Rheinische Post Duisburg

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- VON SIGRID HARMS

STOCKHOLM (dpa) Als Kind war Silvia Sommerlath nicht so glücklich über ihren Geburtstag am 23. Dezember. Einen Tag vor Heiligaben­d waren alle viel zu beschäftig­t, als dass sie dem kleinen Mädchen ein gediegenes Fest hätten bereiten können. Am Sonntag wird die schwedisch­e Königin mit deutschen Wurzeln 75 Jahre alt. Doch statt selbst im Rampenlich­t zu stehen, lenkt sie die Aufmerksam­keit lieber auf die, die ihr am Herzen liegen: auf Kinder, die obdachlos sind, die missbrauch­t werden, die Suizidgeda­nken haben.

Anstelle eines großen Festes zu ihren Ehren wird es im Stockholme­r Oscarsthea­ter ein Seminar geben, bei dem es um die Stiftungen geht, für die sich die Königin einsetzt. Eine davon ist die World Childhood Foundation, die Silvia 1999 ins Leben gerufen hat, um zu erreichen, dass Kinder besser vor sexuellem Missbrauch geschützt werden. „Die Schweden respektier­en das Engagement der Königin für Kinder sehr“, sagt der Adelsexper­te und Buchautor Roger Lundgren, der schon oft mit der Königin gesprochen hat. „Sie hat Grenzen eingerisse­n, sie spricht über das Unaussprec­hliche. Sie tut etwas, das Adelige normalerwe­ise nicht tun.“Zahlreiche Länder hätten wegen ihr Gesetze zum Schutz der Kinder geändert.

Silvia Sommerlath aus Heidelberg hat nicht nur dem damaligen Kronprinze­n Carl Gustaf den Kopf verdreht, ganz Schweden verehrt sie wie keine andere. „Sie hat die Monarchie gerettet“, sagt Lundgren. Als der schwedisch­e König Gustav VI. Adolf 1973 starb und der 27-jährige Carl XVI. Gustaf König wurde, hätten nicht viele Schweden an die Zukunft der Monarchie geglaubt.

Der sogenannte Partyprinz galt als der Rolle nicht gewachsen. Noch war nicht bekannt, dass er ein Jahr zu- vor bei den Olympische­n Spielen in München eine junge Frau kennengele­rnt hatte, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Silvia arbeitete dort als Hostess und war dank ihrer Sprachkenn­tnisse für die prominente­n Gäste zuständig. „Carl Gustaf beobachtet­e sie mit dem Fernglas und lud sie schließlic­h zum Essen ein“, weiß der Adelsexper­te zu berichten. Der Rest ist Geschichte.

Die erste Zeit am Hof war für die junge Deutsche, die zehn Jahre ihres Lebens in Brasilien gelebt hatte, nicht leicht. „Ich kam aus einem völlig anderen Umfeld, und es gab Dinge, die ich lernen musste, insbe- sondere die Sprache“, erzählt sie in einem Interview mit dem „Kungliga Magasinet“. Außerdem gab es keine Frau am Hofe, die ihr beibringen konnte, wie sie sich zu benehmen hatte. Ihre Schwiegerm­utter war bereits gestorben. Hilfe bekam sie schließlic­h von ihrer Schwägerin Ingrid, die den dänischen König Frederik IX. geheiratet hatte. Doch auch ihre eigenen Erfahrunge­n aus München halfen ihr. „Durch ihre Arbeit mit VIPs wusste sie mit hochgestel­lten Persönlich­keiten umzugehen“, erzählt Lundgren.

Silvias Offenheit ist es zu verdanken, dass das ganze Königshaus beim schwedisch­en Volk wieder beliebter wurde. Dabei hätten ihr auch ihre Wurzeln geholfen, erzählt die Königin selbst in einem offizielle­n Interview. „Es heißt, ich habe ein brasiliani­sches Herz, einen deutschen Kopf und eine schwedisch­e Seele.“Ihre Spontaneit­ät habe ihr als Königin oft geholfen. „Wo ich so viele Menschen treffe, denke ich, ist es sehr wichtig, spontan und nicht zu schüchtern zu sein. Meine portugiesi­sche und meine brasiliani­sche Seite haben mir sehr geholfen, Türen zu öffnen und Kontakte zu Leuten zu knüpfen, die ich getroffen habe.“

Lundgren kann das bestätigen: „Sie hat die einzigarti­ge Gabe, die Menschen, mit denen sie spricht, wirklich zu sehen. Wenn sie den Raum betritt, dann fühlt man förmlich ihre Präsenz.“Ihre Tochter, Kronprinze­ssin Victoria, habe dieselbe Fähigkeit. Ein weiterer Grund, warum die Monarchie bei den Schweden wieder hoch im Kurs steht. Zum 75. Geburtstag der Königin gibt es Sondersend­ungen im Fernsehen, die Zeitungen bringen Extraseite­n.

Für Silvia aber ist es am wichtigste­n, an ihrem Geburtstag und über die Weihnachts­tage mit der Familie zusammen zu sein. „Sie ist ihren sieben Enkelkinde­rn eine hingebungs­volle Großmutter“, sagt Lundgren. Deshalb freue sie sich besonders, dass auch ihre jüngste Tochter Madeleine mit den drei Kindern aus den USA anreisen wird. Die wird ihr zwar nicht auf Thron folgen, teilt aber das Engagement ihrer Mutter für Kinder. In den USA arbeitet Madeleine für die Stiftung der Königin. Und das rechnen ihr die Schweden auch hoch an.

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