Rheinische Post Duisburg

Lieberknec­ht und seine musikalisc­he Ader

Torsten Lieberknec­ht ist ein leidenscha­ftlicher Musik-Liebhaber. Der MSV-Trainer sammelt viele Platten und besucht Konzerte.

- VON DIRK RETZLAFF

Torsten Lieberknec­ht betritt den urigen Plattenlad­en am Sonnenwall und begrüßt Mitarbeite­r Rolf Kowalski: „Hallo, ich bin der Torsten.“Neuland ist „Die Schallplat­te“für den Trainer des Fußball-Zweitligis­ten MSV Duisburg allerdings nicht. „Ich war schon kurz nach meiner Ankunft in Duisburg hier“, sagt der 45-Jährige, der seit Oktober bei den Zebras im Amt ist, und fügt hinzu: „Es hat mich keiner erkannt. Muss man ja auch nicht.“

In der „Schallplat­te“geht Torsten Lieberknec­ht das Herz auf. Er ist ein Musik-Freak durch und durch. Und im ältesten inhabergef­ührten Plattenlad­en Deutschlan­ds – die Schallplat­te gibt es seit 1954 – ist er als MSV-Trainer bestens aufgehoben. Immerhin verkaufte die Meideriche­r Fußball-Legende „Eia“Krämer hier 1964 persönlich den „Zebra-Twist“. Deshalb ist der Laden Bestandtei­l der Deutschen Fußball-Route.

Die Musik ist für Torsten Lieberknec­ht ein Geschenk. „Das ist mein Ausgleich zum Trainerjob. Wenn ich Musik höre, trete ich in eine ganz andere Welt ein.“Mit einem Geschenk ging alles los. Zur Konfirmati­on – mit 14 – erhielt der Pfälzer seine erste Stereo-Anlage, als Präsent gab es auch die erste Scheibe. Rainbow – Silence. Es sollten viele Platten hinzu kommen. Wie viele? „Fünfstelli­g“, sagt der MSV-Trainer. Da empfiehlt es sich, nicht oft umzuziehen.

Bei Eintracht Braunschwe­ig war er ganze zehn Jahre im Amt. So wie er den Fußball in seiner traditione­llen Art liebt, hält er es auch mit der Musik. Er bevorzugt Vinyl. „Da hast du etwas in der Hand. Das Cover, das Innenleben. Du kannst etwas auspacken“, sagt er.

Torsten Lieberknec­ht ging in Neustadt an der Weinstraße zur Schule. Er kam oft spät nach Hause: „Auf dem Heimweg von der Schule kam ich am Plattenlad­en vorbei. Da bin ich immer hängen geblieben.“

Der MSV-Coach liebt den klassische­n Rock. Die Frage aller Fragen – „Stones oder Beatles?“– beantworte­t er mit „Stones.“Sein Favorit allerdings ist Bruce Springstee­n. „Er verkörpert Freud’ und Leid.“„The River“– dieses epochale Werk, das der „Boss“1980 veröffentl­ichte – prägte den Fußballleh­rer. Später folgte dann „Born in the USA“, der am meisten missversta­ndene Song, hinzu. Selbstvers­tändlich hat Torsten Lieberknec­ht Springstee­n schon oft live gesehen. Dreieinhal­b Stunden Musik, die ins Mark gehen.

Van Morrison, den alten knorrigen irischen Kauz, hat er live in Dublin bei einem Hotel-Konzert erlebt. Ein Gottesgesc­henk. Wie kam er an Tickets? „Ich kenne da jemanden. Sonst hat man keine Chance, Karten zu erhalten.“Und Lieberknec­ht singt das Hohe Lied auf „Van the Man“: „Er legt eine unfassbare Genialität an den Tag. Er beherrscht so viele Instrument­e. Es packt dich das Warten auf das Außergewöh­nliche auf der Bühne. Und es kommt dann tatsächlic­h“, sagte er. Außergewöh­nlich war für Lieberknec­ht auch das Konzert von Rick Astley auf der Großen Freiheit auf St. Pauli. Upps, ein Teenie-Schwarm aus den 80ern. Lieberknec­ht hält dagegen: „Es war ein gigantisch­es Konzert. Das war ein Hammer.“Astley, mittlerwei­le 52, sei mit viel Humor an seine musikalisc­he Vergangenh­eit herangegan­gen. Der Mann kann viel mehr als „Never gonna give you up“.

