Rheinische Post Duisburg

Neue Hoffnung für Herzinfark­tpatienten

Prof. Wolfgang Schöls vom Herzzentru­m Meiderich und eine Medikament­enstudie, die für viele Patienten großes Glück bedeuten kann.

- VON MIKE MICHEL

Helmut Schmidt war ein Kettenrauc­her – und wurde 96 Jahre alt. Der Altbundesk­anzler wurde zwar mehrfach am Herzen operiert, rauchte aber bis ins hohe Alter. Andere Menschen haben schon mit 50 gesundheit­liche Probleme mit Arterioskl­erose, im Volksmund „Arterienve­rkalkung“genannt, und erleiden Infarkte. „Helmut Schmidt hatte sicher gute Gene“, sagt Prof. Wolfgang Schöls. Der Chefarzt der Angiologie im Herzzentru­m Meiderich weiß inzwischen, wie man Menschen helfen kann, die nicht ganz so gute Gene haben wie der Hanseat. Von einer medizinisc­hen „Sensation“möchte Schöls aber nicht sprechen. Für weltweite Furore hat das Forschungs­ergebnis einer Infarkt-Studie aber schon gesorgt. Allerdings war das Meideriche­r Herzzentru­m dabei nur ein Rädchen im Forschungs­getriebe: Mehr als drei Jahre lang haben weltweit 10.061 Patienten an dieser Studie teilgenomm­en – einige eben auch in Meiderich.

Schöls hat an der sogenannte­n „Cantos“-Studie des Pharmazier­iesen Novartis mitgewirkt. Das Ergebnis: Es ist nicht allein das schädliche Cholesteri­n und die damit verbundene­n Verengunge­n der Gefäße durch angesammel­tes Plaque, die letztlich einen Infarkt auslösen. Es sind vielmehr Entzündung­en, die ausschlagg­ebend sind. Dagegen lässt sich etwas machen – und das gibt vielen Herzinfark­tpatienten Hoffnung und eine neue Perspektiv­e.

Zuvor war allgemein bekannt, dass schlechte Cholesteri­nwerte zu Ablagerung­en an der Innenseite von Gefäßen führen können. Die Verengung von Arterien und ein gestörter Blutfluss sind die Folgen. „Das alleine ist aber noch nicht besorgnise­rregend. Selbst ein Gefäß, dass zu 80 Prozent verengt ist, muss nicht zu einem Infarkt führen“, sagt Schöls. Der Erkrankte käme vermutlich beim Treppenste­igen schnell ins Schnaufen, weil durch sein Blut nicht schnell genug Sauerstoff transporti­ert würde. „Dagegen führt auch eine vergleichs­weise kleine Verengung von vielleicht zehn Prozent zum Herzinfark­t, wenn in einem Herzkranzg­efäß eine Fettablage­rung platzt und das Gefäß verstopft.“Die Frage, die sich den Forschern weltweit stellte: Warum platzen manche Ablagerung­en auf und führen zum Herzinfark­t, während andere, die auch deutlich grö- ßer sein können, über Jahrzehnte stabil bleiben? Darauf hat die Studie, die Schöls mit Unterstütz­ung der Studienkoo­rdinatorin Dunja Schulenbur­g in Meiderich über eine längere Zeit durchgefüh­rt hat, eine eindeutige Antwort gegeben – in Einklang mit den Ergebnisse­n anderer Hospitäler in der ganzen Welt, die ebenfalls daran beteiligt waren.

Die „Cantos“-Studie hat Vermutunge­n belegt, die bisher nicht bewiesen werden konnten: Es sind Entzündung­en innerhalb der Lipidansam­mlungen in den Arterien, die die von einer schützende­n Schicht umgebende Plaque aufplatzen lassen und zum Verschluss führen. „Die Entzündung­swerte lassen sich durch einen Test auf sogenannte C-reaktive Proteine (CRP) nachweisen“, erläutert Schöls. Sind die CRP-Werte erhöht, steigt die Gefahr eines neuerliche­n Herzinfark­tes deutlich an.

Die CRP-Werte lassen sich durch Laborunter­suchungen des Blutes nachweisen. „Das ist allerdings sehr aufwändig und kann nur von Speziallab­oren durchgefüh­rt werden. Die Werte liegen schließlic­h im Pikogramm-Bereich.“Ein Pikogramm ist ein Billonstel Gramm – also (fast) Die Teilnahme an einer solchen medizinisc­hen Studie ist für die Patienten natürlich freiwillig – aber es ist nicht immer ganz einfach, sie über Wochen und Monate zu motivieren. Studienkoo­rdinatorin Dunja Schulenbur­g weiß, wie heikel der Umgang mit Infarktpat­ienten sein kann. Schließlic­h haben sie vielfach nicht nur mit ihrer körperlich­en Krankheit, sondern auch mit den psychische­n Folgen zu kämpfen. „Ich versuche, die Stimmung zu ent- Seite C 1

Glück kann man auch in den allerletzt­en Lebenstage­n erfahren. Ein großes Glück ist dann sicherlich, wenn es ehrenamtli­ch tätige Menschen gibt, die sich hier engagieren.

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Für Kinder ist Heiligaben­d oftmals einer der glücklichs­ten Tage im ganzen Jahr. Die Redaktion hat da ganz eigene Erfahrunge­n in Erinnerung gebracht.

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Das Team der RP-Lokalredak­tion Duisburg wünscht allen Lesern ein glückliche­s Weihnachts­fest! krampfen. Dabei können kleine Benefits helfen. Wer frühmorgen­ds nüchtern eine Blutprobe abgeben muss, der freut sich zum Beispiel, wenn er anschließe­nd ein Frühstück spendiert bekommt – auf Kosten des Hauses.“

Dunja Schulenbur­g erklärt, wie eine sogenannte Blindstudi­e funktionie­rt: „Ein Teil der Studientei­lnehmer erhält einen Wirkstoff, ein Teil nur ein Placebo. Wir wissen zunächst selbst nicht, wer was bekommt. So können die Ergebnisse hinterher objektiv untersucht werden.“

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN ?? Prof. Wolfgang Schöls , Chefarzt der Angiologie im Herzzentru­m Meiderich, hat an einer Studie mitgewirkt, die Infarktpat­ienten zu neuem Lebensglüc­k verhelfen kann. Die Grafik zeigt, wie das Blut im Normalfall durch ein Gefäß strömt (oben) und wie sich Ablagerung­en an den Gefäßwände­n auswirken können.
FOTO: UK SAARLAND FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Prof. Wolfgang Schöls , Chefarzt der Angiologie im Herzzentru­m Meiderich, hat an einer Studie mitgewirkt, die Infarktpat­ienten zu neuem Lebensglüc­k verhelfen kann. Die Grafik zeigt, wie das Blut im Normalfall durch ein Gefäß strömt (oben) und wie sich Ablagerung­en an den Gefäßwände­n auswirken können.

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