Rheinische Post Duisburg

Die Düsseldorf-Verschwöru­ng

„Gilmore Girls“, „Django Unchained“und „Die Pinguine aus Madagascar“– immer wieder taucht der Name Düsseldorf in Hollywood-Filmen, in Serien und Büchern auf. Ist das ein Zufall? Wohl kaum. Eine Beweisaufn­ahme.

- VON LAURA IHME UND NICOLE LANGE

Düsseldorf könnte bald Oscarpreis­träger sein: Am 22. Januar entscheide­t sich, ob „Werk ohne Autor“von Florian Henckel von Donnersmar­ck in der Kategorie „Bester nicht-englischsp­rachiger abendfülle­nder Kinofilm“nominiert und dann bestenfall­s mit dem Filmpreis ausgezeich­net wird. In diesem Film ist die Rolle Düsseldorf­s naheliegen­d, schließlic­h orientiert sich „Werk ohne Autor“an der Biografie von Künstler Gerhard Richter, der Film entstand unter anderem in der hiesigen Kunstakade­mie. Anders verhält es sich mit zahlreiche­n anderen Hollywood-Produktion­en, Serien, Filmen – und sogar englischsp­rachigen Büchern: Immer wieder fällt dort der Name „Düsseldorf“, meist in Nebensätze­n, scheinbar willkürlic­h. Ein Zufall? Wohl kaum. Eine Verschwöru­ng? Vielleicht.

Passend zum Thema Verschwöru­ng: das Auftauchen Düsseldorf­s in der Verfilmung von Dan Browns Roman „Illuminati“mit Tom Hanks aus dem Jahr 2009. Vier Kardinäle werden darin entführt, drei kommen auf grausame Weise zu Tode. Der Vatikan kommunizie­rt das nicht öffentlich, und so verkündet ein Journalist in einer Live-Fernsehübe­rtragung, bei einem der Toten handele es sich wohl um einen „Touristen aus Düsseldorf“. In einem ebenfalls düsteren Zusammenha­ng wird Düsseldorf in „X-Men: Erste Entscheidu­ng“aus dem Jahr 2011 genannt: Michael Fassbender spielt in der Hollywood-Produktion den Mutanten Magneto, der mittels seiner Gedanken Magnetfeld­er erzeugen kann. Mit bürgerlich­em Namen heißt Magneto Erik Lehnsherr. Als Kind jüdischer Eltern wurde er in einem Konzentrat­ionslager gezwungen, seine Kräfte zu zeigen – als er versagte, wurde seine Mutter erschossen. Die Familie stammt aus Düsseldorf. Seine Herkunft offenbart der erwachsene Magneto in einem Gespräch in einer Bar, wo ein Gast zu ihm sagt: „Ich bin Schneider, seit meiner Kindheit. Mein Vater hat die schönsten Anzüge Düsseldorf­s gemacht.“Magneto erwidert: „Meine Eltern kamen aus Düsseldorf.“

In Quentin Tarantinos Western „Django Unchained“spielt Christoph Waltz den Kopfgeldjä- ger Dr. Schultz, der eigentlich ein „Zahnarzt aus Düsseldorf“ist. „Weil meine Rolle ist die eines reichen Geldgebers aus Düsseldorf“, sagt er nach einer guten Film-Stunde zu seinem Begleiter Django, und für Düsseldorf­er Kinobesuch­er ist das Vergnügen von dieser Stelle an gleich nochmal so groß.

Düsseldorf ist bei den Drehbuch-Autoren also offenbar bekannt. Doch warum sie die NRW-Landeshaup­tstadt so gerne in ihre Filme einarbeite­n, wissen wir nicht. Die geläufigst­e Theorie hat etwas mit dem Namen Düsseldorf samt Umlaut und vielen Konsonante­n zu tun: „Für amerikanis­che Drehbuchau­toren scheint die Stadt daher oft beispielha­ft für einen typischen deutschen Städtename­n zu sein“, sagt Roman von der Wiesche von Düsseldorf Tourismus (DT). Ähnliches hat auch Filmmuseum-Chef Desinger bereits vermutet. Dafür spricht auch, dass andere Städte mit Umlaut wie etwa München oder Köln in der englischen Übersetzun­g den Umlaut verlieren. Sie werden zu Munich und Co- logne, Düsseldorf bleibt immer Düsseldorf.

Dass der Name fasziniert, hat jüngst US-Schauspiel­er Will Ferrell unter Beweis gestellt: In der Talkshow von Jimmy Kimmel verriet er, dass sein Schauspiel­erkollege John C. Reilly, wenn der ein großes Geschäft auf der Toilette erledigen müsse, sage: „I gotta find my passport, because I’m taking a trip to Düsseldorf“(„Ich muss meinen Pass finden, weil ich eine Reise nach Düsseldorf mache“). Hinter diesem Witz verbirgt sich ein Wortspiel: Für das große Geschäft nutzen Amerikaner nämlich auch den Ausspruch „To go No.2“. Daraus wiederum entwickelt­e sich die Formulieru­ng „to drop a deuce“. Und das hört sich wie die erste Silbe von Düsseldorf an.

Faszinatio­n für den Namen ist aber noch nicht gleich Faszinatio­n für die Stadt selbst – wie man leider immer wieder in den Filmen feststelle­n kann: Bei „Charlie und die Schokolade­nfabrik“aus dem Jahr 2005 mit Johnny Depp kommt eine der Figuren aus Düsseldorf. Das ist dort allerdings ein verschneit­es Dorf mit Fachwerkhä­uschen. Die Macher der „Simpsons“haben sich davon für die Figur des Austauschs­chülers Üter Zörker (Umlaute!) inspiriere­n lassen, der entspreche­nd zwar einen Onkel mit einer Kaugummifa­brik in Düsseldorf hat, aber Lederhosen wie ein Bayer trägt. Und im Animations­film „Die Pinguine aus Madagascar“(2014), haben die Autoren zwar richtig recherchie­rt, dass in Düsseldorf Pinguine leben – die werden nämlich entführt: In einer Souvenir-Schneekuge­l der Pinguine aus der Landeshaup­tstadt tragen diese allerdings Lederhosen, bayerische Hüte und trinken ein Bier, das ganz sicher kein Alt ist. Aber immerhin: Auch der Aquazoo ist also weltberühm­t.

Es gibt zig weitere Beispiele für Düsseldorf im Film: In der Serie „Entourage“äußert sich beispielsw­eise eine Dame in einem Pool in einem Dialog über die Stadt. „Ich liebe Düsseldorf! Wo übernachte­st Du, wenn Du dort bist?“, fragt sie ihr Gegenüber. Der allerdings antwortet ein wenig enttäusche­nd: „Ich habe einen Scherz gemacht. Ich war noch nie in Düsseldorf.“Ihre Reaktion, ein enttäuscht­es „Oh“, können wir nur teilen. Bereits 1969 wird die Stadt in dem Westernfil­m „Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“genannt: Dort kommt ein Klavier aus Düsseldorf. Und das ist gar nicht mal weit hergeholt, schenkt man einen Wikipedia-Artikel Glauben: Demnach war das Düsseldorf­er Klavierbau­unternehme­n Ibach nämlich Gast auf den Weltausste­llungen 1876 in Philadelph­ia und 1904 in St. Louis – und konnte also problemlos seinen Weg in die USA finden.

In der Kult-Serie „Ein Käfig voller Helden“(1965 bis 1971) geht es um eine muntere Gruppe Kriegsgefa­ngener, die des öfteren über das nahe Düsseldorf reden und in einer Folge auch eine Anreise über „den Fluss Düsseldorf“verhindern wollen. Und in der preisgekrö­nten Serie „Gilmore Girls“verkündete Hauptfigur Lorelai einst, ihr Vater habe früher immer gesagt: „Ich bin nächsten Freitag aus Düsseldorf zurück.“Der arbeitete übrigens bei einer Versicheru­ng und dürfte damit in der Landeshaup­tstadt kompetente Ansprechpa­rtner von Ergo bis Provinzial gefunden haben.

Anzeichen für eine Düsseldorf-Verschwöru­ng gibt es auch in der Literatur: So schreibt Elizabeth Gilbert in ihrem autobiogra­fischen Roman „Eat Pray Love“, dass sie, wenn sie verreist, immer sofort als Touristin erkannt wird – außer, na? Raten Sie mal. „Groß, blond und rosig, wie ich bin, ähnele ich eher einem Flamingo als einem Chamäleon. Wo immer ich auch hinkomme – mit Ausnahme von Düsseldorf –, steche ich grell heraus“, schreibt sie. Die irische Autorin Marian Keyes lässt in ihrem neuesten Werk „The Break“die Hauptfigur sich erinnern, sie habe in einer Zeitschrif­t mal von einer Frau aus Manchester gelesen, die eine Affäre mit einem Mann aus Düsseldorf hatte.

Oft war Düsseldorf auch Drehort: Der Film „Cloud Atlas“aus dem Jahr 2012 mit Halle Berry und Tom Hanks (schon wieder der!) wurde unter anderem in einer Dezemberna­cht am Dreischeib­enhaus gedreht. Die Netflix-Serie „Paranoid“(2016) spielt ebenfalls in Düsseldorf, das hier aber auch explizit genannt und zum Ort verschiede­ner Ermittlung­en wird. Zu sehen sind unter anderem der Flughafen, der Rhein und eine Ansicht des Medienhafe­ns.

Wie hoch der Werbewert solcher Erwähnunge­n ist, ist laut Roman von der Wiesche kaum valide einschätzb­ar. Positiv sei sicher, dass eine Grundbekan­ntheit gefördert werde: „Allerdings bringt das wenig, wenn es keine passenden oder adäquaten Bilder zur Stadt in den Köpfen der Zuschauer gibt.“Wenn in der Stadt gedreht würde, sei das noch einmal interessan­ter – deshalb drückt auch Düsseldorf Tourismus die Daumen für „Werk ohne Autor“. Ob es eine Düsseldorf-Verschwöru­ng der Hollywood-Regisseure gibt, ist damit aber noch nicht geklärt. Wir finden aber: Die Beweislast ist erdrückend.

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FOTO: SONY PICTURES RELEASING GMBH/DPA Eines der wohl bekanntest­en Beispiele: Dr. King Schultz (Christoph Waltz, links) ist in Quentin Tarantinos Film „Django Unchained“ein Zahnarzt aus Düsseldorf.
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FOTO: /WALT DISNEY GERMANY/DPA Der Film „Werk ohne Autor“mit Tom Schilling spielt teilweise in der Kunstakade­mie.
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FOTO: TWENTIETH CENTURY FOX/DPA Michael Fassbender als aus Düsseldorf stammender Magneto in „X-Men: Apocalypse“.

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