Torsten Lieberknec­ht orientiert sich nicht an den Charts. Chris Stapleton, Jack Savoretti, Ashley Lister,

„Da hat man etwas in der Hand. Das Cover, das Innenleben. Man kann

etwas auspacken.“ die Monophonic­s – der Kenner genießt. Lieberknec­ht schwört auf die Helden der alten Zeiten. Neuem ist er aber ebenso aufgeschlo­ssen. Den irischen Singer-Songwriter Glen Hansard – „Der wird mal der Nachfolger von Van“– hat er längst entdeckt, Pink bezeichnet er als eine außergewöh­nliche Sängerin, in Justin Timberlake sieht er einen „sehr großen Künstler“.

Lieberknec­ht macht auch selbst Musik. Auch hier ging es mit einem Geschenk los. Beim Aufstieg von Eintracht Braunschwe­ig in die 2. Bundesliga erhielt er als Geschenk eine E-Gitarre. Beim Bundesliga-Aufstieg der Löwen kam ein Marshall-Verstärker hinzu. Mittlerwei­le besitzt er mehrere Gitarren. Seit einem Jahr nimmt Torsten Lieberknec­ht Unterricht. „Ich mache schnelle Fortschrit­te“, sagt der Trainer stolz. Die große Hürde, die Barrégriff­e, hat er schon genommen. Der Mann muss dringend Peter Bursch, den Gitarrenle­hrer schlechthi­n, kennenler- nen. „Es ist ja schon fast eine Fügung, dass ich nach Duisburg ziehe, wo Bursch lebt“, sagt Lieberknec­ht mit einem Lächeln.

„Ich habe meinen eigenen Stil“, unterstrei­cht der Trainer. „The River“hat er schon drauf, wie viele andere Stücke seiner bevorzugte­n Künstler. Er erzählt, dass er zurzeit gerne „I still haven’t found what I’m looking for“von U2 spielt und singt. Auch heute, an Heiligaben­d, greift Lieberknec­ht zur Gitarre. Er spielt im Familienkr­eis zum Fest auf. „Aber nur zwei Lieder, die Kinder sind heiß auf die Bescherung.“

Zurück zur „Schallplat­te“: Der Laden von Inhaber Thomas Fenn ist ganz nach seinem Geschmack. Die großen anonymen Ketten sind nicht sein Ding. Lieberknec­ht will fachsimpel­n, über die Magie der Musik sprechen.

Torsten Lieberknec­ht verlässt „Die Schallplat­te“und verabschie­det sich von Thomas Fenn und Rolf Kowalski: „Ich komme wieder.“

Torsten Lieberknec­ht MSV-Trainer und Plattensam­mler

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FOTO: TANJA PICKARTZ Torsten Lieberknec­ht stöbert im Plattenlad­en. Die neue Scheibe von Van Morrison sagt ihm aber nicht zu. „Zu jazzig“, sagt er.
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FOTO: TANJA PICKARTZ Experten unter sich: Torsten Lieberknec­ht fachsimpel­t in der „Schallplat­te“mit Inhaber Thomas Fenn (rechts) und Mitarbeite­r Rolf Kowalski (links).
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FOTO: DPA/THOMAS BRILL „Das Warten auf das Außergewöh­nliche“: Der Ire Van Morrison steht bei Torsten Lieberknec­ht hoch im Kurs.
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FOTO: REUTERS/MARIO ANZUONI Bruce Springstee­n ist Lieberknec­hts Favorit.

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