die müsste man dann tot in der Nähe finden.“

Häufig steckt aber auch was anderes hinter einer Vergiftung, sagt er. „Man muss eben gucken, wie echt die Meldungen sind. Manchmal handelt es sich auch um eine sekundäre Vergiftung.“Wenn der Hund eine tote Ratte oder Maus frisst, die an Rattengift gestorben ist, wird auch der Hund damit vergiftet. Besonders die Gefahren im Haushalt sollte man aber nie unterschät­zen. „Medikament­e, Schokolade, Haushaltsg­ifte – wenn Hunde das zu Hause aufnehmen, ist das unter Umständen auch das Todesurtei­l für den Hund.“

 ?? FOTOS: SEEMANN, DPA ?? Nicole Momma – hier mit Hündin „Gretchen“– trainiert ebenfalls Spürhundei­n Essen.
FOTOS: SEEMANN, DPA Nicole Momma – hier mit Hündin „Gretchen“– trainiert ebenfalls Spürhundei­n Essen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany